Europäische Union: Bürger fordern mehr Schutz vor der Klimakrise
Klimaschutz kein Thema mehr? Im Gegenteil, die Europäer sind sich den Gefahren der Klimakrise bewusst und verlangen von der Politik mehr Anstrengung. Das zeigt eine europaweite Umfrage.
12.11.2024 – Über 23.000 Menschen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nahmen an der Umfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB) teil und geben ein deutliches Bild ab: Mehr als neun von zehn Menschen (94 Prozent) in der EU unterstützen grundsätzlich Anstrengungen für Klimaanpassungsmaßnahmen. Sie sind sich also der Gefahren bewusst und Verlangen zum Großteil auch mehr und schnellere Maßnahmen.
85 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass es schnellere Investitionen in die Klimaanpassung bedarf, um noch höhere Kosten in der Zukunft zu vermeiden. Rund die Hälfte der Befragten in den EU-Ländern gab an, dass Klimaanpassung in den kommenden Jahren prioritär behandelt werden müsste. Hierbei zeigten sich in der im August durchgeführten Umfrage aber Unterschiede in den Ländern. Tendenziell räumen die Menschen in den südeuropäischen Ländern Klimaanpassungsmaßnahmen eine höhere Bedeutung bei als in Mittel und Nordeuropa – so vor allem in Portugal, Spanien, Italien und Griechenland.
Länder die in den letzten Monaten und Jahren deutlich häufiger und schwerer von Klimakrisen bedingten Extremwetter-Ereignissen heimgesucht wurden -insbesondere Hitze- und Dürreepisoden sowie schweren Regenfällen mit Sturzfluten. Zuletzt brach über die Ostküste Spaniens die schlimmste Unwetterkatastrophe seit Jahrzehnten herein. Über 200 Menschen starben in den Fluten, die Folge besonders heftiger Regenfälle waren, mit dem Epizentrum rund um die Stadt Valencia. In der Folge wurde Kritik an den Behörden laut, die zu spät die Bevölkerung offiziell warnten. Auch konnten die angelegten Flussbetten die immensen Wassermassen nicht mehr aufnehmen.
Die Katastrophe ist eine Folge des Wetterphänomens „Dana“, das im Herbst häufig an der Ostküste Spaniens auftritt und durch die Klimakrise verstärkt wird. Dana hat starke Regenfälle auf den Landmassen zufolge, da kalte Luftmassen in der oberen Atmosphäre auf verdunstetes Wasser aus dem erwärmten Meer treffen. Infolge der globalen Erwärmung, die auch die Meerestemperaturen extrem erhöhen, verdunstet deutlich mehr Wasser, dass von den Wolken an Land getragen wird und dort abregnet. Die Erwärmung der Meere um ein Grad, führt zu durchschnittlich sieben Prozent mehr Niederschlag.
„Jeder investierte Euro in Schutzmaßnahmen und Resilienz spart zwischen fünf und sieben Euro, die für Wiederaufbaumaßnahem nach Unwetterkatastrophen geleistet werden müssen“, sagt EIB-Präsidentin Nadia Calviño. 80 Prozent der Befragten Europäer gaben an mindestens ein extremes Wetterevent in den letzten fünf Jahren erlebt zu haben. 68 Prozent hatten unter mindestens einer Konsequenz aus den Wetterextremen zu leiden. Darunter fielen vor allem Transportausfälle, Stromausfälle, gesundheitliche Probleme sowie Zerstörung natürlicher Lebensräume in der Umgebung.
72 Prozent der Menschen insgesamt und 81 Prozent der Menschen in Südeuropa sehen an, dass sie ihren Lebensstil ändern müssen angesichts der Klimakrise. Und es sind in der Tendenz mehr Menschen in südeuropäischen Ländern, die sagen, dass sie aufgrund der Klimakrise in andere Regionen ziehen müssen, die kühler sind oder nicht die Gefahr extremer Wetterereignisse bergen.
Mit 42 Prozent wichtigste geforderte Klimaanpassungsmaßnahme der Bevölkerung ist die Kühlung von Städten, etwa mit mehr Bäumen und Grünanlagen. 39 Prozent gaben an Infrastrukturen, etwa gegen Fluten zu verbessern. 38 Prozent forderten eine bessere Bildung zum Verhalten bei Extremwettern.
Laut eines Berichts der Europäischen Umweltagentur vom März dieses Jahres bereitet sich Europa ungenügend auf die wachsenden Risiken der Klimakrise vor. Viele der Risiken hätten bereits kritische Niveaus erreicht und könnten ohne sofortige, entschlossene Maßnahmen katastrophale Ausmaße annehmen.
In Deutschland sahen sich laut einer Umfrage des Umweltbundesamt 77 Prozent der Kommunen in den vergangenen zehn Jahren von den Folgen extremer Wetterereignisse und/oder anderen negativen Klimawandelfolgen betroffen. Viele Gemeinden reagieren: Über 40 Prozent der Kommunen haben bereits Maßnahmen zur Klimaanpassung umgesetzt, weitere knapp 40 Prozent planen entsprechende Maßnahmen.
Hierzu gehört etwa, klimaangepasste Baumarten zu pflanzen, Bebauungsgrenzen festzulegen, um Versiegelung und damit einhergehende Aufwärmung und schnellen Abfluss von Regenwasser zu bremsen, Gewässer zu renaturieren und die Bevölkerung über Gefahren und vorsorgende Schutzmaßnahmen zu informieren. mg