TOP-THEMA
Europa






Überseeinsel BremenWasser der Weser liefert Wärme und Kälte für Stadtquartier

Totale des Quartiers auf der Überseeinsel Bremen
Im Quartier Überseeinsel in Bremen werden Wohnungen und Gewerbeflächen mit Flusswärme aus der Weser beheizt. Zum innovativen Energiekonzept gehören viele Elemente.  (Foto: Stadt.Energie.Speicher GmbH / ©Dr. Andreas Mueller)

Auf der Überseeinsel in Bremen ist Heizen keine Belastung für die Umwelt, sondern ein Beitrag zum Klimaschutz. Letzte Woche ging das energetische Ensemble in Betrieb, das zukünftig Wohnungen und Gewerbe im Quartier mit Wärme und Kälte versorgt.

22.05.2025 – Auf der Bremer Überseeinsel, wo Kellogg‘s früher täglich 500 Tonnen Mais zu Frühstücksflocken verarbeitete, entsteht ein modernes Wohnquartier mit 600 Wohnungen und 70.000 Quadratmetern Gewerbefläche. Mit der Weser als Wärmequelle vor der Tür entwickelte das Unternehmen Stadt.Energie.Speicher ein Konzept, um das Quartier nachhaltig und sozialverträglich, aber auch netz- und systemdienlich mit Energie zu versorgen.

Vier Großwärmepumpen mit insgesamt 5 Megawatt thermischer Leistung nutzen das Wasser der Weser als Wärmequelle. Sie sind variabel einsetzbar – je nach Strompreissignalen oder wenn viel Photovoltaikstrom von den Solaranlagen auf den Dächern des Quartiers erzeugt wird.

Die von den Wärmepumpen erzeugte Wärme wird in mehreren großen Wärmespeichern und einem Eisbreispeicher eingespeichert. Die vier Großwärmespeicher haben ein Volumen von 600 Kubikmetern und können je nach Heizlast das Quartier 10 bis 72 Stunden mit Wärme versorgen unabhängig von der Wärmeerzeugung.

Zum Anlagenpark gehört auch ein Power-To-Heat-Modul mit einer elektrischen Leistung von einem Megawatt. Es wird für den Regelenergiemarkt angemeldet und wandelt immer dann Strom in Wärme um, wenn es ein Stromüberangebot aus erneuerbaren Quellen gibt. Die erzeugte Wärme wird ebenfalls in den bereits erwähnten Pufferspeichern eingelagert, bis sie gebraucht wird.

Einmalig in Deutschland: Nutzung des Flusswassers bei eisigen Temperaturen

Bei der Wärmegewinnung mit Flusswasser ist eine Mindesttemperatur von 4 °C nötig, damit das Wasser bei diesem Vorgang nicht vereist – eine Temperatur, die norddeutsche Flüsse nicht immer erreichen. Die Lösung: In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem ILK Dresden wird das bis zu 0,1 °C kalte Flusswasser in einem Vakuum verdampft. Dabei entsteht neben Wärme für die Großwärmepumpe ein pumpfähiger Eisbrei, der zurück in den Fluss geleitet wird. Im Sommer sorgt der Vakuum-Flüssigeiserzeuger in Verbindung mit einem 150 Kubikmeter großen Eisbreibehälter dafür, dass die umliegenden Gebäude mit Kälte aus PV-Strom versorgt werden. Zusätzlich schützt ein innovatives Kratzeisverfahren die Wärmeübertrager vor Vereisung mithilfe von kleinen beweglichen
Metallkugeln.

Von November bis März freuen sich Eislaufbegeisterte über das Energiekonzept. Denn eine 600 Quadratmeter große Eislaufbahn ist ebenfalls Teil der Lösung. Sie fungiert als Solar-Luftkollektor und somit als weitere Energiequelle für eine Großwärmepumpe. Die Abwärme aus der Kälteproduktion für die Eislaufbahn wird in den Rücklauf des Nahwärmenetzes gespeist und somit zu 100 Prozent zur Beheizung der Nachbargebäude genutzt. Die Besonderheit: Die Erlöse aus der Abwärme decken zu 100 Prozent die Stromkosten der Großwärmepumpe der Kältetechnik.

Komplettiert wird die Lösung mit einem eigens entwickeltem, selbstlernenden Wärmepumpen-Fahrplan, der Prognosen zu Strompreisen, Eigenstromerzeugung und Wärmebedarf verarbeitet und die Nutzung erneuerbaren Stroms optimiert, was sich kostensenkend auswirkt.

Rund 19 Millionen Euro werden in dieses innovative Energieversorgungskonzept investiert, um auf neun Hektar Grundstücksfläche insgesamt 118.000 Quadratmeter Gebäudefläche zu beheizen, davon 62.000 Quadratmeter Wohnen und 55.000 Quadratmeter Gewerbe, u.a. ein Hotel, eine Schule sowie Restaurants und Büros. Noch wird fleißig gebaut, die ersten zwei Gewerbegebäude sind fertig, doch bis die ersten Bewohner einziehen können, wird noch einige Zeit vergehen.

Wärmewende sichtbar machen

Dass erneuerbare Wärmekonzepte nicht nur teuer sind und viel Technik bedeuten, zeigt das Bremer Beispiel eindrucksvoll. Denn einige der zukünftigen Elemente bringen Bewohnern und Nutzern  „Die Wärmewende gelingt, wenn wir sie zum Teil der Stadt machen, ihrer Infrastruktur, Architektur und Ästhetik. Menschen sollen die Energiewende erleben und Spaß an ihr haben können“, erklärt Geschäftsführer Klaus Meier den Leitgedanken hinter dem Energiekonzept. Deshalb wurden die großen Wärmespeicher ins Stadtbild integriert. Der von innen beleuchtete Eisbreispeicher hat Gucklöcher. Und der Oberflächenkaltwasserspeicher wurde zur Eislaufbahn und ein im Quartier befindliches Schwimmbad wird ebenfalls mit Flusswärme geheizt. pf

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

max 2.000 Zeichen