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KombimoduleStille Energiequelle für die Wärmepumpe

Mehrfamilienhaus mit PVT-Modulen auf dem Dach
Ein System aus PVT-Modulen und Wärmepumpen versorgt Wohngebäude in Frankfurt Fechenheim mit Wärme und Warmwasser. (Foto: Nassauische Heimstätte)

Bestandsgebäude mit Wärmepumpen auszustatten, ist meist nur sinnvoll, wenn zuvor energetisch saniert wurde. Der wirtschaftliche Betrieb der Wärmepumpe gelingt mit PVT-Modulen – Kombimodulen, die Strom und Wärme erzeugen.

16.05.2022 – Der Einbau von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden hat technische Grenzen.Die vorhandene Grundstücksfläche reicht häufig nicht aus, um das Erdreich als Wärmequelle zu nutzen. Bei Luft-Wasser-Wärmepumpen wird der Geräuschpegel, der beim Ansaugen der Luft entsteht, zudem häufig als zu laut empfunden. Darüber hinaus benötigen die Wärmepumpen Strom – wird dieser aus dem Netz bezogen, ist aufgrund der hohen Preise der Betrieb oft nicht wirtschaftlich.

Die Nassauische Heimstätte, eine Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft hat sich dennoch der Herausforderung gestellt. In einem Wohnquartier betreibt sie Wärmepumpen mit Unterstützung von PVT-Modulen. Das sind Kombimodule, die sowohl Strom als auch Wärme generieren. Vier Gebäude mit rund 100 Wohnungen in Frankfurt Fechenheim werden seit Mitte 2021 mit vier PVT-Wärmepumpen-Systemen betrieben, die die Energie zum Heizen und zur Warmwasserbereitung liefern. Auch eine Kühlung wäre theoretisch mit diesem System realisierbar.

PVT-Module in Kombination mit Wärmepumpe

Die vier verbauten autarken Systeme umfassen jeweils 72 PVT-Module mit einer Gesamtfläche von 119 Quadratmetern auf dem Dach und zwei Wärmepumpen, die modulierend bis 20 kW Nennleistung bringen. Außerdem wurden pro Gebäude zwei Gasbrennwertgeräte mit insgesamt 76 kW als Zusatzheizung installiert. Laut Simulation liefert das PVT-WP-System mehr als 50 Prozent des jährlichen Gesamtwärmebedarfs eines Gebäuderiegels, der restliche Wärmebedarf wird über die Brennwertkessel gedeckt. Die Jahresarbeitszahl (JAZ) der Wärmepumpen liegt bei 3,8. Das heißt, die Wärmepumpe benötigt nur eine Einheit Strom, um fast vier Einheiten Wärme zur Verfügung zu stellen.

Aufwändige Sanierung vorab

„Bevor wir die neuen Systeme installiert haben, wurden die Wohnungen vollmodernisiert, so dass der jährliche spezifische Heizwärmebedarf heute 38,4 kWh/m2 beträgt“, beschreibt Mathias Lupp aus dem Fachbereich Zentrale Technische Aufgaben (ZTA) der Nassauischen Heimstätte den Ablauf der Sanierungsarbeiten. Das Projekt hat Lupp gemeinsam mit seinem Kollegen Tobias Reichert, zuständig unter anderem für Energiekonzepte im Unternehmensbereich Modernisierung und Großinstandhaltung, umgesetzt. „Es wurden neue dreifachverglaste Fenster eingebaut, ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) mit 16-cm-Dämmung angebracht, sowie die Kellerdecke und die oberste Geschossdecke gedämmt. Neben der neuen Zentralheizung inklusive zentraler Warmwasserbereitung wurde auch eine kontrollierte Wohnungsabluft installiert. Die Vorlauftemperatur liegt nun unter Volllast bei 55 °C.“ Normalerweise wird im bewohnten Zustand modernisiert, coronabedingt mussten die Mieter für die Modernisierungsarbeiten jedoch ausziehen.

