CO2-Emissionen: Wie das Erdreich die Klimakrise befeuert
Abtauende Permafrostböden, die Nutzung fossiler Brennstoffe und Abholzung von Regenwäldern treiben den Klimawandel an. Jetzt zeigt eine neue Studie: Auch das restliche Erdreich könnte riesige Mengen an Treibhausgasen freisetzen.
05.11.2020 – Schon lange warnen Forscher vor dem Erreichen unumkehrbarer Kipppunkten im globalen Klimasystem, wie etwa dem Auftauen von Permafrostböden oder Methan-Lecks in der Arktis und Antarktis. Erreicht die Erde bestimmte Schwellenwerte bei der Klimaerwärmung, könnte der Klimakollaps drohen.
Jetzt haben Klimawissenschaftler eine weitere Bedrohung für das Weltklima näher erforscht: Neben den Permafrostböden ist auch das gesamte restliche Erdreich ein riesiger und bisher wenig anerkannter Kohlenstoffspeicher. In ihm schlummert wohl das Vierfache von Chinas Emissionen der letzten Jahrhunderte, warnen die Forscher. Ab einem Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius könnten demnach 230 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus dem Erdboden freigesetzt werden.
Böden enthalten mehr Kohlenstoff als die Atmosphäre
Veröffentlicht wurden die Ergebnisse von Rebecca Varney und ihrem Team von der britischen University of Exter im Fachmagazin „Nature Communications“. Demnach enthalten die Böden durch abgestorbene Pflanzenteile auf der ganzen Welt zwei- bis dreimal mehr Kohlenstoff als die Atmosphäre. Und mit steigenden Temperaturen geht auch die Zersetzungsrate von organischen Stoffen nach oben, weshalb die aus den Böden freigesetzte Menge an Kohlenstoff zunimmt.
In Deutschlands Ackern sind zum Beispiel 2,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gebunden – allein im obersten Meter des Bodens. Abgesehen von Änderungen bei den Durchschnittstemperaturen hat hier auch die Form der landwirtschaftlichen Nutzung einen großen Einfluss auf die Menge an freigesetztem Kohlenstoff. Wird der Boden besonders tief umgepflügt und viel synthetischer Dünger oder Kompost verwendet, nimmt die Menge an ausgestoßenen Treibhausgasen zu.
Welchen Einfluss hat der Kohlenstoff auf die Klimakrise?
Insgesamt ist die Reaktion des im Boden gelagerten Kohlenstoffs auf die Klimaerwärmung noch immer mit großen Unsicherheiten bei den Prognosen zum Klimawandel versehen. Deshalb haben die Forscher für ihre Studie eine neue Kombination aus Beobachtungsdaten und Klimamodellen verwendet, wodurch sie sowohl den Kohlenstoffkreislauf als auch die Entwicklung des Weltklimas simuliert haben.
So konnten die Forscher den Zusammenhang von Kohlenstoff im Boden an verschiedenen Orten auf der Erde mit der durchschnittlichen Temperatur ermitteln. Dadurch waren Rückschlüsse auf die Empfindlichkeit der Böden gegenüber der globalen Erwärmung möglich.
Bisher war die Unsicherheit von Klimamodellen bei einer globalen Erderwärmung von zwei Grad Celsius ziemlich groß, die Bandbreite der Schätzungen variierte um rund 120 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Diese Unsicherheit konnte durch die aktuelle Studie mit dem Titel A spatial emergent constraint on the sensitivity of soil carbon turnover to global warming auf etwa 50 Milliarden Tonnen Kohlenstoff reduziert werden.
Dies ist für die Berechnung eines genauen globalen Kohlenstoffbudgets und die Erreichung der Pariser Klimaziele von entscheidender Bedeutung – auch wenn die Weltgemeinschaft derzeit weit davon entfernt ist. Immer mehr Studien kommen inzwischen zu dem Schluss, dass die Temperaturen um mehr als drei Grad Celsius steigen könnten. Im Worst-Case-Szenario des IPCC wird sogar eine Steigerung von fünf Grad Celsius vorhergesagt. jk