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Klimaschutzindex 2025Deutschland fällt beim Klimaschutz zurück

Blick auf schottische Küste mit Häusern und Windrädern
Windpark an der Küste Schottlands. Großbritannien hat im Klimaschutz-Index viele Plätze gut gemacht. Ende September wurde in Großbritannien das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet. (Foto: Vincent van Zeijst auf Wikimedia / CC BY 3.0)

In fast allen emissionsstarken Staaten sind Elektrifizierung und Erneuerbare Energien mit Wucht auf der Überholspur. Der Klimaschutz-Index zeigt aber auch, dass die Abkehr von fossilen Energien, insbesondere von Gas, nicht konsequent genug erfolgt.

21.11.2024 – Der jährliche Klimaschutzindex vergleicht mittlerweile 63 Länder plus die EU gesamt hinsichtlich ihrer Klimaschutzbemühungen: dem Ausbau Erneuerbarer Energien, der Minderung von Emissionen, Energieverbrauch und Effizienz sowie Klimaschutzpolitik. Die Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung: Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass sich die Welt am Wendepunkt befindet und der Höhepunkt der weltweiten Emissionen in greifbare Nähe rückt.

Aber die Staaten performen nicht in allen Kategorien gleich gut. „Während 61 von den 64 untersuchten Staaten den Anteil Erneuerbarer Energien in den vergangenen fünf Jahren ausgebaut haben, haben 29 Staaten noch immer einen schlechten oder sehr schlechten Emissionstrend“, erklärtJan Burck von Germanwatch und Hauptautor des CCPI (Climate Change Performance Index 2025).

Auch in Deutschland ist das Bild nicht eindeutig. Die Fortschritte beim Ausbau Erneuerbarer Energien zeigen sich im Strommix, dort steigt der Anteil der Erneuerbaren sichtbar. Jedoch kommt die Elektrifizierung in den Problembereichen Verkehr und Gebäude bisher zu wenig an. Die Platzierung Deutschlands hat sich aufgrund des Stillstands im Verkehrs- und teilweise Gebäudebereich im Vergleich zum Vorjahr um zwei Plätze verschlechtert, mit Platz 16 reicht es nur noch für den Bereich „mäßig“ statt „gut“ – sechs EU-Staaten schneiden besser ab. Bereits im letzten Jahr war Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um drei Plätze nach hinten gerutscht.

Die Autoren des Klimaschutzindex lesen aus den Daten ab, dass sich die Welt am Wendepunkt befinden könnte, an dem die weltweiten Emissionen nicht weiter steigen. Nun komme es darauf an, in einen schnellen Sinkflug zu kommen. Allerdings zeigt der Index eindrucksvoll „wie groß der Widerstand der fossilen Lobby ist“, bemerkt Niklas Höhne vom NewClimate Institute und Co-Autor des CCPI. In den USA sei die fossile Lobby mitentscheidend dafür gewesen, Trump zurück ins Weiße Haus zu hieven. Und die vier Letztplatzierten – Iran, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Russland gehörten zu den größten Öl- und Gasproduzenten der Welt. Der Anteil Erneuerbarer in ihrem jeweiligen Energiemix liegt unter drei Prozent. „Dort ist keine Abkehr vom fossilen Geschäftsmodell erkennbar.“

Deutschland mit Fortschritten beim Emissionstrend

In Deutschland tut sich etwas bei den Emissionen: Zwar bedeuten noch immer vergleichsweise hohe Pro-Kopf-Emissionen eine schlechte Platzierung in der Kategorie Emissionslevel. Da ist Deutschland nur auf Platz 41. Dem entgegen steht aber ein recht guter Trend bei der Emissionsentwicklung, da reicht es für die Top Ten. „Die nächste Bundesregierung sollte die Chance ergreifen, diesen Trend mit wirksamen Maßnahmen im Verkehrs- und Gebäudebereich zu beschleunigen, um die selbst gesetzten Klimaziele zu erreichen“, fordert Thea Uhlich von Germanwatch, ebenfalls Co-Autorin.

Dänemark ist das vierte Jahr in Folge der Vorreiter beim Klimaschutz. Allerdings reicht es auch hier nur für die Bewertung „gut“ und Platz 4, da auch das beste Land noch nicht genug zum Erreichen der Pariser Klimaziele tut. Dänemark ist seit Jahren vor allem bei Erneuerbaren Energien einer der Vorreiter, zudem erreicht es in diesem Jahr als einziges Land ein „gut“ in der Kategorie Klimapolitik. Bei den Erneuerbaren Energien liegt Dänemark nur knapp hinter Norwegenund Schweden auf Platz 3 – in diesem Bereich erreichen zum ersten Mal überhaupt drei Länder ein „sehr gut“. Die am CCPI beteiligten Expert:innen für Dänemark loben vor allem die internationale Klimapolitik, zum Beispiel das Engagement beim Umgang mit Schäden und Verlusten.

