Gebäudeenergiegesetz: Pragmatischer Blick auf das Heizungsgesetz

Die Emotionen rund um die angekündigte Reform des Gebäudeenergiegesetzes kochen weiter hoch. Forscher:innen plädieren für einen individuelleren Blick auf lokale Begebenheiten und angepasste Regulierungen.
27.05.2025 – Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherine Reiche (CDU) lässt so gut wie keine Gelegenheit aus, die von der Ampel-Koalition durchgeführte Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zu kritisieren – besser bekannt als Heizungsgesetz. Im Handelblatt erklärte sie, der „Zwang zur Wärmepumpe“ müsse fallen. Und gegenüber der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) sagte Reiche, das Heizungsgesetz sei „ein Prototyp dafür, wie man die Schraube beim Ordnungsrecht überdrehen kann und damit bei den Betroffenen eine Abwehrhaltung gegen Klimaschutz und gegen Veränderungen im Gebäudebereich hervorruft“.
Bei Table Media kritisierte Reiche: „Es gibt de facto ein Betriebsverbot für Gasthermen, die vor 1991 eingebaut wurden. Zunächst müssen wir dieses Betriebsverbot abschaffen“. Dieses Verbot aber stammt noch von der vorherigen GEG-Reform der bis 2021 agierenden schwarz-roten Bundesregierung. Zudem betrifft ein echtes Verbot weniger als 0,1 Prozent aller Öl- und Gasheizungen in Deutschland, wie der Table Media Journalist Malte Kreutzfeld vorrechnete. Auch ein Zwang zur Wärmepumpe existiert nicht.
Die Union macht de facto da weiter, wo sie in der Ampel-Legislatur und anschließendem Wahlkampf angefangen hat: Mit populistischen Tönen auf die teilweise von ihnen selbst gestalteten Inhalte des Gebäudeenergiegesetzes einzuschlafen. Inzwischen aber müssen sie sich in erneuter Regierungsverantwortung den Realitäten stellen. Die im Koalitionsvertrag angekündigte, komplette Abschaffung des Heizungsgesetzes, wird nicht kommen.
Denn die Sanierungs- und Heizungsförderung etwa soll fortgeführt werden. Auch an der kommunalen Wärmeplanung werden die neuen Verantwortlichen im Bund voraussichtlich nicht rütteln. Zentrale Stellschraube für Änderungen: Statt der Erneuerbaren-Quote neuer Heizsysteme von mindestens 65 Prozent, soll die erzielte CO2-Reduktion im Gebäude die zentrale Stellgröße werden. Mehr Flexibilität soll etwa "bezahlbare Hybridlösungen" aus Heizkessel und Solarthermie ermöglichen, so Reiche gegenüber der NZZ.
Zwei Denkschulen, die recht haben
Einen pragmatischen Ansatz und individuelleren Blick auf lokale Begebenheiten schlagen Forscher:innen aus Deutschland, Kanada und den USA in einem Artikel in Nature Climate Change vor. „Auf den ersten Blick stoßen beim Thema Heizungsverbot zwei unvereinbare Ansichten aufeinander“, sagt der Direktor des Potsdam-Institut für Klimafolgenfroschung (PIK) Ottmar Edenhofer, einer der Autoren des Artikels. Für die einen schütze der Staat die Menschen vor falschen Entscheidungen, weil sie zum Beispiel angesichts der stetig steigenden CO₂-Bepreisung den langfristigen Kostenvorteil einer Wärmepumpe unterschätzen. Für die anderen beraube er sie der Möglichkeit, mit Blick auf ihre persönliche Kostensituation optimal zu handeln und noch eine Zeitlang mit Erdgas zu heizen. „Der Witz ist: Beide Denkschulen haben unter bestimmten Bedingungen recht“, so Edenhofer.
Die Wissenschaftler:innen vom PIK, sowie den Universitäten in Mainz, Mannheim, Calgary in Kanada und dem Resources for the Future in Washington DC, USA, benennen in dem Artikel vier Indikatoren zur Orientierung:
- Differenzierung nach baulichen Umständen. So sei etwa für schlecht dämmbare Bestandsimmobilien die Entscheidung für eine fossilfreie Heizung schwieriger als für neue Objekte.
- Lokale Verfügbarkeit von Fachkräften und Material. Sollte es hierbei Engpässe geben, könnte dies zu vorübergehenden Preisspitzen führen.
- Information und Beratung. Wenn bei der Entscheidung viel Expertise gegeben sei, brauche es weniger Regulierung.
- Das Problem gesplitteter Anreize. Tendenziell brauche es mehr Regulierung, wenn in vermieteten Gebäuden die Investitionskosten und die laufenden Einsparungen nicht bei der gleichen Person anfallen.
Regulierungen sollten nicht isoliert betrachtet und neben den genannten vier Indikatoren auch als Ergänzung zur CO2-Bepreisung, dem nötigen Ausbau der Infrastruktur und Förderinstrumenten verstanden werden, so die Forscher:innen. Für ein besseres Verständnis der schwierig zu durchschauenden Gemengelage brauche es eine rasche Zusammenführung und bessere Nutzung existierender Datenquellen, sowie regional begrenzte Modellversuche.
Bei der geplanten Reform des GEG gilt es eigentlich auch Vorgaben der Europäischen Union im Rahmen der Reform der EU-Gebäuderichtlinie zu beachten, die unter anderem klimaneutrale Neubauten, Sanierungsquoten und abgestufte Solarpflichten vorschreibt. Bund und Länder in Deutschland sind hier teilweise auf einem guten Weg. Die neue Bundesregierung kündigte aber im Koalitionsvertrag an: „Spielräume bei der Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) schöpfen wir aus“. Man setze sich zudem für eine Verlängerung der Umsetzungsfristen ein. Das kommt einer angekündigten Abschwächung der Gebäuderichtlinie gleich. mg