Hamburger Zukunftsentscheid: Hamburg stimmt über Klimaschutzgesetz ab

Der Hamburger Zukunftsentscheid will eine soziale, planbare und verantwortungsbewusste Klimapolitik schaffen – und hat zu diesem Zweck ein eigenes Klimagesetz verfasst. Nun stimmt Hamburg am 12. Oktober über seine Klimazukunft ab.
10.10.2025 – Der Hamburger Zukunftsentscheid will mit dem neuen Klimagesetz jährliche Klimaziele einführen, die Klimaneutralität von 2045 auf 2040 vorziehen, und die Klimawende sozialverträglich umsetzen. Für den Gesetzestext wurde die Initiative von der Hamburger Wissenschaft sowie der Rechtsanwältin und Richterin des Hamburgischen Verfassungsgerichts Roda Verheyen, aus der Wirtschaft, von Sozialverbänden und den zuständigen Hamburger Behörden beraten. Ein Kernteam organisierte über drei Jahre die verschiedenen Stufen des Volksentscheids, und hunderte Freiwillige sammelten Unterschriften auf der Straße. Felix Oldenburg war von Anfang an dabei, und erzählt, wie die Hamburger ihre Klimazukunft selbst in die Hand nehmen.
Der Hamburger Zukunftsentscheid bringt ein Gesetz für mehr Klimaschutz in Hamburg zur Abstimmung. Wie ist das Projekt entstanden?
Eine Gruppe von Leuten, die sich zum Teil aus aktivistischen Kontexten kannten, haben einen Volksentscheid als Möglichkeit gesehen, Hamburg klimapolitisch wirklich nach vorne zu bringen und einen Unterschied zu machen. Wir wollen die Rechtslage nachhaltig verbessern und aufzeigen, dass es in der Gesellschaft immer noch Mehrheiten für Klimaschutz gibt. Wir stecken gerade an einem merkwürdigen Punkt im Diskurs. Es wird immer wieder gesagt, dass man die Leute nicht überfordern dürfe oder Leute keinen Klimaschutz mehr wollen. Empirisch stimmt das nicht. Wir haben den Entscheid vor allen Dingen auch als Chance gesehen, das ganz unmittelbar sichtbar zu machen.
Was genau steht im Hamburger Klimaschutzgesetz, das am Sonntag zur Abstimmung steht?
Erstens wollen wir einen Steuerungsmechanismus in der Politik in Hamburg bekommen. Das Gesetz schreibt jährliche Klimaschutzziele vor. Bisher haben wir nur ein Klimaziel für 2030 und dann erst wieder eines für 2040. Unser Gesetz führt jährliche Klimaziele ein. Damit wird überprüfbar, ob wir auf dem richtigen Weg sind, ob wir genug tun, oder ob mehr getan werden muss. Hamburg kriegt damit auch als einziges Bundesland in Deutschland ein konkretes CO2-Budget. An die jährlichen Klimaziele ist auch eine Sofortprogrammpflicht geknüpft. Falls die Klimaziele in einem Jahr verfehlt werden, werden sie nachträglich auf das beschränkt, was Hamburg auf Landesebene tatsächlich auch erreichen kann, weil natürlich auch Maßnahmen auf Bundesebene und europäischer Ebene einen großen Einfluss darauf nehmen, wie wir klimapolitisch vorankommen.
Die zweite Sache ist, dass wir die Klimaneutralität von 2045 auf 2040 vorziehen. Das ist mit einigen Bundesländern im Norden schon so: Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen wollen alle bis spätestens 2040 klimaneutral sein. Drittens schreiben wir die verbindliche Sozialverträglichkeit von allen Klimaschutzmaßnahmen fest. Das heißt, es muss bei jeder Maßnahme überprüft werden, was die sozialen Auswirkungen sind. Für Haushalte mit geringerem oder mittlerem Einkommen sollen dann gegebenenfalls zusätzliche Unterstützungsleistungen ermöglicht werden wie Härtefallklauseln, Übergangsregelungen oder eben auch zusätzliche Förderung. Das sind die drei Kerninhalte des Gesetzes.
Was ist der nächste Schritt für den Zukunftsentscheid?
Wir sind jetzt in der dritten Phase. Der Gesetzgebungsprozess in Hamburg hat drei Phasen. Das erste ist die Volksinitiative, da müssen mindestens 10.000 Unterschriften in sechs Monaten gesammelt werden. Das haben wir im Januar 2024 gemacht. Dann kommt das Volksbegehren. Da müssen mindestens 65.000 Unterschriften in drei Wochen gesammelt werden. Das haben wir letztes Jahr im Oktober gemacht und über 100.000 Unterschriften in drei Wochen gesammelt. Am 12. Oktober steht nun tatsächlich der Volksentscheid an, das heißt, die Hamburgerinnen und Hamburger, die wahlberechtigt sind, dürfen unmittelbar über den Gesetzentwurf abstimmen. Stimmt eine Mehrheit der Abstimmenden zu, und mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten in Hamburg, dann ist der Entscheid angenommen und das Gesetz tritt unmittelbar in Kraft.

