European State of the ClimateDie Klimakrise hat Europa voll im Griff

Städtische Szene nach einer Überschwemmung in Paiporta (Spanien) im Oktober 2024. Der Boden ist stark mit Schlamm bedeckt, große Pfützen haben sich gebildet. Mülltonnen und Schilder sind umgestürzt oder beschädigt, ein Zebrastreifenschild ist schief. Trümmer, Äste und Müll liegen verstreut. Im Hintergrund sind Wohngebäude und geparkte Autos zu sehen. Die Bäume stehen noch, aber die Umgebung wirkt verwüstet und chaotisch.
Folgen des Unwetters Dana im Herbst 2024 in der Region Valencia, eines der schlimmsten europäischen Naturkatastrophen 2024 (Bild: Enkantari, Wikimedia, Public Domain)

Extreme Hitze und extreme Überschwemmungen – Ein neuer, umfassender Bericht zeigt das ganze Ausmaß, in dem sich das europäische Klima befindet. Wetterextreme sind die neue Normalität.

16.04.2025 – Das Jahr 2023 war das wärmste bis dato gemessene Jahr in Europa, inzwischen aber übertroffen von 2024. Das haben der Copernicus Climate Change Service und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) im Rahmen ihres gestern veröffentlichten Berichts European State of the Climate ermittelt. Mit Rekordtemperaturen auf fast der Hälfte des Kontinents war 2024 das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1950.

Zu heiß war es vor allem im Osten und Südosten Europas, wie die folgende Karte zeigt. Auch innerhalb Deutschlands zeigten sich Unterschiede. Der Osten war stärker von Hitzeanomalien betroffen als der Westen. Aber nur wenige Regionen in Spanien, Frankreich und Italien konnten das Temperaturdurchschnittsniveau halten. Lediglich in Island war es kälter als im vorherigen Durchschnitt.

Größere Unterschiede hingegen zeigten sich 2024 bei den Niederschlagsanomalien. Während es in vielen Ländern des Ostens deutlich zu trocken war, hatten Regionen rund um die Alpen, in Deutschland, Belgien und Frankreich und ganz lokal rund um das spanische Valencia mit deutlich höheren Niederschlagsmengen zu kämpfen als im langjährigen Mittel.

Laut des Berichts von Copernicus und der WMO, forderten heftige Stürme und weit verbreitete Überschwemmungen mindestens 335 Todesopfer und betrafen schätzungsweise 413.000 Menschen. Es waren europaweit die schwersten Überschwemmungen seit 2013. Fast ein Drittel des Flussnetzes war von Überschwemmungen betroffen, die mindestens die Hochwasserschwelle überschritten.

Im November 2024 brach über die Ostküste Spaniens die schlimmste Unwetterkatastrophe seit Jahrzehnten herein. Über 200 Menschen starben in den Fluten, die Folge besonders heftiger Regenfälle waren, mit dem Epizentrum rund um die Stadt Valencia. Die Katastrophe ist eine Folge des Wetterphänomens „Dana“, das im Herbst häufig an der Ostküste Spaniens auftritt und durch die Klimakrise verstärkt wird. Dana hat starke Regenfälle auf den Landmassen zufolge, da kalte Luftmassen in der oberen Atmosphäre auf verdunstetes Wasser aus dem erwärmten Meer treffen.

Infolge der globalen Erwärmung, die auch die Meerestemperaturen extrem erhöhen, verdunstet deutlich mehr Wasser, dass von den Wolken an Land getragen wird und dort abregnet. Die Erwärmung der Meere um ein Grad, führt zu durchschnittlich sieben Prozent mehr Niederschlag. Laut Analyse von Copernicus und WMO lag die Meeresoberflächentemperatur 2024 in ganz Europa 0,7 Grad über dem langjährigen Durchschnitt. Das Mittelmeer verzeichnete mit 1,2 °C über dem Durchschnitt sogar die höchste seit Beginn der Aufzeichnungen.

Das warme Mittelmeer sorgte auch im Sommer vergangenen Jahres für extreme Niederschläge in Österreich, Rumänien, Tschechien und Polen. Die Stadt Wien wurde nur durch ein seit Jahrzehnten bestehendes und immer weiter verfeinertes, ausgeklügeltes Hochwasserschutzsystem vor schlimmeren bewahrt.

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WMO-Generalsekretär Celeste Saulo sagte zur Veröffentlichung: „Dieser Bericht unterstreicht, dass Europa der Kontinent ist, der sich am schnellsten erwärmt und am stärksten von extremen Wetterereignissen und dem Klimawandel betroffen ist. Jeder zusätzliche Bruchteil eines Grades beim Temperaturanstieg ist von Bedeutung, da sich dadurch die Risiken für unser Leben, unsere Wirtschaft und unseren Planeten erhöht.“

Neben Klimaschutz erklärte Saulo, wie auch Florence Rabier, Generaldirektorin des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage, Klimaanpassung für einen immens wichtigen Faktor künftiger Bestrebungen der europäischen Länder angesichts der Klimakrise. Laut einem Bericht der Umweltagentur der Europäischen Union aber, bereitet sich der Kontinent ungenügend auf die wachsenden Risiken vor.

Insbesondere für die Ökosysteme Küste und Meer, sowie Wälder sei sofortiges zusätzliches Handeln erforderlich. Auch in Sachen Ernährung, Gesundheit und kritischer Infrastruktur gebe es Defizite. Auch sei das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem durch die Klimakrisen bedingten Wetterextreme zunehmend gefährdet.

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Der Bericht von Copernicus und WMO dagegen sieht auch Fortschritte. 51 Prozent der europäischen Städte hätten spezifische Pläne zur Anpassung an den Klimawandel eingeführt und mit der Umsetzung begonnen. Dies sei ein ermutigender Fortschritt im Vergleich zu 26 Prozent im Jahr 2018. Positiv hervorgehoben werden etwa Paris, mit weniger Autos und vielen neuen Bäumen und Parkanlagen. Ähnliches gilt für die Entwicklung in Mailand.

In Deutschland haben bereits 40 Prozent der Kommunen Maßnahmen zur Klimaanpassung umgesetzt, weitere 40 Prozent haben dies vor. Vielen Kommunen aber fehlt das Geld und Personal, um langfristige Klimaschutz-Maßnahmen umzusetzen. Von vielen wird eine Grundgesetzänderung für zukunftsfähige Kommunen gefordert. Dafür bräuchte es die Einführung von Klimaschutz und Klimaanpassung als weitere Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz.

Im letzte Woche vorgelegten Koalitionsvertrag steht, man wolle eine solche Einführung prüfen. Ebenso wie Maßnahmen für „blau-grüne Infrastruktur“ und den „Wasserrückhalt in der Fläche und die Grundwasserneubildung“. Angesichts der wieder einmal grassierenden Dürre in Deutschland erscheinen solche Maßnahmen dringend erforderlich. mg

Kommentare

Gernot Kloss vor 1 Woche

Alles vor Jahren schon vorausgesagt in dem zeit- und gesellschaftskritischen Sachbuch – Warum wir versagen im Kampf gegen den Klimawandel –.

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