Deutschland: Wärmewende geregelt?

Rund ein Drittel des deutschen Endenergieverbrauchs entfällt auf das Heizen. Die Wärmewende ist daher ein zentrales Klimaschutzprojekt: Weg von Öl- und Gas, hin zu Wärmepumpen, Solarthermie oder grüner Fernwärme – möglichst flächendeckend bis 2045.
21.10.2025 – Um das zu erreichen, müssen Millionen Haushalte auf klimafreundliche Alternativen umsteigen. Regeln soll dies das 2024 novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) undWärmeplanungsgesetz (WPG), verschiedene Förderinstrumente und eine schrittweise höhere Bepreisung von CO2-Emissionen im Gebäude und Verkehrssektor. Das GEG gibt nicht nur vor, dass in Neubauten nur noch Heizungen mit mindestens 65 Prozent Erneuerbarer Energie eingebaut werden, sondern begrenzt dort auch den erlaubten Primärenergiebedarf. In Bestandsgebäuden greift diese Pflicht schrittweise – abhängig von der kommunalen Wärmeplanung, einem weiteren Kernpunkt für die Wärmewende. Wärme sollte nicht über weite Strecken transportiert werden, die Lösungen müssen also vor Ort gefunden werden. Dazu gehören die Ermittlung des Wärmebedarfs, der vorhandenen Versorgung, eine Bewertung der Potenziale erneuerbarer Wärmequellen vor Ort – etwa Biomasse, Solarthermie, Geothermie, Abwärme, Flusswärme – und ein Plan für die zukünftige Wärmeversorgung.
Seit 2024 ist die kommunale Wärmeplanung für alle Kommunen verpflichtend. Kommunen unter 100.000 Einwohnern müssen bis Mitte 2028 eine Wärmeplanung vorlegen, größere Kommunen bereits bis Mitte 2026. Die kommunale Wärmeplanung legt die Grundlage für verbindliche Vorgaben bei der Heizungsmodernisierung im Bestand und entscheidet, welche Wärmetechnologien in welchem Gebiet bevorzugt gefördert werden. Dies soll sicherstellen, dass lokal sinnvolle Versorgungskonzepte vorliegen, bevor hohe Standards greifen.
Bis Anfang Mai 2025 hatten bereits 47 Prozent aller Gemeinden bundesweit begonnen, einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen, und weitere 4,5 Prozent waren bereits fertig. Damit leben rund 55,8 Millionen Menschen oder 66 Prozent der Bevölkerung in Gemeinden, die mit der Wärmeplanung angefangen haben. In den Gemeinden mit bereits fertigen Wärmeplänen leben wiederum rund 13 Millionen Menschen, bzw. weitere 16 Prozent.
Preise für fossile Wärme steigen
Heizen mit Gas oder Öl wird teurer – nicht irgendwann, sondern jetzt. Mit demETS2 tritt 2027 der erste EU-weite Emissionshandel für die Bereiche Gebäude und Straßenverkehr in Kraft. Emissionen in den Sektoren Gebäude und Verkehr sinken seit Jahren deutlich langsamer als notwendig. Der ETS2 ist das erste marktbasierte Preissignal, das fossile Energie deutlich teurer werden lässt. Wer mehr Emissionen ausstößt, zahlt auch mehr.
In Deutschland gilt bereits seit 2021 eine nationale Bepreisung fossiler Brennstoffe in den Bereichen Gebäude und Verkehr. Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) sieht – anders als bei einem marktbasierten Ansatz – einen Festpreis für Brennstoffe vor, der jährlich gestaffelt steigt. 2025 liegt dieser Preis bei 55 Euro pro Tonne CO₂. Ab 2026 ist ein schrittweiser Einstieg in die Marktsteuerung vorgesehen. Die Preise unterliegen dann einem Korridor von 55 bis 65 Euro, und Emissionszertifikate werden über Auktionen gehandelt. Ab 2027 wird das BEHG dann vom ETS2 abgelöst. Die EU gibt eine feste Anzahl an Zertifikaten aus, deren Menge allerdings jedes Jahr um mehr als fünf Prozent reduziert wird. Der CO2-Preis wird dann nach Angebot und Nachfrage ermittelt.
Prognosen sind hier schwierig, deuten derzeit jedoch darauf hin, dass der Einstiegspreis deutlich über 65 Euro pro Tonne liegen könnte. Agora Energiewende schließt Preise von über 200 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2027 nicht aus, wenn keine begleitenden, effektiven Maßnahmen zur Senkung der Emissionen im Verkehr und in Gebäuden implementiert werden. Allerdings hat die EU sich darauf geeinigt, dass der Preis bis 2030 durchschnittlich 45 Euro pro Tonne CO2 nicht überschreiten darf – sonst werden zusätzliche Zertifikate emittiert, um den Preis zu senken. Die politische Lenkungswirkung wird so allerdings deutlich abgeschwächt. Die Lenkungswirkung des ETS2 konkurriert zudem mit den weiterbestehenden Subventionen für fossile Energien wie Steuervergünstigungen für Heizöl, die Pendlerpauschale oder die Stromsteuerbefreiung für die Industrie, die den Preis für Fossile drücken und die Wärmewende ausbremsen.
