EmissionenKlimakurs schlingert

Gewundene Waldstraße
Das Umweltbundesamt (UBA) sieht Deutschland wieder auf Klimakurs. NGOs bleiben skeptisch (Bild: Getty Images / Unsplash+ Lizenz).

Deutschlands Klimalücke 2024 konnte geschlossen werden und die Klimaziele bis 2030 bleiben erreichbar. Emissionen im Verkehrs-, Gebäude-, und Landnutzungssektor bleiben kritisch. Auf Kurs für die Klimaneutralität bis 2045 ist Deutschland noch nicht.

18.03.2025 – Deutschland senkte seine Emissionen im vergangenen Jahr um 3,4 Prozent auf 649 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gegenüber 2023. Damit wurde das Klimaziel 2024 übererfüllt, befindet das Umweltbundesamt (UBA) in seinem Projektionsbericht 2025. Auch bis 2030 sieht das UBA Deutschland weitgehend auf Klimakurs – wenn alle Maßnahmen konsequent umgesetzt werden.

„Als drittgrößte Wirtschaftsnation weltweit können wir sagen: weniger Treibhausgase sind möglich, auch mit wachsender Konjunktur in den kommenden Jahren. Der starke Ausbau erneuerbarer Energien und der Netze sowie der Emissionshandel sind Garanten für den kontinuierlichen Rückgang klimaschädlicher Treibhausgase“, sagte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck.

In einem Mitte vergangenen Jahres veröffentlichten Sonderbericht ging der Klima-Expertenrat der Bundesregierung noch davon aus, dass Deutschland seine gesetzlich verankerten Klimaziele sowohl für das Jahr 2024 als auch kumuliert bis 2030 verfehlen würde. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob der Expertenrat die Berechnungen des UBA bestätigt.

Energiewende wiegt hohe Emissionen von Verkehr und Gebäude auf

In jedem Fall bleiben die Klimaziele bis 2030 nur greifbar, wenn Emissionen aus dem Energiesektor weiterhin durch eine schnell voranschreitende Energiewende überproportional sinken. So können die Probleme in den Sektoren Verkehr und Gebäude noch eine Weile ausgeglichen werden. Langfristig müssen jedoch noch einige klimafreundlichen Lösungen gefunden werden, besonders für den Verkehrssektor.

„Die zurückhaltende Nachfrage nach batterieelektrischen Autos sorgt mich. Der Markhochlauf von Elektroautos muss wieder deutlich mehr Fahrt aufnehmen.“, sagte UBA-Präsident Dirk Messner. Am vereinbarten Ausstieg aus dem fossilen Verbrenner-Pkw 2035 sollte unbedingt festgehalten werden – das sei sowohl für den Klimaschutz als auch für die Planungssicherheit der Unternehmen wichtig. Entscheidend sei das Festhalten an den Zielvorgaben für 2030. Im Verkehrs- und Gebäudebereich werden bis 2030 die Emissionsziele um 169 beziehungsweise 110 Millionen Tonnen CO2 überschritten.

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Wälder, die lange als CO2-Senke einberechnet wurden, begannen zuletzt, mehr CO2 zu emittieren als aufzunehmen. So sollten gesunde Moore und Wälder bis 2030 rund 25 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr speichern. Das UBA geht im jüngsten Bericht jedoch davon aus, dass Moore und Wälder bis 2030 32 Millionen Tonnen CO2 emittieren werden.

EU-Sektorenziele werden wohl verfehlt

Das novellierte Klimaschutzgesetz sieht keine zwingenden Emissionssenkungen für die Sektoren mehr vor, sondern nimmt allein die Gesamtbilanz in den Blick. Die EU-Klimaschutzverordnung (Effort Sharing Regulation, ESR) fordert jedoch eben die Sektorenziele ein, die Deutschland im vergangenen Jahr mit dem geänderten Klimaschutzgesetz abgeschafft hat. Es scheint fast sicher, dass die schwächelnden Sektoren Verkehr und Wohnen die EU-Ziele bis 2030 verfehlen werden. Es drohten sprunghaft ansteigende CO2-Preise sowie hohe Strafzahlungen an andere EU-Staaten, warnt das UBA.

Zivilgesellschaftliche Bündnisse kritisierten die Gesetzesnovelle, die das Klimaschutzgesetz abschwäche. Greenpeace und Germanwatch, die Deutsche Umwelthilfe (DUH), sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zusammen mit dem Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) führen jeweils eine Verfassungsbeschwerde gegen die Novelle des Klimaschutzgesetzes.

Erreichen der Klimaziele nicht sicher

Auch nach Veröffentlichung der neuen Daten sieht Germanwatch Deutschland nicht auf einem Pfad zum sicheren Erreichen der Klimaziele bis 2030 oder der langfristigen Klimaneutralität. „Die UBA-Zahlen zeigen, dass das Erreichen des 2030- und des 2045-Klimaziels ohne zusätzliche Maßnahmen und Investitionen unmöglich ist. Ganz entscheidend werden die Emissionen aus Verkehr und Gebäude sein, auf die das Sondervermögen einen massiven Einfluss haben wird – im Guten oder im Schlechten. Extrem kontraproduktiv fürs Klima wäre etwa, wenn das Fernstraßennetz weiter ausgeweitet würde. Das erzeugt noch mehr Emissionen. Für die notwendigen Sanierungen im Netz reichen die Mittel aus dem regulären Haushalt aus“, sagt Simon Wolf, Leiter des Bereichs Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch.

Auch die Deutsche Umwelthilfe bleibt skeptisch und fordert ein Klimanotfallprogramm für Verkehr und Gebäude mit Tempolimit, dem Abbau klimaschädlicher Subventionen und einer energetische und sozialverträglichen Sanierungsoffensive im Koalitionsvertrag. Auch im Landnutzungssektor (LULUCF) müsse dringend nachgebessert werden. „Die Bewirtschaftung von Mooren, Feuchtgebieten und Wäldern muss schnellstmöglich darauf ausgerichtet werden, die natürlichen Senken zu erhalten und die Natur widerstandsfähiger gegen die Extreme der Klimakrise zu machen“, fordert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Klimaschutz geht nur mit und nicht gegen die Natur.“ jb

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