Finanzielle Unterstützung für das Projekt erhielt die Nassauische Heimstätte aus dem Fördermitteltopf des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), wobei sich die Fördersituation kontinuierlich verbessert. „Seit diesem Jahr können wir über die KfW die kompletten Anlagen und die energetische Ertüchtigung der gesamten Hüllfläche zur Verbesserung der Energieeffizienz fördern lassen,“ erläutert Lupp.

Grenzen für den Einsatz von PVT-WP-Systemen sieht Lupp in den derzeit trotz Förderung hohen Investitionskosten. Trotzdem sei die Technologie vor allem dann prädestiniert, wenn eine Vollmodernisierung anstehe. „Geht es um einen reinen Technikaustausch bei einer Heizungsanlage mit 70 °C Vorlauf, kann ich mit diesen Systemen keine lohnende Jahresarbeitszahl erzielen“, lautet seine Bilanz. Auch sollten Bauherren beachten, dass es diese Technologie noch nicht von der Stange gibt. „Die Systeme laufen immer nur so gut, wie die Fachleute sie jeweils konzipiert haben beziehungsweise so gut, wie die Steuerung programmiert wurde“, gibt Lupp zu bedenken. „Aber mit zunehmender Marktdurchdringung wird sich das schnell verbessern.“

Sanierungskonzept für Zukunftshaus in Berlin-Lankwitz

Auch in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Lankwitz der Wohnungsbaugesellschaft Degewo ist die PVT-Wärmepumpen-Anlage Teil des Sanierungskonzeptes. 1954 erbaut, umfasst das Gebäude insgesamt 64 Wohneinheiten über acht Stockwerke mit einer Gesamtwohnfläche von 3.733 m2. Die komplexe Sanierung wurde von Januar 2016 bis Juni 2017 durchgeführt und von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin wissenschaftlich begleitet.

Deckenheizung mit Kapillarrohrmatten

Im Rahmen der Sanierung wurde zunächst der Niedrigenergiehausstandard umgesetzt. Auch hier mussten die Mieter vorrübergehend ausziehen. Die Fassaden- und Dachdämmung wurde verdoppelt, die Fenster ausgetauscht sowie eine kontrollierte mechanische Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung eingebaut und Wärmebrücken minimiert. Außerdem wurden die Wohnungen mit einer Deckenheizung in Form von Kapillarrohrmatten ausgestattet, um das Heizen der Räume auf einem niedrigen Temperaturniveau zu ermöglichen.

Angestrebt wurde eine maximal mögliche Energiegewinnung über die Gebäudehülle durch den Einsatz von PV- und PVT-Kollektoren auf dem Dach und an der Fassade. Die Wärme aus der 188 m2 großen PVT-Anlage dient als Energiequelle für die beiden Sole-Wärmepumpen sowie für die Regeneration eines teilweise wärmegedämmten Niedertemperatur-Erdreichspeichers. Über die Wärmepumpen werden die Wohnungen mit Heizwärme und Warmwasser versorgt. Im Winter wird die Wärmeversorgung durch den bestehenden Anschluss ans örtliche Nahwärmenetz ergänzt. Die Steuerung sieht vor, dass vorrangig das Warmwassersystem als Hauptverbraucher mit Nahwärme versorgt wird. Auf diese Weise kann die Heizungswärmepumpe über die Wintermonate durchgängig bei niedrigeren Temperaturen betrieben werden, was die Jahresarbeitszahl verbessert. Dieses Konzept zahlt sich aus: Die JAZ der Wärmepumpe für das Heizen liegt bei 3,8, während Brauchwasser über das Jahr mit einer JAZ von nur 2,9 bereitgestellt wird.

