Planetare Belastungsgrenzen: Klimawandel und Naturzerstörung treiben sich gegenseitig an

In der schlechten Nachricht steckt auch eine gute: Die Zerstörung von Natur und der Klimawandel stehen zwar in einem gegenseitig verstärkenden Wechselverhältnis, doch dieser negative Kreislauf lässt sich aufbrechen, wenn die Politik schnell handelt.
21.12.2019 – Bereits 2009 hatte Johan Rockström, inzwischen Direktor des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, gemeinsam mit anderen Forschern das Konzept der ökologischen Belastungsgrenzen vorgestellt. Das Konzept zeigt neun zentrale natürliche Systeme und Prozesse der Erde, die planetare Belastbarkeitsgrenzen aufweisen. Einer 2015 aktualisierten Arbeit zu Folge ist die Intaktheit der Biosphäre bereits stark gefährdet, vor allem aufgrund des fortschreitenden weltweiten Artensterbens. Auch die Nährstoffkreisläufe aus Stickstoff und Phosphor haben ihre Belastungsgrenzen bereits weit überschritten. Klimawandel und der Wandel der Landnutzung haben ihren sicheren Handlungsspielraum ebenfalls verlassen, auch wenn die Ausmaße noch nicht katastrophal sind.

Die Grafik zeigt: Die Forschungen dauern weiter an. Einige Teilbereiche der planetaren Belastungrenzen konnten noch nicht definiert werden – wie die funktionale Vielfalt innerhalb der Intaktheit der Biosphäre. Die Genetische Vielfalt hingegen hat ihre Belastbarkeitsgrenze nachweisbar weit überschritten. (Grafik: Stockholm Resilience Center, J. Lokrantz/Azote based on Steffen et al. 2015.)
Die neueste und überarbeitete Auflage des Konzepts von Rockström und Co. zeigt nun auf, wie eng die planetaren Belastungsgrenzen zusammenwirken. Vor allem die Intaktheit der Biosphäre, also der Erhalt der Natur, und der Klimawandel stehen in enger Wechselwirkung zueinander. „Das zeigt, wie fatal eine Destabilisierung dieser beiden sein kann", sagt Rockström. „Die daraus resultierenden Kaskaden und Rückkopplungen verstärken die menschgemachten Veränderungen des Erdsystems und verkleinern damit den sicheren Handlungsraum für unsere Kinder und Enkelkinder."
Brasilien und Australien stehen in Flammen
In Brasilien lässt sich diese fatale Wechselwirkung derzeit beobachten. Dort droht die endgültige Zerstörung des Regenwaldes und damit der Wegfall der wichtigsten Kohlenstoffsenke dieses Planeten. Durch die von der Politik angetriebenen Brandrodungen schrumpft der Regenwald immer weiter zusammen. Brandrodungen, die vor allem für den Ausbau der Landwirtschaft geschehen. Wenn der Regenwald auf 20 bis 25 Prozent seiner ursprünglichen Fläche schrumpft, kann er nicht mehr genug Niederschlag erzeugen, um sich selbst zu erhalten, warnt die Ökonomin Monica de Bolle in einer für das US-Repräsentantenhaus erstellten Analyse. Und das Klima würde sich nicht nur lokal verändern. Es droht ein weltweiter Temperaturanstieg, der auch negative Folgen für die brasilianische Landwirtschaft hätte.
Australien leidet derzeit ebenfalls unter verheerenden Waldbränden. Bislang galten die Buschbrände als klimaneutral, da der nachwachsende Wald, etwa dieselbe Menge CO2 wieder speicherte. Doch die anhaltende Trockenheit auf dem australischen Kontinent, einhergehend mit dem Klimawandel, sorgt für veränderte Konditionen. Bäume wachsen unter diesen Umständen langsamer nach und sind anfälliger für erneute Brände. Trotzdem agiert Australien bei Bemühungen für den Klimaschutz träge und bremste auf der Klimakonferenz in Madrid vergangene Woche wirksame Maßnahmen.
Nachhaltige Lösungen können einander verstärken
Dabei stecke in den neuesten Forschungsergebnissen zu den planetaren Belastungsgrenzen eine gute Nachricht für die Entscheider in der Politik. „Wenn wir den Druck auf eine planetare Grenze reduzieren, wird dies in vielen Fällen auch den Druck auf andere planetare Grenzen verringern. Nachhaltige Lösungen können einander verstärken - das kann eine echte Win-Win-Situation sein“, so Rockström. Anstatt weiter Brandrodungen und das Agrobusiness zu fördern, sollte sich Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro um den Schutz des Regenwaldes kümmern – langfristig wird es ihm die heimische Landwirtschaft danken. Und Australien sollte sich international endlich für wirksamen Klimaschutz einsetzen, dann könnten sie große Teile ihrer Flora und Fauna noch retten. mf