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Energiewende Baden-WürttembergWindenergie-Ausbau kann beschleunigt werden

Drei Windkraftanlagen im Wald
Die EWS-Windkraftanlagen auf dem Rohrenkopf bei Gersbach / Schopfheim können Strom für bis zu 15.000 Haushalte erzeugen. (Pressebild: © EWS Schönau e.G.)

Langwierige Prozesse bei Flächenfindung und Genehmigung, hohe Pachten und steigende Kosten verlangsamen die Windkraft-Ausbaupläne in Baden-Württemberg. Um die Energiewende im Ländle umzusetzen, fordert die Branche bessere Rahmenbedingungen.

10.03.2025 – Unsicherheit über die Nutzbarkeit von guten Standorten, stockende Genehmigungsverfahren und höhere Kosten als in anderen Bundesländern verlangsamen den Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg – so das Ergebnis einer Studie, die das Öko-Institut im Auftrag der EWS Elektrizitätswerke Schönau eG in den vergangenen Monaten erstellt und nun vorgestellt hat. Die Autorinnen und Autoren der Studie „Beschleunigung des Windenergieausbaus in Baden-Württemberg“ zeigen gleichzeitig mit konkreten Handlungsempfehlungen auf, wie Politik und Behörden die vorhandenen Blockaden auflösen könnten.

Hindernisse in mehreren Projektphasen hemmen den Ausbau

Die Untersuchung basiert auf einer umfassenden Datenauswertung sowie auf Interviews mit insgesamt neun Projektierern für Windenergie in Baden-Württemberg. Eine Reihe von Ursachen führte in der Summe bislang dazu, dass der Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg trotz ambitionierter Zielsetzung der Landesregierung nur sehr schleppend verluufe. „Die Hindernisse finden sich insbesondere in den Projektphasen der Flächensicherung, der Genehmigung und des Netzanschlusses“, fasst Moritz Vogel, der mit einem siebenköpfigen Autor:innen-Team des Öko-Instituts Freiburg die Studie erstellt hat, die Ergebnisse zusammen.

Die Blockaden in diesen Bereichen seien hauptverantwortlich dafür, dass das Land seinen Ausbauzielen deutlich hinterherhinke: „Im Vergleich zum jährlichen Nettozubau in Baden-Württemberg in Höhe von durchschnittlich 80 Megawatt in den letzten 20 Jahren ist eine Steigerung auf jährlich 400 bis 650 Megawatt erforderlich, um den im Netzentwicklungsplan für Baden-Württemberg ausgewiesenen Zubaupfad zu erreichen.“ Dies entspräche einer Verfünffachung des bisherigen Zubaus.

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Die Autor:innen nennen in ihrer Studie vier mögliche und notwendige Handlungsfelder für die Beschleunigung des Windausbaus:

  • Mit einer wiederkehrenden Evaluation und Anpassung der Regionalpläne sollte aufgezeigt werden, ob die ausgewiesenen Flächen durch Windenergieprojekte überhaupt nutzbar sind.
  • Zudem könnte die Umsetzung regionaler und bürgerschaftlicher Projekte vereinfacht werden, indem das Auktionsverfahrens für Flächen im Staatswald Baden-Württembergs modifiziert wird.
  • Das Genehmigungsverfahren selbst könnte verbessert werden, indem die zuständigen Behörden miteinander und mit den Projektierern besser zusammenarbeiten – dazu wäre mehr und besser geschultes Personal notwendig.
  • Schließlich empfiehlt das Öko-Institut Verbesserungen beim Netzausbau, um den in den Windparks erzeugten Ökostrom mit weniger Aufwand in die Netze einzuspeisen.

Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass Windprojekte in Baden-Württemberg zu höheren Kosten als jene in norddeutschen Bundesländern umgesetzt werden. Mit Blick auf ein steigendes Interesse an den EEG-Auktionen sollte eine Überarbeitung davon überprüft werden, etwa durch eine Anpassung des Referenzertragsmodells, empfehlen die Studienautoren.

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Bürgerbeteiligung und verlässlicher Finanzierungsbedingungen wichtig

„In Baden-Württemberg gibt es viele gute Windstandorte, die Investitionskosten sind in Baden-Württemberg aufgrund einer vielfach anspruchsvollen Topografie und damit einhergehend aufwändigen Logistik jedoch höher als in vielen anderen Bundesländern“, sagt Tobias Tusch, Geschäftsführer der EWS Energie GmbH. „Um Windparks in Baden-Württemberg wirtschaftlich betreiben zu können, müssen daher die laufenden Kosten während der Betriebsdauer im Rahmen bleiben. Bei den laufenden Kosten spielen die zu zahlenden Pachten eine entscheidende Rolle und ausufernde Pachtforderungen erhöhen die Umsetzungsrisiken von Projekten. Insbesondere öffentliche Grundstückseigentümer haben hier aus unserer Sicht auch eine Verantwortung – insbesondere gegenüber Bürgerenergie, denn Bürgerbeteiligung erhöht die Akzeptanz für die Windkraft.“

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Dass die Ausbauziele auf Länderebene nur dann erreicht werden können, wenn die Voraussetzungen dafür auch auf Bundesebene geschaffen werden, betont Peter Ugolini-Schmidt. „Ein verlässlicher Finanzierungsrahmen für Erneuerbare Energien ist eine Grundvoraussetzung für die Beibehaltung eines hohen Ausbautempos“, sagt der Leiter Politik der EWS. „Die neue Bundesregierung sollte die laut europäischen Vorgaben notwendige Weiterentwicklung des Finanzierungsrahmens für die Erneuerbaren intensiv mit der Branche diskutieren, bevor falsch abgebogen wird“, so Ugolini-Schmidt, „nur so können Rückschritte bei der Energiewende verhindert werden wie im Jahr 2017, als im Rahmen der Einführung des Ausschreibungssystems der Windenergieausbau in Süddeutschland zeitweise vollständig zum Erliegen kam.“

Darüber hinaus sei wichtig, dass es auch einen starken Impuls für den rein marktlich getriebenen EE-Ausbau über Power-Purchase-Agreement (PPA) gebe. Insbesondere für kleine und mittelständische Akteure sind PPA aufgrund von Ausfallrisiken und höherer energiewirtschaftlicher Anforderungen nach wie vor schwer zu händeln. „Hier könnte ein bundesweites Bürgschaftsprogramm für PPA Abhilfe schaffen“, schlägt Ugolini-Schmidt vor. na

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