Nicht alle Ziele für das Zukunftshaus-Konzept der Degewo wurden erfüllt. Dennoch, nach der Sanierung benötigt der Betrieb des Gebäudes 70 Prozent weniger Energie und verursacht 80 Prozent weniger an CO2-äquivalenten Emissionen. Mit dem zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energien am deutschen Strommix, wird sich der CO2-Ausstoß des Gebäudes in Zukunft noch weiter reduzieren.

Die effiziente Flächennutzung, das einheitliche Erscheinungsbild, die geräuschlose Arbeitsweise und die Verbesserung der Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe durch die Sonnenenergienutzung vom Dach sind die wesentlichen Vorteile von PVT-Kollektoren. Übers Jahr hinweg produzieren diese etwa viermal mehr Gesamtenergie, also Wärme und Strom, als eine Photovoltaikanlage mit der gleichen Fläche.

Dauerhaft niedrige Betriebskosten sind ein gutes Argument, ein weiteres die lokal emissionsfreie Heizung ohne Feinstaub, die im Vergleich zu einem Gas-Brennwertgerät nur etwa halb so hohe CO2-Emissionen verursacht und anders als eine Luft-Wärmepumpe geräuschlos arbeitet.

Fazit: Im Gebäudesektor muss die Energieeffizienz drastisch verbessert werden, um die Klimaziele zu erreichen. Die Kombination von PVT-Kollektoren mit der Wärmepumpe kann überall dort eine interessante Lösung bieten, wo eine energetische Nutzung des Erdreichs nicht möglich ist oder die klassische Luft-Wasser-Wärmepumpe als zu laut empfunden wird. Im Bestand lohnt es sich dabei, den Energiebedarf der Gebäude vorab deutlich zu reduzieren und das Temperaturniveau des Heizungssystems signifikant abzusenken. Dadurch lassen sich mit den Hybridsystemen aus PVT-Kollektoren und Wärmepumpe Jahresarbeitszahlen von 4 und höher erreichen.

Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMWi geförderte Projektinitiative IntegraTE sondiert derzeit die Möglichkeiten und Grenzen sogenannter PVT-Wärmepumpen-Systeme. Ziel der für drei Jahre angelegten Initiative ist es, den Status quo der aktuell verfügbaren und eingesetzten PVT-Wärmepumpen-Systeme (PVT-WP-Systeme) zu ermitteln, diese in Bezug auf ihre Energieeffizienz, CO2- Einsparung und Wärmegestehungskosten zu bewerten und über spezielle Tools eine Vergleichbarkeit gegenüber alternativen Energieversorgungssystemen herzustellen. Darüber hinaus sind das Monitoring und die Optimierung bestehender PVT-WP-Anlagen, sowie die Konzeption und Umsetzung von Marketingmaßnahmen Arbeitsinhalte der Projektpartner. pf

Spannende Solarthermie- und PVT-Projekte beschreibt das Solarthermie-Jahrbuch 2022.

Ein PVT-Kollektor erzeugt aus Solarstrahlung sowohl Strom als auch Wärme. Dazu wird hinter das Photovoltaik-Modul ein Rohrregister montiert, das von einem Wärmeträger durchflossen wird. Dieser thermische Absorber nimmt die Abwärme der Photovoltaik-Module und die Umgebungswärme auf und stellt sie der Wärmepumpe als Wärmequelle zur Verfügung. Der Solarstrom kann außerdem zum Betrieb der Wärmepumpe oder im Haushalt verwendet werden.

Das Rohrregister besteht aus Aluminium, Kupfer oder Kunststoff und ist mit dem PV-Modul entweder fest verklebt, laminiert, in den Rahmen eingeklemmt oder kann bei bestehenden PV-Anlagen nachgerüstet werden. Übers Jahr hinweg können PVT-Kollektoren bis zu viermal mehr Gesamtenergie, also Wärme und Strom, liefern als eine Photovoltaikanlage mit der gleichen Fläche und sind damit eine ideale Ergänzung zu einer Wärmepumpenheizung.


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