Großbritannien auf Achterbahn-Kurs

Einer der größten Absteiger des Vorjahres ist einer der größten Aufsteiger in diesem Jahr: Großbritannien preschte von Platz 20 hoch auf Platz 6. Der Regierungswechsel hat vor allem in der Kategorie Klimapolitik zu einem steilen Aufstieg um 38 Plätze auf Rang 8 geführt. Die neue Regierung ist deutlich ambitionierter in ihrer Klimapolitik, hat den Kohleausstieg in diesem Jahr als erstes G7-Land erfolgreich abgeschlossen und zugesagt, keine neuen fossilen Projekte zu genehmigen. Die Expert:innen des Landes bemängeln allerdings noch, dass die Abkehr von Öl und Gas zu schleppend verläuft, um das ambitionierte Klimaziel für 2030 zu erreichen – minus 68 Prozent Emissionen im Vergleich zu 1990.

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Größte Absteiger: Schweiz, Finnland, Argentinien

Zu den größten Absteigern gehören die Schweiz  (minus zwölf Plätze auf Rang 33), Finnland  (minus elf auf 37) und Argentinien  (minus sechs auf 59). Alle drei Länder haben vor allem bei der Bewertung der Klimapolitik erheblich schlechtere Noten bekommen. Argentiniens neuer Präsident Milei leugnet sogar den menschgemachten Klimawandel. Entsprechend ist sein Land in der Bewertung der Klimapolitik unter die letzten Fünf gerutscht und im Gesamttableau unter die letzten Zehn.

Kein EU-Staat mehr „sehr schwach“, sechs Länder „gut“

Die EU als Ganzes kann ihre Vorjahresplatzierung ungefähr halten, rangiert nun auf Platz 17, aber damit nur noch unter den als „mittelmäßig“ bewerteten Staaten. Der Green Deal enthält große Fortschritte in der Klimapolitik, die bisher ergriffenen Maßnahmen reichen aber noch nicht dafür aus, dass die EU global betrachtet, ihren fairen Anteil an der Emissionsreduktion leistet. Positiv fällt auf, dass kein einziges EU-Land als „sehr schlecht“ bewertet wird – Polen konnte sich nach dem Regierungswechsel aus dieser Kategorie lösen (von Rang 55 hoch auf 47). Während aber noch immer elf EU-Staaten als „schlecht“ bewertet werden, schaffen es nur sechs in die Kategorie „gut“.

Größte Emittenten China und USA auf hinteren Rängen

Die beiden größten Emittenten weltweit, Chinaund die USA, finden sich in der Kategorie „sehr schlecht“ wieder. Die USA rangieren unverändert auf Rang 57. Für China bedeutet Rang 55 die schlechteste Platzierung seit der Methodenüberarbeitung im CCPI 2018. „Während Bidens Inflation Reduction Act und andere Maßnahmen in den USA positive Impulse für Erneuerbare setzen konnten, sind die Emissionen pro Kopf mit 15,8 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr noch immer sehr hoch. Die Wahl von Donald Trump ist sicher keine gute Nachricht, aber wie stark eine künftige Trump-Regierung die Klimapolitik zurückwerfen wird, bleibt abzuwarten. Auch Trump kann den Boom der erneuerbaren Energien nicht aufhalten“, betont Niklas Höhne.

Der Erneuerbaren-Ausbau in China verläuft rasant. Der Höhepunkt der Emissionen könnte nahezu erreicht sein, was die Autoren als echten Meilenstein und wichtigen Treiber weltweit bewerten. Im ersten Quartal dieses Jahres sind die Emissionen erstmals gesunken, ohne dass eine Konjunkturflaute der Grund gewesen wäre. Doch eine klare Abkehr von fossilen Energien sei noch nicht zu erkennen.

Hintergrund zum Klimaschutz-Index

Der von  Germanwatch und NewClimate Institute  veröffentlichte Klimaschutz-Index (Climate Change Performance Index, CCPI) ist eine Rangliste von 63 Ländern plus EU gesamt, die zusammen für mehr als 90 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Die vier bewerteten Kategorien sind: Treibhausgasemissionen (40%), Erneuerbare Energien (20%), Energieverbrauch (20%) und Klimapolitik (20%). Letztere basiert auf Expert:innen-Bewertungen von Organisationen und Think Tanks aus den jeweiligen Ländern. In diesem Jahr haben den Index rund 450 Expert:innen unterstützt. Innerhalb der Kategorien Emissionen, Erneuerbare Energien und Energieverbrauch bewertet der Index auch, inwieweit die Länder angemessene Maßnahmen ergreifen, um auf einen Pfad zu gelangen, der mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar ist. Damit ist der Klimaschutz-Index ein wichtiges wissenschaftliches Instrument, das die Transparenz in der internationalen Klimapolitik erhöht und einen Vergleich der Klimaschutzbemühungen der einzelnen Länder ermöglicht. Er wird seit 2005 jährlich veröffentlicht. pf

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