Grüner Wasserstoff für die EnergiewendeWasserstofferzeugung in Deutschland nicht auf Zielpfad

Person vor Aggregat in Form eines Containers
Das Unternehmen Sunfire aus Dresden fertigt Elektrolyseure im Industriemaßstab. (Foto: Sunfire AG)

Grüner Wasserstoff als Alternative zu fossilen Brennstoffen steht absehbar nicht ausreichend bereit. Immerhin gibt es inzwischen Klarheit zum Wasserstoffkernnetz in Deutschland und zu den Genehmigungen für Elektrolyseure.

19.03.2025 – Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 Elektrolyseure mit einer Kapazität von mindestens 40 Gigawatt zu installieren. Damit sollen 10 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff erzeugt werden. Allein Deutschland möchte bis 2030 eine Kapazität von zehn Gigawatt aufbauen, ist derzeit jedoch weit davon entfernt, gerade einmal 111 Megawatt sind installiert. Doch ein wichtiger Schritt ist getan.

Wasserstoff-Kernnetz als Voraussetzung

Im Herbst 2024 genehmigte die Bundesregierung den Antrag von Netzbetreibern auf den Ausbau eines Wasserstoff-Kernnetzes, das bis 2032 deutschlandweit die künftigen regionalen und lokalen Wasserstoffprojekte verbinden soll, etwa in Industrie- oder Gewerbeparks. Auch der Anschluss an die Netze der Nachbarstaaten ist damit freigegeben. Die geplanten Maßnahmen umfassen die Bereitstellung von Leitungen mit einer Gesamtlänge von mehr als 9.000 Kilometern. Rund 60 Prozent davon werden durch die Umstellung bereits bestehender Erdgasleitungen geschaffen. Das erfordert hohe Investitionen, die die Bundesnetzagentur auf 18,9 Milliarden Euro beziffert.

Der Ausbau des Netzes ist insbesondere wichtig, da die besten Voraussetzungen für die Produktion von grünem Wasserstoff im Norden Deutschlands gegeben ist. Dort können Windkraftwerke die nötige Energie für Elektrolyseure erzeugen. Doch die Nachfrage besteht nicht an der Küste, sondern in den industriellen Zentren im Westen und Süden des Landes – daher muss der Wasserstoff per Pipeline dorthin transportiert werden.

Außerdem soll das deutsche Netz an das der Nachbarländer angeschlossen werden. Denn bedeutende Mengen an Wasserstoff werden in südlichen Regionen der Welt erzeugt werden, in denen viel Sonnenenergie zur Verfügung steht, etwa in Nordafrika.

Europa muss an einem Strang ziehen

Der Nationale Wasserstoffrat der deutschen Bundesregierung fordert daher in einer Stellungnahme gemeinsam mit seinen niederländischen und belgischen Partnern ein gemeinsames europäisches Vorgehen. „Nur wenn wir gemeinsam die Hürden beseitigen und mutig die nächsten Schritte gehen, schaffen wir das Fundament für eine bezahlbare und saubere Energiezukunft“, erklärte Katherina Reiche, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der deutschen Bundesregierung. Vorrangig sei es, die paneuropäische Infrastruktur für die Produktion, Speicherung und den Transport von Wasserstoff zu schaffen. Dafür sollten finanzielle Förderprogramme entwickelt werden.

Eine verlässliche Nachfrage müsse geschaffen werden, um stabile Wertschöpfungsketten auszubauen. Ferner sei es vordringlich, den Rechtsrahmen für sauberen Wasserstoff zu verbessern und zu vereinfachen. Diese regulatorischen Rahmenbedingungen sind europaweit nicht einheitlich.

Fortschritte in der Gesetzgebung

Bei der Regulierung aber hat Deutschland in den vergangenen Monaten einen Fortschritt erzielt. Durch eine kürzliche Änderung im Anhang 1 Nr. 10.26 der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung ist nun klar festgelegt, welche Genehmigungsverfahren Elektrolyseure zur Produktion von Wasserstoff in Deutschland durchlaufen müssen. „Die neue Rechtslage sorgt für Klarheit über das Erfordernis einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung“, sagt Rosa von der Stein, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Berliner Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V. (IKEM). Für Anlagen zur Elektrolyse von Wasserstoff mit einer Kapazität von mindestens 50 Tonnen Wasserstoff täglich gelten Genehmigungsverfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit. Anlagen mit einer Leistung unter 5 Megawatt benötigen keine Genehmigung hinsichtlich des Immissionsschutzes.

