Offshore-Windenergie: Ausbauziele der Offshore-Windenergie in Sicht

Die Windbranche ist guter Hoffnung, dass zum Ende des Jahrzehnts die Zubauraten der Windenergie auf See deutlich anziehen und die Ausbauziele in Sichtweite geraten. Dafür aber braucht es planbare europäische Rahmenbedingungen.
05.02.2025 – Bis Ende 2024 sind auf deutscher See 1.639 Offshore-Windenergieanlagen ans Netz gegangen, mit einer kumulierten Leistung von rund 9,2 Gigawatt (GW). Das vom Bund ausgerufene Ziel von 30 GW Windkraft in Nord- und Ostsee bis Ende 2030 erscheint auf den ersten Blick vermessen. Nachdem mit Start des Offshore-Windenergieausbaus 2009 innerhalb von 15 Jahren 9,2 GW hinzugebaut wurden, wie soll dieser Wert innerhalb eines Drittels der Zeit verdreifacht werden?
Doch die Offshore-Windbranche zeigte sich am gestrigen Dienstag bei der Veröffentlichung der Jahresausbauzahlen und weiteren Ausblick zuversichtlich, dass das 30 GW Ziel spätestens 2031 erreicht wird, das 2035 Ziel von mindestens 40 GW dann sogar ein Jahr früher. Zwischen Bund, den nordischen Bundesländern und Übertragungsnetzbetreibern gibt es dementsprechend die Vereinbarung, bis 2035 die installierte Leistung auf 50 GW hochzuschrauben.
Aufbereitet hat die Zahlen das Beratungsunternehmen Deutsche WindGuard. Deren Projektmanagerin Merle Heyken, prognostizierte bei der Veröffentlichung die weiteren Ausbauraten: „Das Zubauniveau von 2024 werden wir auch in den nächsten Jahren erreichen. Ab 2028 erwarten wir erhebliche Steigerungen.“ Heißt: gab es 2024 einen Leistungszubau von 0,74 GW, sollen 2028 fast 3 GW hinzukommen, 2031 sogar in einem Jahr 9 GW. So viel also wie bislang in 15 Jahren.
Stefan Thimm, Geschäftsführer Bundesverband Windenergie Offshore BWO, wies auf die rasante Entwicklung der Offshore-Windenergie hin: „Vor 15 Jahren steckte die Technologie noch in ihren Kinderschuhen. Inzwischen kann sie subventionsfrei einspeisen.“ Für die nächsten Jahre gebe der Flächenentwicklungsplan des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) einen Pfad vor, der ein gewisses Maß an Sicherheit gebe. Diese aber müsse nun gefestigt werden mit besseren Rahmenbedingungen auf deutscher und europäischer Ebene. „Wir brauchen Planbarkeit, um Investoren für die Standorte zu gewinnen. Wir brauchen Verlässlichkeit anstatt Zieldebatten in jeder neuen Legislaturperiode“, so Thimm.
Daher müsse die neue Bundesregierung unbedingt am Flächenentwicklungsplan festhalten und diesen für die Zeit ab Mitte der 2030er Jahre noch klarer formulieren. Zudem müssten auf europäischer Ebene zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, die Lieferketten zu verbessern. Dabei gehe es zum einen darum die Wertschöpfung in Europa selbst zu stärken und weitere nötige Importe zu sichern, und zum anderen dafür zu sorgen, die Stromkosten für die Produktion von Windenergie-Bauteilen zu verringern.
Wie etwa die deutsche Stahlindustrie wettbewerbsfähig bleiben könnte, zeigten Forschende des Kopernikus-Ariadne-Projekts Mitte Dezember auf. Man müsse den heutigen Import von fossiler Energie und Rohstoffen hin zum Import von grünen Vorprodukten verschieben und sich stärker auf die hohe Wertschöpfung in der industriellen Weiterverarbeitung zu konzentrieren. Bei Bezug von Vorprodukten aus anderen Ländern sei es wichtig sichere Versorgungswege aufzubauen. Dafür könnten Länder innerhalb der Europäischen Union mit hohem Potenzial für Erneuerbare Energien sorgen, so die Forschenden, die in ihrer Analyse weiterschrieben: „Die nötigen Rahmenbedingungen für ein solches „Friendshoring“ können durch eine europäisch koordinierte Industriepolitik im Rahmen des erwarteten Clean Industrial Deal vorangetrieben werden.“
Im letzten Jahr hatte die Europäische Union bereits den Net-Zero-Industry-Act verabschiedet, der grundsätzlich festlegt, dass 40 Prozent der Klima- und Energieziele der EU für 2030 mit in Europa gefertigten Anlagen und Komponenten erreicht werden sollen. Zusätzlich strebt die EU für 2040 einen Anteil von 15 Prozent am Weltmarkt im Bereich der Netto-Null-Technologien an. Diese Ziele müssen aber noch mit Leben und finanziellen Mitteln gefüllt werden. Auch brauch es einen weiteren Ausbau von Häfen. Mit dem Cuxhavener Hafen wurde ein Anfang für den nötigen Import-Hochlauf von Windrad-Komponenten gemacht.
Der Net-Zero-Industry-Act beinhaltet zudem spezielle Auktionsregeln für die Offshore-Windenergie, die noch in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Demnach sollen künftig in stärkerem Maße – zu mindestens 30 Prozent – Präqualifikationskriterien sowie qualitative Zuschlagskriterien gelten. Eine dem Vergabeverfahren vorgelagerte Prüfung soll sicherstellen, dass Investoren nicht wieder von dem Projekt Abstand nehmen, auch ökologische Kriterien sollen in höherem Maße Einzug halten.
Die Europäische Union hat als Ziel ausgegeben, die Offshore-Windenergie bis 2030 auf mindestens 60 GW zu steigern. Die aktuell installierte Leistung in der EU liegt bei 20,78 GW. Im letzten Jahr kamen laut dem europäischen Branchenverband WindEurope lediglich 1,4 GW hinzu. Deutschland trug einen erheblichen Teil zu bei. Entsprechend gibt es auch in anderen europäischen Ländern bei der Offshore-Windkraft noch viel Luft nach oben. mg