Schifffahrt: Kein Klimaschutz auf See

Die Internationale Schifffahrtsorganisation der UN plante, vergangene Woche ein Regelwerk zur Reduzierung der Emissionen auf See zu verabschieden. Deutliche Ablehnung und Drohungen seitens der USA haben dies bis auf Weiteres verhindert.
21.10.2025 – In der vergangenen Woche traf sich die Internationale Schifffahrtsorganisation der UN (IMO) zu einer Sondersitzung in London. Ziel war, ein Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im internationalen Schiffsverkehr zu verabschieden. Das geplante Netto-Null-Rahmenwerk (NZF) hatte die Mitgliedsstaaten der UN-Behörde bereits im April ausgehandelt, die Mehrheit für die Verabschiedung galt als sicher.
Erheblicher Widerstand und Drohungen seitens der USA führten nun dazu, dass die zum Ende der Woche angesetzte Abstimmung über das NZF auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Die Klimaabgabe in der Seefahrt wäre die erste globale Steuer auf Emissionen überhaupt gewesen.
Emissionen in der Schifffahrt
Die Emissionen aus der Schifffahrt sind über die vergangenen zehn Jahre stetig gestiegen. Inzwischen machen sie etwa drei Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes aus. Ungebremst könnten sie bis 2050 auf rund 10 Prozent steigen.
Das NZF gibt eine Mindestabgabe von 100 US-Dollar (rund 88 Euro) pro Tonne Kohlendioxid vor. Die Steuer sollte für besonders schmutzige Schiffe greifen, die entsprechende CO2-Grenzwerte nicht einhalten, bzw. deren verantwortliche Staaten keine ausreichenden Beiträge zur Emissionsreduktion an die IMO leisten. Geschätzte 10 Milliarden US-Dollar sollten jährlich in den Netto-Null-Fonds fließen. Aus dem Fonds sollten wiederum emissionsfreie und –arme Technologien gefördert und besonders gefährdete Staaten bei der Klimaanpassung unterstützt werden. Weiterhin sollte das in der Schifffahrt verwendete Schweröl schrittweise durch sauberere Treibstoffe ersetzt werden.
Ablehnung aus den USA
Die USA hatten bereits an der Tagung im April nicht teilgenommen und lehnen die Emissionsbesteuerung in der Schifffahrt grundsätzlich ab. US-Präsident Donald Trump drohte zudem Mitte der vergangenen Woche mit Sanktionen und Hafengebühren für alle Länder, die für das NZF stimmen. Unterstützt wurden die USA von den Petrostaaten wie Saudi-Arabien und Russland, die das Klimaschutz-Rahmenwerk für die internationale Schifffahrt ebenfalls ablehnten.
In Reaktion auf den Druck aus den USA hat die IMO die Abstimmung nun auf unbestimmte Zeit, mindestens aber um ein Jahr vertagt. Experten hielten es zuvor bereits für unwahrscheinlich, dass das Abkommen ohne die Beteiligung der USA wirksam hätte umgesetzt werden können.
Wirtschaft will Klimaschutz
Klima- und Umweltschutzorganisationen zeigten sich entsetzt über die Entwicklungen. Das Abkommen hatte zuvor deutlichen Zuspruch von Umwelt- und Klimaschutzorganisationen sowie aus der Wirtschaft erhalten.
"Das Ergebnis der Verhandlungen zeigt, dass internationale Prozesse aktuell durch den Schulterschluss des inzwischen größten Petrostaates, der USA, mit anderen fossil geprägten Staaten gefährdet sind. Leider hat es an ausreichend Führung und Widerstandskraft der vielen progressiven Stimmen gefehlt. Nun muss alles getan werden, damit Jahre des Fortschritts im Klimaschutz und in der internationalen Bepreisung der CO2-Verursacher – hier im Schifffahrtssektor – nicht verloren gehen”, sagt Christoph Bals, Politik-Vorstand bei Germanwatch. Auch die EU-Staaten Griechenland und Zypern hatten in letzter Minute ihre Zustimmung zurückgezogen.
Die großen Reedereien hatten sich zuvor klar für das Abkommen positioniert. „Zum größten Verlierer werden neben dem Klima die Wirtschaftsakteure, die mit zusätzlicher Unsicherheit zu kämpfen haben. Dies gilt einerseits für den Schifffahrtssektor und andererseits für wasserstoffabhängige Branchen wie etwa Stahl, die dringend eine robuste Nachfrage nach Wasserstoff brauchen. Von den Unternehmen muss ein Aufschrei ausgehen, den die Regierungen hoffentlich hören“, ergänzt Bals.
Klimaneutrale Schifffahrt
Schiffe werden derzeit zu 99 Prozent fossil betrieben. Die IMO strebt an, die globale Schifffahrt bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Bis 2030 sollen die jährlichen Treibhausgasemissionen um mindestens 20 Prozent im Vergleich zu 2008 sinken, bis 2040 soll die Emissionsreduktion mindestens 70 Prozent betragen.
Ein Teil der Antriebe kann durch Elektromotoren ersetzt werden. Die größte Hoffnung liegt auf der Forschung für alternative Kraftstoffe wie Ammoniak, Methanol oder E-Diesel, die auf Basis von grünem Wasserstoff hergestellt werden.
Letztere werden wohl noch auf absehbare Zeit deutlich teurer bleiben als fossile Brennstoffe. Die Steuer auf Emissionen in der Schifffahrt sollte sowohl den Kostenunterschied zwischen den Antrieben verringern als auch die Entwicklung klimaneutraler Technologien finanziell unterstützen.
Ein Weckruf für die COP30
Wäre es verabschiedet worden, hätte das Abkommen frühestens 2028 in Kraft treten können, und auch die Verabschiedung der genauen Richtlinien war erst für das Frühjahr 2028 angesetzt. Der Verzug um mindestens ein weiteres Jahr ist ein harter Schlag für die Dekarbonisierung der globalen Seefahrt und die Klimaziele.
“Das Drama von London ist ein Weckruf an alle Regierungen vor der anstehenden COP: Die Klimadiplomatie ist im Kreuzfeuer der Staaten, die das fossile Geschäftsmodell verlängern wollen”, sagt David Ryfisch, Leiter des Bereichs zukunftsfähige Finanzflüsse bei Germanwatch. „Regierungen pro Klimaschutz müssen die kurze Zeit nun nutzen, um eine starke Allianz zu formen. Nur mit dem nötigen Mut und wenn der langfristige Nutzen nicht für kurzfristige Gewinne geopfert wird, hat die multilaterale Klimakooperation eine Chance.“ jb





















































