Windenergie im Landkreis Lippe: Erfolgreiches Repowering-Projekt

Drei moderne Windenergieanlagen gingen im Landkreis Lippe in Betrieb. Sie ersetzen neun Altanlagen, die seit Mitte der Neunzigerjahre Ökostrom erzeugten. Die Akzeptanz und der Rückhalt vor Ort sind groß, nicht nur wegen der kommunalen Beteiligung.
09.04.2025 – „Fünffache Leistung und zehnfacher Energieertrag – das Repowering hebt den Windpark Niese-Köterberg auf ein neues Level“, freut sich Jürgen Koppmann, Geschäftsführer der NaturEnergy. Die drei Nordex-Windräder, die bis Januar 2025 errichtet wurden, kommen auf insgesamt 13,5 Megawatt installierte Leistung. Sie ersetzen neun Altanlagen, die zuvor zurückgebaut wurden.
Das Projekt in der Gemeinde Lügde wird von drei Partnern gemeinsam getragen: dem Projektierer NaturEnergy, der Koch Wind & Solar sowie der ToGro Windenergie. Benedikt Koch von der Koch Wind & Solar verweist auf die Akzeptanz im Umfeld: „Wir merken hier einen starken Rückhalt sowie großes Interesse in der Bevölkerung. Die Menschen wissen schon lange um die Vorteile der Windenergie.“
Im Auftrag der NaturEnergy und der beiden ortsansässigen Unternehmen Koch Wind & Solar und ToGro Windenergie realisierte die NaturStromProjekte die Windpark-Erneuerung der neun zwischen 1994 und 1998 installierten Windkraftanlagen in Lügde-Niese. Die neuen Anlagen werden in einer gleichberechtigten Partnerschaft der drei Auftraggeber betrieben.
Die Pläne für ein partnerschaftliches Repowering und eine Weiternutzung der Windenergieflächen gehen bis ins Jahr 2014 zurück. Politische Rahmenbedingungen erschwerten jedoch lange die Realisierung. „Trotz aller Widrigkeiten konnten wir nun den langgehegten Wunsch einer gemeinschaftlichen Erneuerung unseres Windparks erfüllen“, freut sich Markus Toeberg von der ToGro Windenergie. „Dass wir das Repowering im Einvernehmen mit den Anwohner:innen umsetzen konnten, werten wir als besonders positiv.“
Gewinn für die Standortkommune
Von dem neuen Windpark in Niese und am Köterberg profitieren die Anwohner:innen auch finanziell: Da die gemeinsame Betreibergesellschaft in der Standortgemeinde ansässig ist, verbleibt die Gewerbesteuer vollumfänglich vor Ort. Darüber hinaus haben sich die Partnerunternehmen entschieden, die Kommune an jeder erzeugten Kilowattstunde Ökostrom zu beteiligen: Pro Jahr bedeutet allein dies Mehreinnahmen im hohen fünfstelligen Bereich für Lügde. Auch weitere Nachbargemeinden profitieren von diesen Beteiligungen im kleineren Umfang.
Aus neun mach drei – Bilder vom Projektverlauf
Blick auf fünf der insgesamt neun Altanlagen. Sieben davon waren Gittermastanlagen, wie sie auf diesem Foto zu sehen sind. Sie waren etwa 40 Meter hoch und 30 Jahre in Betrieb. Zwei etwas später errichtete Anlagen hatten bereits einen geschlossenen Turm.
Während die Gittermastanlagen bereits im Dezember 2023 zurückgebaut worden waren, wurden die etwas jüngeren 600-Kilowatt-Anlagen nördlich der Ortschaft Köterberg erst ein Jahr später zurückgebaut. Ihre Standorte wurden für den jetzt neu entstandenen Windpark mit drei Windkraftanlagen nicht benötigt.
Ein Teil der alten Schrauben der abgebauten Nordex-Anlagen wurde einer ganz neuen Bestimmung zugeführt und dient auf dem Hof von Markus Toeberg in Zukunft als Heck-Gewicht für einen Traktor.
Anwohner Markus Toeberg ist Gesellschafter der Windstrom Niese Köterberg und war Betreiber der Altanlagen.
Während der Bau- und Errichtungsphase besuchte er die Baustellen mit seiner Hündin Murphy nahezu täglich.
Die Ringfundamente der bereits zurückgebauten Nordex Altanlagen sind von erstaunlich guter Beton-Qualität und lassen sich nur sehr mühsam zerkleinern.
Sie wurden vollständig entfernt, obwohl das vor 30 Jahren noch keine Auflage bei der Errichtung gewesen war.
Den Beton vor Ort zu verwenden, um Gelände aufzufüllen, lohnt sich nur beim Rückbau vieler Anlagen gleichzeitig.