Umsetzung hinkt hinter Ankündigungen hinterher

Trotz der nun erfolgten Klarstellung bei der Genehmigung gibt es noch Hindernisse bei der Umsetzung von Wasserstoff-Projekten. Mehr als 2.000 solcher Vorhaben wurden weltweit in den vergangenen Jahren angekündigt, umgesetzt jedoch nur rund sieben Prozent davon, wie das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in einer Studie feststellt, die in der Fachzeitschrift Nature Energy erschienen ist.

„In den vergangenen drei Jahren haben sich die globalen Projektankündigungen für grünen Wasserstoff fast verdreifacht“, sagt PIK-Forscher und Leiter der Studie Adrian Odenweller. „Allerdings sind in diesem Zeitraum nur sieben Prozent der ursprünglich für 2023 angekündigten Produktionskapazität auch rechtzeitig fertiggestellt worden.“

Lücke zwischen Bedarf und Produktion

Deutschland benötigt bis 2030 4,5 Tonnen Wasserstoff jährlich, so der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS). Das ist eine gewaltige Menge. Derzeit werden weltweit nur eine Million Tonnen erzeugt.

Bedarf für den neuen Energieträger besteht in verschiedenen Branchen: Vom Verkehr über die Industrie und Heiztechnik bis hin zur Energieversorgung.

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Startschuss für Wasserstoffkernnetz in Deutschland

Nur zweieinhalb Jahre hat die Planung gedauert, nun hat die Bundesnetzagentur das zukünftige Wasserstoffkernnetz genehmigt. Industrie und Netzbetreiber werten diesen Schritt als wichtige Grundlage für weitere Planungen.

Sollten alle in Deutschland angekündigten Wasserstoffprojekte tatsächlich realisiert werden, wäre der Investitionsbedarf gewaltig. Laut PIK müsste etwa eine Billion US-Dollar aufgewandt werden. Gründe für das Hinterherhinken identifiziert das PIK in gestiegenen Kosten, fehlender Zahlungsbereitschaft auf der Nachfrageseite und Unsicherheiten über Förderung und Regulatorik. Die Potsdamer Forscher warnen daher vor fossilen Lock-Ins, die Unternehmen langfristig an fossile Energieträger binden und so die Klimaziele gefährden könnten.

Ein weiteres Hindernis ist, dass die zukünftigen Preise für Wasserstoff noch nicht berechenbar sind. Elemente wie die Bepreisung von Kohlendioxid-Emissionen und etwaige Fördermittel der Regierung sind noch nicht abzuschätzen.

Grüner Wasserstoff aus ehemaligem Kohlebergbau

Allerdings gibt es auch Fortschritt beim Ausbau der Kapazitäten. Die Salzgitter AG hat den Bau einer Elektrolyseanlage für grünen Wasserstoff mit einer Kapazität von 100 Megawatt begonnen. Der Wasserstoff soll zur Herstellung von nahezu CO2-neutralem Stahl eingesetzt werden. Er wird in einer geplanten 200 Megawatt-Elektrolyse auf dem Gelände eines ehemaligen Steinkohlekraftwerks in Wilhelmshaven produziert. 2028 könnte er geliefert werden, vorausgesetzt, es besteht bis dahin eine Pipeline und ein deutsches Wasserstoff-Kernnetz. Weitere Projekte werden von thyssenkrupp, der BASF AG und Siemens vorangetrieben. Um die Klimawirkung von Wasserstoff einzuschätzen, ist es wichtig zu bedenken, dass die Elektrolyseure viel Strom benötigen und die Anlagen zur Förderung der erneuerbaren Energien ebenfalls Rohstoffe verschlingen. Auch der Wasserstoff ist also keine komplett klimaneutrale Energiequelle. Charlotte Schmitz

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