Felix Oldenburg vom Hamburger Zukunftsentscheid (Foto: privat).
Wie erreicht Ihr Hamburg?
Der Kern ist unsere große Plakatkampagne und mit den Hamburger:innen direkt ins Gespräch zu kommen, vor allen Dingen über die Leute, die ehrenamtlich bei uns tätig sind. Wir machen recht viel Haustürwahlkampf, und kooperieren mit vielen Veranstaltungen, zum Beispiel Kampf der Künste und die Hamburger Theater. Wir sind auch mit Infoständen auf verschiedenen Straßenfesten oder anderen Veranstaltungen. Unsere Kampagne mit vielen bekannten Hamburger Gesichtern ist überall in Hamburg zu sehen.
Wie viele Leute engagieren sich für den Hamburger Zukunftsentscheid?
Der engere Kreis, der die Initiative kontinuierlich über die zweieinhalb Jahre getragen hat, sind etwa 25 Leute. Für das Unterschriften sammeln hatten wir bis zu 600 Freiwillige, die auf Hamburgs Straßen unterwegs waren und Unterschriften gesammelt haben. Das Projekt wurde von Anfang bis Ende von ehrenamtlichen Strukturen getragen, und hat keinerlei hauptamtlich Beschäftigte. Wir haben insgesamt über 130.000 Unterschriften für mehr Klimaschutz in Hamburg gesammelt. Das war nur möglich, weil sich so viele Leute ehrenamtlich eingebracht haben, neben Beruf, Studium und sonstigen Tätigkeiten ihre Freizeit dafür eingesetzt haben, um zum Teil bei Schnee und Regen auf der Straße zu stehen und Unterschriften zu sammeln. Das ist sehr wertvoll. Ich finde es wichtig zu zeigen, was für ein unglaublicher Einsatz dahintersteckt.
Am kommenden Sonntag, den 12. Oktober 2025, stimmt Hamburg beim Volksentscheid über das Klimagesetz ab. jb


















































Kommentare
Rainer Doemen am 11.10.2025
am 12.10.2025 wird endgültig über den Hamburger Zukunftsentscheid abgestimmt. Wir waren heute auf dem Rathausplatz Hamburg mit vielen Personen zusammen, von denen Einige seit rund 2 Jahren tapfer für den Zukunftsentscheid (=Volksentscheid) gekämpft haben. Die starke gemeinschaftliche Atmosphäre, die Reden und die ergreifenden Lieder motivierten mich stark. Netterweise durfte auch ich vortragen und zur Wahl für den Zukunftsentscheid aufrufen. Dazu griff ich wunschgemäß zurück auf die unglaubliche Entwicklung von "Ahrtal wird SolAHRtal" sowie das nicht nachvollziehbare Verhalten von Entscheidern auf der Landes- und Bundesebene. Ohne klare gesetzliche Regelungen (Vorschlag eines Klimaschutzverbesserungsgesetzes in Hamburg) werden selbst einmalig große Chancen wie den Wiederaufbau entlang der Ahr mit Erneuerbaren Energien zu gestalten, nicht ernsthaft genutzt.