Im Fall von Niese-Köterberg ist es ist wirtschaftlicher, wenn der Betonbruch mit dem LKW zur Brechanlage gefahren wird. Dort wird er außerdem gereinigt – Eisenteile entfernt – und danach für den Wegebau eingesetzt.
In dem Fundament mit einem Durchmesser von 24 Metern sind 91 Tonnen Baustahl in händischer Schwerstarbeit zur Bewehrung verbaut.
Der Einbau der 697m³ Beton ist ein Wettlauf mit der Zeit, sodass viele Mischfahrzeuge von mehreren Betonwerken aus der Region wie an einer Perlenkette aufgereiht an einem Tag liefern mussten. Bereits nach einem Tag Aushärtung konnte die Einschalung entfernt werden.
Das fertige Fundament erinnert an eine umgekehrte Untertasse mit einer Höhe von (nur) 2,6m in der Mitte.
Mithilfe eines Krans werden die unteren aus Beton bestehenden Segmente des Hybridturms von WEA3 Mitte August 2024 gestapelt. Aus Halbschalenelementen (im Bild rechts unten) wird ein Betonring zusammengesetzt und mit dem Kran nach oben gehoben.
Bis in eine Höhe von 70 Metern reichen die Betonelemente. Darauf aufgesetzt wurden im November/Dezember 2024 die Stahlröhrensegemente. Sie sind ungleich schwerer und brauchen deshalb und auch wegen der Höhe einen anderen Kran.
Fünf Kilometer südlich vom Windpark wurde ab August ein Umladeplatz an der B239 für die Großkomponenten geschaffen. Für einen möglichst geringen Eingriff in die landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden 1500 Aluminium-Panels auf ca. 12.000 m² ausgelegt und auf Tiefbau weitestgehend verzichtet.
Die Panels weisen mit einem nur 40 Millimeter starken Profil eine erstaunliche Punktbelastung von 250 t/m² auf, dabei wiegt eine Platte gerade mal 240 Kilogramm.
Bereits ein Jahr zuvor waren die entsprechenden Vereinbarungen mit den Eigentümern der Flächen und den landwirtschaftlichen Nutzern getroffen worden. Auch der Anschluss an die Ortsverbindungsstraße musste genehmigt werden – allerdings war dies unkompliziert.
Auf dem Umladeplatz warten diverse Bauteile auf den Transport gen Norden zu Bestimmungort. Zu sehen sind drei Stahlrohrsegmente, drei Rotorblätter und das Maschinenhaus der Anlage (oben rechts im Bild), das auch den Generator und das Getrieben beherbergt.
Die Logistik war so geplant, dass immer an zwei Nächten pro Woche Teile von den Häfen im Norden antransportiert und zwischengelagert werden konnten. Immer wenn es windstill genug war, wurden dann tagsüber per Selbstfahrer wieder Teile in den Park gefahren.
Insgesamt mussten 27 Großkomponenten über diesen Prozess in den Park transportiert werden; eine logistische Meisterleistung All diese Prozesse und Arbeiten fanden innerhalb von wenigen Wochen statt.
Beim Transport der Rotorblätter wird der gigantische Wendekreis deutlich. Das Blatt misst fast 73 Meter und wiegt rund 25 Tonnen. Bei einem solchen Event finden sich sogar Zuschauer ein und fiebern mit, ob der Transport gelingt. Vom 11. Oktober bis 8. November fuhren die sogenannten Selbstfahrer vom Umladeplatz in den Park, im Zeitfenster der Transportgenehmigung zwischen 10 und 16 Uhr. Für den Transport der Rotorblätter muss es nahezu windstill sein, da bei engeren Kurven die Blätter aufgestellt werden. Sie ragen dann fast 75m in die Höhe. Die Bäume wurden bereits im Januar 2023 zurückgeschnitten, um Rotorblätter, die 60 bis 80 Tonnen schweren Stahlrohrsegmente sowie die Maschinenhäuser ohne Hindernisse zur Anlage zu transportieren.
Die erste von drei Stahlrohrsektionen (30 Meter lang, 66 Tonnen schwer, 4,3 Meter Durchmesser) wird an WEA2 am 18. Oktober montiert. Jetzt steht ein anderer Kran an der Baustelle, der größere Lasten und höhere Höhen bewältigen kann.
Solch ein Kran wird mit mehr als 50 LKW in Einzelteilen zur Baustelle gefahren und dort mit mehreren Tagen Aufwand zusammengesetzt. Die Anlage WEA2 wird am 30. Oktober fertiggestellt.
Die letzte Phase der Bauarbeiten fand bei sehr rauem Wetter mit stürmischen Phasen und Schnee statt. Doch größere Probleme gabe es nicht, die Fertigstellung der dritten Windenergieanlage erfolgt kurz vor Weihnachten 2024. Es folgten elektrische Anschlussarbeiten, Mittelspannungsverkabelungen, der Netzanschluss und schließlich der Probetrieb. Petra Franke