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WärmewendeFernwärme-Novelle hemmt Vorteile der Erneuerbaren

Blick auf Hausdächer einer Stadt am Abend mit rauchenden Schornsteinen
Im urbanen Raum kommt der Fernwärmeplanung eine bedeutende Rolle zu. Doch wer angeschlossen wird und mit welchem Energieträger, ist meist noch unklar. (Foto: Tasso Mitsarakis on Unsplash)

Beim Referentenentwurf zur Novellierung der Fernwärme-Versorgung sehen Branchenverbände noch Nachbesserungsbedarf. Der BEE vermisst darin vor allem den zentralen Baustein für die Klimaziele, die Wärmenetze auf Erneuerbare Energieträger umzustellen.

10.12.2024 – Das BMWK hatte im Rahmen einer Verbändeanhörung bis 4. Dezember 2024 um Stellungnahmen zum Referentenentwurf zur Änderung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) gebeten. Im Bundeskabinett ist für den 18. Dezember 2024 die Beschlussfassung geplant, die danach lediglich den Bundesrat passieren müsste. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) hat eine Stellungnahme zur Änderung der Verordnung eingereicht.

„Die Umstellung der Wärmenetze auf Erneuerbare Energieträger ist ein zentraler Baustein für die Wärmewende. Insbesondere im urbanen Raum kommt der Fernwärme eine wichtige Rolle zu. Hier besteht die Möglichkeit, auf einen Schlag tausende Haushalte gleichzeitig auf grüne Wärme umzustellen“, kommentierte BEE-Präsidentin Simone Peter. „Leider legt die AVBFernwärmeV der Wärmewende Steine in den Weg.“

Der erste Reformvorschlag aus dem Sommer sah noch ein Sonderkündigungsrecht für Verbraucher vor, sollte ein Fernwärmeversorger seinen Pflichten aus dem Wärmeplanungsgesetz nicht nachkommen. Dieses Recht fehle nun und schwäche den Verbraucherschutz, so der BEE. Auch widerspreche der Wegfall dem Gebäudeenergiegesetz, das einen Fernwärmeanschluss mit anderen Erneuerbaren Heizungssystemen gleichstellt. Nur wenn die Fernwärme tatsächlich auf Erneuerbare Energieträger umgestellt wird, wäre diese Gleichrangigkeit auch wirklich gegeben. Das Sonderkündigungsrecht sollte daher wieder in den Entwurf aufgenommen werden, schlägt der Bundesverband vor.

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Auch bei der Preisgestaltung dürfe die Wärmewende nicht ausgebremst werden. Die Verordnung wäre nach Ansicht des BEE hinsichtlich der Preisänderungsklauseln so zu ändern, dass Erneuerbare Fernwärmenetze ihre Vorteile gegenüber fossilen Netzen ausspielen können und in ihrer Preisgestaltung nicht an fossile Preisschwankungen und fossile Importe gekoppelt sind. Verbraucher, die sich bewusst für ein grünes Fernwärmenetz entschieden haben, sollen über die Netze auch bezahlbare grüne Wärme erhalten. Der BEE schlägt daher vor, die Höhe der jeweiligen Preisänderung ausschließlich an den tatsächlichen Kosten bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme zu orientieren.

Zudem sollten die durch Bewohner selbst getragenen Fernwärmeversorgungsunternehmen im Sinne des Energy Sharing deutlich gestärkt und ihre besondere Rolle berücksichtigt werden. Dafür wäre es nötig, eine eigene Definition dieser Akteure einzuführen.

Insgesamt sei auch der bürokratische Aufwand, der durch die reformierte Ordnung entstünde, zu groß. Insbesondere im Bereich der Veröffentlichungspflichten bestehe noch viel Änderungsbedarf, um die Wärmewende in den Netzen voranzutreiben und nicht durch unnötige Hürden aufzuhalten.” Zur BEE-Stellungnahme

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Blickt man in den aktuell vorliegenden Entwurf, so wären die neuen Anforderungen für die Fernwärme-Vertrags- und Abrechnungsunterlagen im Hinblick auf maximale Transparenz durchaus mit den Stromrechnungen vergleichbar. Gefordert wird etwa, den Kunden die eingesetzten Brennstoffe, Steuern, Abgaben, sowie Vorjahresvergleiche und nächstmögliche Kündigungstermine beziehungsweise Kündigungsfristen etc. mitzuteilen.

Des Weiteren sollte für die Verringerung des Grundpreises die realistische Anpassung der vertraglich vereinbarten Wärmeleistung bis zu 50 Prozent weiterhin ohne Angaben von Gründen möglich sein. Falls die Wärmeabnahme durch Nutzung dezentraler, gesetzeskonformer Heizungstechnik ersetzt werden kann, wäre sogar die Kündigung des Fernwärmevertrags möglich.

„Auch wenn wir die politischen Bestrebungen unterstützen, die veraltete AVBFernwärmeV marktwirtschaftlich und verbraucherorientiert zu überarbeiten, so fordern wir weiterhin verbesserten Verbraucherschutz, in dem geregelte Kündigungs- und Wechseloptionen bei extremen Preissteigerungen, zum Ende der Vertragslaufzeiten, bei Nichterfüllung der Anteile Erneuerbarer Energien in Wärmenetzen und generell geringere Vertragslaufzeiten möglich gemacht werden“, so Andreas Müller weiter.

 

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Weil es aber neben Anschluss- und Benutzungszwängen in den Fernwärmeverträgen die vorweg genannten Schutzmaßnahmen zudem noch gibt, sieht die Allianz Freie Wärme kein erhöhtes Risiko für den Fortbestand von Wärmenetzen. Es gehe eher darum, die Ausgabenbelastungen der Bürger möglichst niedrig zu halten. „Da mit weiteren Kostensteigerungen für Energie und Wärme zu rechnen ist, dürfen die Endverbraucher nicht durch den ambitionierten, auf lange Sicht geplanten Wärmenetzausbau sowie durch die Sanierung bestehender Wärmenetze zusätzlich finanziell belastet werden“, fordert Müller.

Im Bundeskabinett ist nun für den 18. Dezember 2024 die Beschlussfassung zur AVBFernwärmeV geplant, die danach lediglich den Bundesrat passieren müsste. na

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