Wärmewende mit Energieeffizienz: Abwärmebörse für die kommunale Wärmeplanung

Hierzulande geht viel Abwärme verloren, dabei könnte sie für die Wärmeversorgung von Gebäuden verwendet werden. Eine Abwärmebörse soll Abwärme aus Industrie und Gewerbe sichtbar machen. Für die kommunale Wärmeplanung sind die Daten hilfreich.
30.01.2025 – Rund 125 Milliarden Kilowattstunden Abwärme aus Gewerbe und Industrie verpuffen jährlich bundesweit. Das hat die Deutsche Energie-Agentur (dena) ermittelt. Damit könnten theoretisch rund zehn Millionen Haushalte beheizt werden. Der Wert der in die Umwelt abgegebenen Wärme beziffere sich auf bis zu fünf Milliarden Euro, sofern die Wärme innerbetrieblich verwendet werden kann. Im Unternehmen nicht nutzbare Wärme ließe sich unter Umständen auch verkaufen. Ein Teil der nicht verwendeten Abwärme könnte etwa in Wärmenetze eingespeist werden und damit fossile Energieträger ersetzen.
Künftig soll eine bundesweite Abwärmebörse dazu beitragen, dass dieses große Potenzial gehoben werden kann, berichtet die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW). Unternehmen mit einem hohen Energiebedarf müssten dabei ihren Verbrauch jährlich der „Plattform für Abwärme” des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) melden.
Abgabeschluss für die erste Meldung war der 1. Januar 2025. „Für Kommunen und Stadtwerke ist die gesetzliche Regelung äußerst sinnvoll“, sagt Matthias Neumeier, der Bereichsleiter Wärmewende der KEA-BW. „Sie können die Daten im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung nutzen.“ Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung erarbeiten Städte und Gemeinden ein Konzept für die künftige klimaneutrale Wärmeversorgung – etwa mit Wärmenetzen, die von Abwärme gespeist werden.
Allein in Baden-Württemberg liege das theoretische Potenzial industrieller Abwärme bei bis zu 9,3 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr. Dies hat eine Studie zur Abwärmenutzung in Unternehmen im Auftrag des Umweltministeriums Baden-Württemberg gezeigt. Bis zu 740.000 Haushalte im Südwesten könnten mit Raumwärme und Warmwasser aus Abwärme versorgt werden.
Übersicht zu gewerblichen Abwärme-Potenzialen in Deutschland
Um diesen derzeit noch verborgenen Schatz sichtbar zu machen und zu heben, gibt es die Plattform für Abwärme. Die Abwärmebörse ermögliche erstmals eine Übersicht zu gewerblichen Abwärme-Potenzialen in Deutschland. Ziel sei es, die Energie nutzbar zu machen und damit die Energieeffizienz in Deutschland weiter zu steigern.
Verantwortlich für Aufbau und Betrieb der Plattform für Abwärme ist die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Gesetzliche Grundlage ist das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) von 2023.
Unternehmen mit einem Gesamt-Endenergieverbrauch von mehr als 2,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr müssen ihre Daten auf der Plattform hochladen. Potenzielle Abnehmer von Abwärme vor Ort können die Daten einsehen. Zu den Wärmedaten gehören u. a. der Name des Unternehmens, der Standort, die jährliche Wärmemenge, die maximale thermische Leistung, die zeitliche Verfügbarkeit im Jahresverlauf sowie das durchschnittliche Temperaturniveau in Grad Celsius.
Für Kommunen und Stadtwerke sind die Daten nützlich
„Für Kommunen und Stadtwerke, die derzeit an den Auf- oder Ausbau eines Wärmenetzes denken oder eine kommunale Wärmeplanung erstellen, ist die Abwärmebörse Gold wert“, sagt Neumeier. „Hier können sie sehen, ob und in welchem Umfang vor Ort nutzbare Abwärme zur Verfügung steht, mit der etwa Wärmenetze gespeist werden können.“ Ist dies der Fall, wäre eine Versorgung mit dezentralen Einzelheizungen in einem Gebiet oder eine andere Wärmeversorgung der Wärmenetze, etwa mit Großwärmepumpen, deutlich teurer.
Mit Abwärme handeln
Für Stadtwerke, Unternehmen und Haushalte wäre der Handel mit Abwärme eine Win-Win-Win-Situation. Die Stadtwerke müssten keine zusätzlichen Erzeugungskapazitäten errichten und finanzieren. Für sie fallen beim Wärmekauf auch keine zusätzlichen CO2-Emissionen sowie nur ein geringer Verbrauch an Flächen an. Für die Unternehmen bestehe in manchen Fällen die Möglichkeit, sich mit einem Wärmeverkauf eine neue Einnahmequelle zu erschließen – je nach Qualität und Verfügbarkeit der Abwärme, so die Landesenergieagentur. Außerdem könnten sie Kühlkosten einsparen. Denn in vielen Fällen muss die anfallende Abwärme aktiv weggekühlt werden, eine Abwärmenutzung könnte dies zumindest zum Teil unnötig machen. Das Unternehmen könnte darüber hinaus mit dem Angebot von CO2-freier oder -armer Abwärme sein Image verbessern.
Endverbraucher und kommunale Wirtschaft könnten profitieren
Auch die Haushalte profitieren: Heizen sie ihr Haus mit Abwärme aus einem Wärmenetz, nutzen sie Energie vor Ort und müssen sich um eine eigene Heizung keine Gedanken mehr machen, so die KEA-BW. Eine vermehrte Nutzung von Abwärme stärke außerdem die regionale Wirtschaft und trage dazu bei, von Gas- und Ölimporten unabhängiger zu werden. Und für eine lebenswerte Umwelt lohne sich dies aufgrund vermiedener CO2-Emissionen auch.
Musterverträge für Unternehmen sollen Hürden für weitere Projekte senken
Um die Hürden für die Unternehmen zu senken, hat die KEA-BW Musterverträge für die Erschließung von Abwärme aus Gewerbe- und Industriebetrieben in Wärmenetzen erstellt. Die Musterverträge können per E-Mail oder Telefon bei der KEA-BW bestellt werden: waermewende@kea-bw.de. Die Landesenergieagentur bietet zum Thema auch eine kostenlose Beratung an.
Weitere Informationen zur Abwärmenutzung: www.kea-bw.de/waermewende/wissensportal/abwaerme-in-waermenetzen