Klimakrise - Klimaschäden: Rasche CO2-Reduktion ist alternativlos

Würde man die Erderwärmung nach Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze wieder zurückführen können, wären doch einige ausgelöste Klimaschäden irreversibel, mahnen Klimaforscher. Ein rasches und massives Reduzieren der Emissionen ist daher unerlässlich.
14.10.2024 – Drei Jahre lang haben sich Forschende mit sogenannten „Overshoot“-Szenarien befasst. Dabei überschreiten die Temperaturen vorübergehend das 1,5-Grad-Limit des Pariser Abkommens, bevor sie dank netto-negativer CO2-Emissionen wieder sinken. In ihrer in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Studie „Overconfidence in climate overshoot“, mitverfasst vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change), kommen die 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu einem beunruhigenden Ergebnis: Selbst wenn man die Erderwärmung nach vorübergehendem Überschießen über das 1,5-Grad-Limit wieder zurückführen könnte.
Einige bei der Maximaltemperatur ausgelöste Klimaschäden, wie der Meeresspiegel-Anstieg, eine der am häufigsten diskutierten Folgen der globalen Erwärmung, wären nicht mehr rückgängig zu machen. In den letzten Jahren haben etliche Studien gezeigt, dass Küstengebiete, in denen ein großer Teil der Weltbevölkerung lebt, angesichts des Klimawandels besonders anfällig sind.
„Diese Studie widerlegt die Vorstellung, dass das Klima nach einem Overshoot ähnlich dasteht, wie wenn wir früher mehr getan hätten, um die maximale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen“, kommentierte Carl-Friedrich Schleussner die Ergebnisse. Er ist Gruppenleiter am Forschungsinstitut IIASA in Laxenburg bei Wien, wissenschaftlicher Berater am Berliner Institut Climate Analytics und Leitautor der Studie. „Nur wenn wir in diesem kritischen Jahrzehnt viel mehr tun, um die Emissionen zu senken und die Höchsttemperaturen so niedrig wie möglich zu halten, können wir die Schäden wirksam begrenzen.“
Netto-Null so schnell wie möglich
Wenn wir 1,5 Grad überschreiten sollten, habe es klare Vorteile, die Erwärmung umzukehren, so die Studienautoren, indem wir weltweit auf netto negative Emissionen hinarbeiten. Durch ein langfristiges Absenken der Temperaturen könnte der Anstieg des Meeresspiegels im Jahr 2300 um etwa 40 Zentimeter niedriger ausfallen, als wenn die Temperaturen lediglich nicht weiter steigen würden. „Die Analyse zeigt, dass zusätzlich zu ehrgeiziger Emissionsminderung auch zunehmend CO2-Entnahmen aus der Atmosphäre gebraucht werden, um vom Overshoot zurückzusteuern“, sagt Sabine Fuss, Co-Leiterin des MCC und Co-Autorin der Studie. „Dies bedeutet angesichts des derzeit begrenzten nachhaltigen Potenzials eine enorme Herausforderung, die Entnahme-Methoden hochzuskalieren. Und wir müssen unsere Restemissionen wirklich minimieren, um nicht darauf unsere knappen Entnahme-Potenziale zu verschwenden.“
Die Studie macht vor allem deutlich: Zwar gibt es noch Wege, die Erwärmung langfristig auf 1,5 Grad oder weniger zu begrenzen – aber es wäre eine „Absicherung“ gegen höhere Werte für den Fall erforderlich, dass sich das Klimasystem stärker erwärmt als in den mittleren Schätzungen ausgewiesen. Es könnte dabei eine „Präventivkapazität“ von mehreren hundert Gigatonnen Netto-Entnahme erforderlich sein, sagen die Forscher.
„Bis wir die Netto-Null erreichen, wird sich die Erderwärmung fortsetzen“, erläutert Mitautor Joeri Rogelj an, Professor für Klimawissenschaft und -politik am Imperial College London. „Je früher wir die Netto-Null erreichen, desto geringer wird die maximale Erwärmung sein und desto geringer ist das Risiko irreversibler Auswirkungen. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, dass die Länder rechtzeitig vor dem Klimagipfel im nächsten Jahr in Brasilien ehrgeizige neue Reduktionszusagen vorlegen.“ Die kommende Weltklimakonferenz COP29 findet bereits in vier Wochen vom 11. bis 22. November 2024 in Baku unter der Präsidentschaft von Aserbaidschan statt. na