Der detailliertere Blick auf den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD zeigt: Es fehlt an konkreten Vorgaben, Flächenzielen und verbindlichen Zeitplänen für den Waldumbau. Die Mittel bleiben programmatisch, nicht strategisch. Ohne klare Vorgaben zur Verwendung, Zielsetzung und Erfolgskontrolle verpufft das Geld für den klimaresilienten Waldumbau. möglicherweise wirkungslos. Deutschland hat seit den letzten Dürrejahren rund 800.000 Hektar Wald verloren – 7 Prozent der Gesamtwaldfläche. Angesichts der sich fortsetzenden Dürreereignisse sind neue Kalamitäten absehbar.
Was zum naturnahen Waldumbau fehlt – trotz Finanzierung
Der Vertrag nennt zwar die Notwendigkeit klimaresilienter Mischwälder, verweist auf regionale Verantwortung und möchte eine „verstärkte Aufforstung mit standortgerechten Baumarten“. Das war es dann aber auch. Jeder Waldbesitzer kann selbst festlegen, welche Bäume das sind.
Es fehlt eine jagdliche Strategie, um den massiven flächigen Verbiss durch Schalenwild einzudämmen, beispielsweise mittels endlich ausgeführten offiziellen Abschussplänen mit körperlichem Nachweis. Auch weitere Maßnahmen wie eine gezielte Förderung der natürlichen Sukzession, die Integration von Biodiversitätszielen in die Waldwirtschaft oder der Umbau kommunaler Forste nach ökologischen Kriterien fehlen völlig. Stattdessen bleibt vieles im Vagen.
Notwendig wären:
- Ein klarer nationaler Aktionsplan für den Waldumbau, mit jährlichen Flächenzielen, Monitoringmechanismen und ökologischen Standards auch zu einer effektiven Bejagung
- Förderung naturnaher Waldformen, (Naturverjüngung, klimaresiliente Mischbaumarten und Prozessschutzflächen)
- Einbindung von Kommunen und privaten Waldbesitzer:innen mit gezielter Beratung, Förderung und Anreiz zur ökologischen Bewirtschaftung
- die Kohlenstoffbindung der Wälder strategisch mit Biodiversitätsschutz verknüpfen
- Wasserhaushalte durch Waldumbau stabilisieren (insbesondere in Hanglagen und Quellregionen)
- Verknüpfung mit anderen Politikfeldern, z. B. Moorschutz, Wasserrückhalt, Wildtiermanagement, Vertragsnaturschutz
Derzeit ist zu befürchten, dass die 100 Millionen Euro lediglich punktuell fließen, ohne systemisch wirksam zu werden. Die Politik muss dafür sorgen, dass Mittel nicht in bloße Aufforstungsmaßnahmen nach wirtschaftlichen Kriterien fließen, sondern integraler Teil einer großflächigen und langfristigen ökologischen Waldstrategie sind.
Naturschutz, Biodiversität– Ziele ohne Verbindlichkeit
Der Koalitionsvertrag definiert das Ziel, bis zu 15 Prozent der Offenlandflächen und Gewässerränder für den Biotopverbund bereitzustellen. Doch konkrete Umsetzungsschritte fehlen auch dafür.
Europa ist der Kontinent, der sich gerade am stärksten erwärmt, vor dem Hintergrund der Klimaprognose von 2,7° Celsius ist es nicht nachvollziehbar, warum die Wiedervernässung von Mooren freiwillig bleiben soll. Sie ist ein effizientes und günstiges Mittel Klima-, Wasser- und Biodiversitätsschutz in der Fläche umzusetzen. Die einfache Formel lautet hier: Moor muß nass! Erschwerend kommt hinzu, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen abgebaut, Schwellenwerte angehoben oder Verfahren gleich ganz ausgesetzt werden sollen. Das konterkariert jede ökologische Planung und untergräbt Vertrauen und Wirksamkeit.
Landwirtschaft und Wirtschaft – Biodiversität weiter unter Druck
Die industrielle Landwirtschaft bleibt ein Haupttreiber des Artensterbens. Vertragsnaturschutz müsste systematisch ausgebaut werden, doch auch hier bleibt der Vertrag zu vage. Besonders fatal ist der Rückschritt bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD). Kleine und mittlere Unternehmen sollen de facto ausgenommen werden – ein Rückschlag für Transparenz, ökologische Verantwortung und Fortschritt bei der ökologischen Transformation.
Fazit: Ökosysteme brauchen mehr als Überschriften
Im neuen Koalitionsvertrag 2025 sind viele Ziele in den Bereichen Klima- und Naturschutz unverbindlich formuliert und nicht mit Maßnahmen, Fristen oder Rechtsverbindlichkeit unterlegt. Der naturnahe Waldumbau, so dringend wie unumgänglich, bleibt in seinen Potenzialen weitgehend ungenutzt. Dabei gilt eigentlich: Unsere ökologischen Lebensgrundlagen sind nicht verhandelbar.