Waldzustandsbericht 2025: Wälder in Deutschland erholen sich nicht

Die Trockenjahre haben bleibende Schäden hinterlassen. Obwohl in den letzten beiden Jahren mehr Regen fiel, konstatiert der Waldzustandsbericht keine Verbesserung. Nur vier von fünf Bäumen sind gesund. Auch Eichen leiden zunehmend.
13.06.2025 – Als Seismograph für den Zustand der Bäume bezeichnet Landwirtschaftsminister Alois Rainer die Baumkronen. Ein Blick nach oben zeige: „Unsere Wälder haben Dauerstress. Das sehe ich in meinem eigenen Wald genauso wie überall im Land. Hitze, Trockenheit und Schädlinge setzen unseren Wäldern weiter zu. Nur jeder fünfte Baum trägt noch volles Grün.“
Rainers Beobachtungen decken sich mit den Daten aus der aktuellen Waldzustandserhebung, die das Thünen-Institut im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums alljährlich erstellt. Übrigens hieß der Waldzustandsbericht früher Waldschadensbericht, was wohl auch heute der ehrlichere Name wäre. Bei der an einer Stichprobe über ganz Deutschland durchgeführten visuellen Einschätzung des Gesundheits- beziehungsweise Schädigungszustands ist die Kronenverlichtung ein Kernparameter. Weitere erfasste Merkmale sind Fruktifikation, Vergilbung von Blättern oder Nadeln, Insekten- und Pilzbefall sowie Stamm- und Kronenverletzungen.
Schäden nach den Trockenjahren stetig gestiegen
Die trockenen Jahre 2018 bis 2020 und 2022 haben bleibende Schäden im Wald hinterlassen: Seither verzeichnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen deutlichen Anstieg des Schadniveaus. 2019 wurden die deutlichsten Veränderungen beobachtet. Die vielen geschädigten Bäume und Waldflächen erholen sich nicht, der Anteil der Bäume mit deutlicher und mittlerer Kronenverlichtung bleibt hoch. Auch der Regen in den Jahren 2023 und 2024 konnte den Zustand der Wälder nicht verbessern. Die traurige Zusammenfassung ist kurz: nur vier von fünf Bäumen sind gesund, wobei es Unterschiede bei den Baumarten gibt und inzwischen auch die Eiche stark leidet.
Wie war das Wetter für den Wald
Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) hatte bereits das Jahr 2023 hat einen neuen Rekord aufgestellt. Es war das bis dahin wärmste in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Allerdings war es im Gegensatz zu den vorhergehenden warmen Jahren 2018 bis 2020 nicht von Trockenheit und Hitzewellen geprägt, sondern von feucht-warmem Wetter mit großen Niederschlagsmengen.
Das Frühjahr 2024 war wiederum ein Spitzenreiter: Es war das wärmste in Deutschland seit Messbeginn im Jahr 1881. Regional gab es zahlreiche Extremniederschläge, vor allem im Mai im Gefolge schwerer Gewitter. Heftiger Dauerregen führte im Saarland und in Rheinland-Pfalz zu einer dramatischen Hochwasserlage. Unter dem Spätfrost im April litten vor allem die Eichen.
Kahle Stellen in den Baumkronen
Von deutlichen Kronenverlichtungen sind überdurchschnittlich viele Bäume betroffen, die älter als 60 Jahre sind. Sie weisen häufiger Vorschäden auf und sind nicht mehr so anpassungsfähig. 2024 wiesen wie im Jahr zuvor 36 Prozent der Bäume deutliche Kronenverlichtungen auf, davon 43 Prozent der über 60 Jahre alten Bäume, 16 Prozent der Bäume unter 60 Jahre.
Leichte Verbesserungen gab es in der Kategorie mittlere Kronenverlichtung bei Fichten und den sogenannten „anderen Laubbäumen“ wie Esche, Birke, Erle. So sank der Anteil der mittel geschädigten Bäume bei der Fichte von 28,6 auf 27,2 Prozent. Bei den „anderen Laubbaumarten“ (ALB) ging die Anzahl von 26 auf 23,6 Prozent zurück. Allerdings könnte diese Verbesserung auch ein Effekt nach dem flächendeckenden Absterben der Fichte sein: Abgestorbene Bäume werden durch neue Bäume ersetzt.