Wärmewende fordern und fördern
Die Politik ist maßgeblich mit verantwortlich, welche Preise für Wärme zukünftig gezahlt werden müssen. Bei individuellen Lösungen wie Wärmepumpen gilt es nicht nur die Anschaffungskosten zu betrachten und hochzurechnen, sondern auch die Stromkosten. Preisbestandteile beim Strom wie Steuern oder Netzentgelte machen einen großen Anteil des Strompreises aus – und werden von politischen Rahmenbedingungen mitbestimmt. Ebenso die Regeln, die für Photovoltaik-Anlagen und Speicher gelten. Um den Umstieg zu erleichtern, gibt es staatliche Zuschüsse über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Auch ein Teil der Einnahmen aus dem ETS2 fließen in einen neu geschaffenen Klima-Sozialfonds der EU, der Staaten Mittel für den sozialen Ausgleich zur Verfügung stellt. Denkbar wären direkte Auszahlungen wie das von der Ampel-Regierung anvisierte Klimageld oder Förderprogramme.
Derzeit schwenkt die Bundesregierung jedoch eher in die entgegengesetzte Richtung. Diskutiert wird, die Förderung für kleine Photovoltaik-Anlagen zu streichen, und die Mittel für die Wärmepumpenförderung deutlich zu kürzen. Die CDU/CSU hatte im Wahlkampf angekündigt, die Stromsteuern für Privatleute zu senken. Das Vorhaben wird nun jedoch wohl nicht umgesetzt, Stromsteuersenkungen gibt es nur für die Industrie. Die Gasumlage entfällt zwar ab dem kommenden Jahr und bietet eine kurzfristige Entlastung für Verbraucher. Tatsächlich werden die noch ausstehenden Schulden für die hohen Gasbeschaffungskosten in der Gaskrise in Millionenhöhe nun jedoch über den Klima- und Transformationsfonds beglichen. Damit werden Gelder aus dem Klimaschutzfonds in eine fossile Subvention umgeleitet. Dieses Geld fehlt nicht nur für den Klimaschutz, sondern stützt zusätzlich künstlich den Gaspreis, und verschlechtert somit die Position nachhaltiger Alternativen auf dem Markt.
Viele Kommunen schon am Limit
In Nah- und Fernwärmenetzen sind zudem hohe Investitionen zu stemmen, um Wärme zukünftig fossilfrei bereitzustellen. Mitunter müssen Netze neu gebaut oder erweitert, aber vor allem große Kohle- und Gaskraftwerke durch Großwärmepumpen oder andere Erneuerbare Kraftwerke ersetzt werden. Die Bundesförderung Effiziente Wärmenetze reicht bei weitem nicht aus, Stadtwerke und Versorger müssen zusätzlich erhebliche Kredite aufnehmen. Daran scheitern Gemeinden in Deutschland jedoch oft, da selbst Förderkredite Sicherheiten erfordern.
Union und SPD hatten sich in ihren Sondierungsgesprächen Anfang März auf ein Sondervermögen Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen geeinigt. Auf Landesebene soll die Schuldenbremse an die etwas flexiblere Bundesregelung angepasst werden. Bislang gibt es allerdings keine bundesweiten Bürgschaftsprogramme für Wärmewende-Investitionen. Zumindest diskutiert wird ein Energiewendefonds, in dem Bund und Kommunen Bürgschaften bündeln könnten. Lokal umgesetzt hat dies etwa Schleswig-Holstein: Seit April 2024 gibt es ein Bürgschaftsprogramm für Wärmenetze mit einem Rahmen von bis zu zwei Milliarden Euro. Mit staatlichen Garantien soll die Kreditwürdigkeit der Kommunen gestärkt und die Wärmewende finanzierbar werden.
Fernwärmepreise variieren im Bundesgebiet derzeit stark. Versorger haben eine Monopolstellung, wenn sie erst einmal etabliert sind – Verbraucher können sich somit kaum gegen Preiserhöhungen wehren. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb mehr Transparenz, einen Preisdeckel und eine Förderung analog der Wärmepumpenförderung. Undenkbar ist das nicht – in Dänemark etwa dürfen Fernwärmeversorger ausschließlich kostendeckend arbeiten. Der Anteil Erneuerbarer Energiewende bei der Fernwärmeversorgung liegt dort laut Internationaler Energieagentur bei 50 Prozent, in Deutschland dagegen bislang bei knapp einem Fünftel. Julia Broich
Der Artikel ist Teil des aktuellen Fachmagazins der energiezukunft: Kraftakt Wärmewende - vom Plan in die Praxis





















































