MCC Studie: Konzept für eine Wärmewende mit Gebäudeklimageld
Ein gestaffeltes Gebäudeklimageld könnte das Zoff-Thema Klimaschutz im Heizungskeller entschärfen, meinen Forscher des MCC und liefern dafür ein wissenschaftliches Konzept. Die Kompensation der Härtefälle ist dabei ein Ausgangspunkt.
18.12.2024 – Die Debatte um das Heizungsgesetz hat die Gemüter erregt und Unsicherheit geschaffen. Das schlecht isolierte Häuschen mit Ölheizung – das ist das Beispiel, an dem sich die Politik derzeit die Zähne ausbeißt. Diesem Problem widmeten sich nun auch Forschende des Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) mit der Basis-Frage: Wie kann die Politik Menschen mit solchem aus Klimasicht problematischem Wohnraum vor Überlastung schützen? Sie will fossiles Heizen via CO2-Bepreisung verteuern, um den Umstieg etwa auf Wärmepumpen zu forcieren, doch wegen der enorm unterschiedlichen baulichen Gegebenheiten schreckt sie zurück. In ihrer Studie wollen die Wissenschaftler nun zeigen, wie man den CO2-Preis im Gebäudesektor auch für Härtefälle vollständig kompensieren kann.
„Mit dem hier vorgelegten wissenschaftlichen Konzept rücken wir ab von unserer bisherigen Empfehlung, die Bevölkerung für die CO2-Bepreisung durch ein pro Kopf einheitliches Klimageld zu kompensieren und Härtefälle gesondert zu adressieren“, sagt Matthias Kalkuhl, Co-Leiter des MCC und Leitautor der Studie. „Der Klimaschutz im Heizungskeller erweist sich als politisch so schwierig, dass die Kompensation der Härtefälle der Ausgangspunkt sein sollte. Eine Wärmewende ohne Zumutungen ist möglich: Stark steigende CO2-Preise werden von der Belastung her überall ausgeglichen und setzen trotzdem den richtigen Anreiz – zum Umrüsten alter Öl- und Gasheizungen zum jeweils kostengünstigsten Zeitpunkt.“
Gebäudeklimageld für alle Eigentümer
Der Politik-Vorschlag sieht vor, dass für vermieteten Wohnraum die vermietende Partei die CO2-Preis-Kosten etwa für Heizöl oder Erdgas trägt, also nicht über die Nebenkosten abrechnet. Zum Ausgleich erhalten alle Eigentümer von Wohnraum, auch von selbst genutztem, ein „Gebäudeklimageld“. Dieses würde, damit wirklich niemand verliert, grundsätzlich nach Wohnfläche und unabhängig vom Einkommen gezahlt, aber nach Gebäude-Eigenschaften gestaffelt. Dazu werden laut Studie die Gebäude in Kategorien eingeteilt – abhängig vom CO2-Ausstoß je Quadratmeter (laut Energieausweis oder Brennstoffverbrauch) und von Merkmalen, die für den optimalen Umrüst-Zeitpunkt relevant sind, etwa Art und Alter der Heizung, Heizkörper und Gebäude-Bauform – laut Grundsteuer-Datensatz und einer Heizungs-Info von den Schornsteinfegerbetrieben.
Die CO2-Preis-Einnahmen würden laut Vorschlag der Wissenschaftler für jede Gruppe separat erfasst und innerhalb der jeweiligen Gruppe vollständig als Gebäudeklimageld ausgeschüttet. Zahlen solle man nur, bis man selbst auf CO2-freies Heizen umrüstet – doch kassieren würde man so lange, bis das letzte Gebäude der Gruppe umgerüstet wäre.
Die Finanzmasse für die Rückerstattung sinke also, so die Logik der Studie. Dies sei für die Einzelnen das Signal, dass der optimale Umrüst-Zeitpunkt erreicht ist. Bis dahin habe die Wärmewende die Eigentümer des Gebäudes dann noch nicht nennenswert belastet, so rechnen die Studienautoren. Und die Steuerung über die Gruppen sorge dafür, dass das Umrüsten auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht vernünftig vonstattengehe.
Sehr hoher CO2-Preis
Gleichwohl wäre, damit es alle stemmen können, eine begleitende Investitionsförderung angezeigt. Sie müsste dann aus Steuermitteln finanziert werden. Schon heute fließt hier viel Geld, konstatieren die Forscher: Für 2024 stellte der deutsche Staat für die energetische Gebäudesanierung rund 17 Milliarden Euro bereit.
„Wegen der starken Anreizwirkung hoher CO2-Preise ließe sich das dann immerhin mit deutlich geringeren Fördersätzen als heute machen“, erläutert MCC-Co-Leiter Kalkuhl. „Ein idealer Politik-Mix, der die ungleich verteilten Zusatzkosten durch die Klimapolitik ausgleicht, würde laut Modellrechnung einen CO2-Preis von etwa 230 Euro in 2030 und eine staatliche Förderung von im Durchschnitt 17 Prozent der privaten Investitionen in fossilfreie Heizsysteme vorsehen, damit die EU-Klimaziele erreicht werden. Die Förderung könnte auch unbürokratisch umgesetzt werden: über eine Absenkung der Stromsteuer für Wärmepumpenstrom und eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Wärmepumpen.“
Die Studie ist online verfügbar, inklusive Kurzfassung für den politischen Diskurs.