Internationale CO2-Steuer: Eine historische Entscheidung für die Schifffahrt mit Lücken

Eine CO2-Steuer für die internationale Schifffahrt soll kommen, aber nur wenn Staaten keine ausreichenden Beiträge zur Emissionsreduktion leisten. Die USA drohen mit Gegenmaßnahmen.
15.04.2025 – Künftig soll eine Mindeststeuer von 100 US-Dollar pro ausgestoßene Tonne Kohlendioxid fällig werden, die Schiffe auf internationalen Wasserstraßen ausstoßen. Darauf einigten sich die Mitgliedsstaaten der International Maritime Organization – eine Vereinigung innerhalb der Vereinten Nationen – letzte Woche Freitag bei einer Tagung in London. Die Einigung ist ein Durchbruch und die erste Ihrer Art, um die internationale Schifffahrt auf Klimaschutzkurs zu bringen. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist der Sektor inzwischen für drei Prozent der jährlichen globalen Emissionen verantwortlich und damit im gleichen Maße wie die weltweite Luftfahrt.
Doch die Sache hat mehrere Haken. Zum einen Ist die Entscheidung keine Konsensentscheidung. Am Ende stimmten 63 Staaten für die neuen Regeln, 16 sprachen sich dagegen aus. Die USA nahmen gar nicht erst an der Tagung teil. Schon vorab ließ das Weiße Haus verlautbaren, das mögliche neue Regeln, die negative wirtschaftliche Folgen haben könnten, abgelehnt werden. Man wolle in diesem Fall noch nicht näher definierte Gegenmaßnahmen ergreifen. In der Europäischen Union wurde die Schifffahrt 2024 in das Emissionshandelssystem ETS aufgenommen. Die Einigung dazu wurde 2022 erzielt.
Die nun erzielte Einigung der IMO hat des Weiteren Lücken und muss in mehreren Punkten noch genauer definiert werden. Die 100 US-Dollar Mindeststeuer soll erst dann erhoben werden, wenn die Mitgliedsstaaten keine ausreichenden Beiträge zu einem neu zu schaffenden Netto-Null-Fonds beitragen. Auch soll die Steuer erst greifen, wenn die Schiffe der verschiedenen Länder einen noch genauer zu definierenden CO2-Grenzwert nicht einhalten.
„In diesem Beschluss kommt das Verursacherprinzip erstmals weltweit zur Geltung. Das ist ein echter Durchbruch und stellt einen wichtigen Präzedenzfall auch für andere Sektoren dar. Allerdings ist das Abkommen in wichtigen Punkten unzureichend: Es fehlt an Klarheit, Ambition und ausreichenden Finanzmitteln, um den Wandel zur Klimaneutralität zu unterstützen. Die geplanten Reduktionsziele sind noch kein fairer Anteil an den international zugesagten Klimazielen“, sagt Nouhaila Zaki, Referentin für Steuern für Klimafinanzierung bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch.
Geschätzte 10 Milliarden US-Dollar sollen jährlich in den Netto-Null-Fonds fließen, der die internationale Schifffahrt insgesamt, aber insbesondere einkommensschwache Länder bei der grünen Transformation der Schifffahrt unterstützen soll, so der Anspruch der IMO. Zudem soll die Verwendung von Netto-Null-Kraftstoffen in diesem System zusätzlich belohnt werden. Doch auch dieser Mechanismus bleibe weit hinter dem zurück, was nötig wäre, kritisiert Zaki. „Er müsste sowohl sinnvolle Belohnungen für ZNZ-Kraftstoffe als auch eine solide Unterstützung für Klimaanpassung, Widerstandsfähigkeit und Infrastruktur in den am wenigsten entwickelten Ländern und kleinen Inselstaaten bieten. Das wird so nicht funktionieren, auch weil die Bepreisung nur rund 10 Prozent der Gesamtemissionen betrifft.“
Bei der Abstimmung fehlte nicht nur die Zustimmung von Staaten wie Saudi-Arabien oder den abwesenden USA, die sich grundsätzlich gegen eine CO2-Steuer für die Schifffahrt stellen, sondern auch die von der Klimakrise besonders betroffenen Staaten, denen die Entscheidung nicht weit genug ging. Die Europäische Union stellte sich bei den Verhandlungen nicht klar auf die Seite der besonders vulnerablen Staaten.
Emma Fenton, Direktorin für Klimadiplomatie bei der britischen NGO Opportunity Green, kritisierte: „Die IMO hat eine historische Situation ausgeschlagen, das Durchhaltevermögen, die Führungsstärke und den Ehrgeiz der vom Klimawandel besonders betroffenen Staaten – darunter Inselstaaten im Pazifik, in der Karibik und in Afrika – zu unterstützen, die an vorderster Front der Klimakrise stehen. Dass sich viele dieser Länder bei der Abstimmung enthalten haben, zeigt, dass die Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen, um der Krise angemessen zu begegnen.“
Grundsätzlich strebt die IMO an bis 2050 Netto-Null Emissionen zu erreichen. Auf dem Weg dahin, sollen bis 2030 die jährlichen Treibhausgasemissionen um mindestens 20 Prozent im Vergleich zu 2008 sinken, bis 2040 soll die Emissionsreduktion mindestens 70 Prozent betragen. Auf der nächsten Konferenz der IMO im Oktober sollen Details zu der am Freitag erzielten Einigung ausgearbeitet werden. mg