Fossile Infrastruktur: Ölpipelines werden weltweit weiter ausgebaut
Die Ölindustrie baut ihre Pipelineinfrastruktur massiv aus. Zusammengenommen könnten die neuen Projekte rund zwei Drittel der Erde umspannen. Der Ausbau demonstriert die ungebremste Expansion der Ölindustrie und gefährdet die Klimaziele.
04.10.2022 – Die Ölindustrie entwickelt weltweit 24.166 Kilometer an neuen Pipelines. Besonders in den USA, Indien, China und Russland wird die Ölinfrastruktur ausgedehnt. Über 10.000 Kilometer sind bereits in Bau. Das zeigen Daten der amerikanischen Non-Profit-Organisation Global Energy Monitor (GEM).
Pipeline-Projekte laufen Klimazielen zuwider
Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssten fast 40 Prozent der bereits erschlossenen fossilen Brennstoffreserven im Boden bleiben und entsprechende Förderlizenzen zurückgenommen werden. Der Pipeline-Ausbau markiert einen weiteren Schritt hin zu mehr Emissionen und weg von einer klimagerechten Welt, berichtet der GEM.
"Dieser Bericht zeigt, dass einige der weltweit größten Verbraucher fossiler Brennstoffe ihre Ölförderung verdoppeln, obwohl sich die Klimakrise verschärft. Und für die Regierungen, die diese neuen Pipelines befürworten, zeigt der Bericht, dass sie die Klimaziele fast absichtlich verfehlen", kritisiert Baird Langenbrunner, Forscher bei GEM.
Ölindustrie nutzt Energiekrise aus
Die bereits zur Extraktion freigegebenen fossilen Brennstoffreserven würden rund 936 Gigatonnen CO2 freisetzen. Die Klimaziele würden so vollständig unerreichbar. Gemeinsam mit neuen Projekten zur Förderung von Fossilen steht der Ausbau der fossilen Infrastruktur in direktem Widerspruch zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf unter 2 Grad.
Die Ölindustrie erzielte im vergangenen Jahr Rekordgewinne. Die Energiekrise werde ausgenutzt, um einen massiven Ausbau der Pipelinenetze voranzutreiben. Dabei sei abzusehen, dass die fossilen Projekte durch den Umstieg auf Erneuerbare Energien und die globale Klimawende zeitnah auch wirtschaftlich nicht mehr tragbar sein werden. Der GEM schätzt, dass die Pipeline-Projekte als Stranded Assets bis zu 75,4 Milliarden US-Dollar an verlorenen Vermögenswerten darstellen.
Die Großen bauen Pipelines
Die USA und Indien planen und entwickeln die meisten neuen Ölpipelines, nämlich rund 2.800 Kilometer. China kommt knapp dahinter mit rund 2500 Kilometern. An vierter Stelle folgt Russland, das rund 2.000 Kilometer neue Pipelines entwickelt, um fossile Exporte nach Indien und China zu ermöglichen. Die Projekte sollen neue Handelsmöglichkeiten erschließen, um durch Europas Boykott entstandenen Verluste auszugleichen.
GEM belegt allerdings auch, dass der Boykott eine Reihe europäischer Unternehmen nicht davon abhält, in die russischen Ölpipeline-Projekte zu investieren. Zu den Investoren oder Anteilseignern gehören das niederländische Unternehmen MME, die Schweizer Handelsgesellschaft Vitol, Tochtergesellschaften der US-amerikanischen Unternehmen ExxonMobil und Shell, der britischen BP und BG Overseas Holdings Ltd sowie der italienischen Eni SpA. Die Ölindustrie bleibt auf Expansionskurs. jb