Bei Kiefer und Buche gibt es keine Veränderungen: 22,5 Prozent der Kiefern und 28,5 Prozent der Buchen weisen mittlere Kronenverlichtungen auf. Erheblich schlechter geht es den Eichen. Der Anteil der Bäume mit mittlerer Kronenverlichtung stieg von 27,6 Prozent auf 29,3 Prozent. Ebenfalls angestiegen ist der Anteil bei den sogenannten „anderen Nadelbäumen“ (ANB) wie Lärche, Douglasie oder Weißtanne – von 22,7 Prozent auf 25,3 Prozent.
Eichen haben schwer gelitten
Die Eiche ist die Baumart mit den höchsten Anteilen mittlerer Kronenverlichtungen. Ein auffällig hoher Anteil von 51 Prozent weist sogar deutliche Kronenverlichtungen auf, 33 Prozent befinden sich in der Warnstufe und nur 16 Prozent weisen keine Kronenverlichtung auf. Ursache dafür sind sogenannte Eichenfraßgesellschaften. Insbesondere der Eichenprachtkäfer und dieser im Zusammenspiel mit dem Mehltau haben die Eichen in einigen Gebieten stark beansprucht. Auch der Spätfrost Ende April 2024 setzte den Bäumen zu. Allerdings ist die Eiche die durchschnittlich älteste Baumart in Deutschlands Wäldern und somit besonders anfällig für Schädlinge und Temperaturabweichungen.
Starke Fruktifikation
Bei allen Baumarten haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine ausgeprägte Fruchtbildung beobachtet. Buchen haben das dritte Jahr in Folge viele Früchte ausgebildet – dies ist einmalig in der Zeitreihe seit 1985 und gilt als Stressreaktion. Ursachen bei der Buche sind unter anderem hohe Stickstoffeinträge, aber auch hohe Sommertemperaturen im Klimawandel, die zur vermehrten Ausbildung von Blütenknospen führen.
Eine gute Nachricht in all den besorgniserregenden: Die Wälder sind deutlich vielfältiger geworden. Herausfordernd bleibt es, die geschädigten Wälder so aufzuforsten, dass sie sich zu klimastabilen Mischwäldern entwickeln, die wichtige Ökosystemleistungen wie die Speicherung von Kohlenstoff erbringen oder eine nachhaltige Holznutzung ermöglichen.
Geld für Waldschutz und Wiederbewaldung
Landwirtschaftsminister Rainer verwies anlässlich der Veröffentlichung des Berichts auf die Entlastungen, die die Politik für Waldbesitzer und den Waldumbau schafft. Demnach wurde für die Jahre 2019 bis 2024 von den Ländern insgesamt ein Wiederbewaldungsbedarf von etwa 525.000 Hektar gemeldet.
Seit 2022 haben Bund und Länder mehr als 200 Millionen Euro in Wiederbewaldung und Waldumbau auf knapp 50.000 Hektar Waldfläche investiert, die aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz kamen. Zusammen mit dem Förderprogramm Klimaangepasstes Waldmanagement mit einem jährlichen Finanzvolumen von rund 135 Millionen Euro stünden damit die notwendigen Mittel für Wiederaufforstung sowie die Entwicklung und den Erhalt der Wälder zur Verfügung. Mit dem Förderprogramm werden derzeit rund 1,5 Millionen Hektar Privat- und Kommunalwald erreicht.
Aber nicht nur Geld wird gebraucht, auch klare Regeln, die weitere Waldzerstörung verhindern. Insbesondere sollten geschlossene Wälder nicht durch Baumaßnahmen aufgerissen werden, um Schatten und Feuchtigkeit im Wald zu bewahren. pf
Kommentare
Hannes Allabauer am 14.06.2025
"... Kronenverlichtungen der über 60 Jahre alten Bäume..." - das sind wohl die Jahrgänge mit dem sauren Regen.