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Forscher erklären woher die Hitze kommt

Wird es in Europa wirklich heißer? Und falls ja, woher kommen diese lang anhaltenden Hitzewellen? Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sind der Frage auf den Grund gegangen – und haben veränderte Zirkulationsmuster entdeckt.

04.07.2015 – Deutschland schwitzt, und unter Herren in klebrigen Hemden, Damen in Miniröcken und Jugendlichen, die sich am See auf ihren Badehandtüchern räkeln, fallen ähnliche Sätze. „Wie im Backofen.“ Oder: „Endlich Sommer und Badewetter!“  Oder eben auch: „Mensch, hier ist´s plötzlich wie in der Wüste!“ Doch wo genau kommt diese große Hitze her? Die letzte Feststellung ist gar nicht so weit entfernt von der Realität.

Warum, erklärt Dim Coumou vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: „Die derzeitige Hitzewelle in Europa hängt mit einer Blockade durch ein Hochdrucksystem zusammen. Dadurch strömt andauernd heiße Luft aus der Sahara ein. Solche Zirkulationsmuster traten in den vergangenen Jahren in Europa häufiger auf, wahrscheinlich im Zusammenhang mit einem Aufschaukeln und Stehenbleiben der so genannten planetaren Wellen - gigantische Luftströme, welche die nördliche Halbkugel umkreisen und dabei von Nord nach Süd und wieder zurück schwingen. Unsere Forschung zeigt, dass die Strömungen in den oberen Schichten der Atmosphäre sich im Sommer abschwächen, und das führt dazu, dass Wettersituationen länger anhalten."

Also tatsächlich Wüstenwetter. In den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Wetterextreme im Sommer ein außergewöhnliches Maß erreicht. Die vom Menschen verursachte globale Erwärmung kann eine graduelle Zunahme solcher Hitzewellen erklären, die beobachtete extreme Stärke und Dauer einiger dieser Ereignisse sind jedoch nicht so leicht zu verstehen. Sie werden mit einem neu entdeckten Mechanismus in Verbindung gebracht: eben dem Aufschaukeln riesiger Wellen in der Atmosphäre. Eine Datenanalyse zeigt jetzt, dass solche Resonanzen in den gigantischen, die Nordhalbkugel umkreisenden Luftströmen tatsächlich häufiger werden.

„Uns hat erstaunt, in welchem Maß schwere Extremereignisse zugenommen haben“, sagt Dim Coumou, Leitautor der in den Proceedings of the US National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten  Studie. „Durch die Kohlendioxid-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger erwärmen wir natürlich die Atmosphäre, dennoch schien uns die Zunahme verheerender Hitzewellen in Regionen wie Europa oder den USA unverhältnismäßig“. Ein Grund dafür könnten Veränderungen in den Zirkulationsmustern der Luftströme in der Atmosphäre sein. Die Wissenschaftler haben große Sätze globaler Wetterdaten untersucht und dabei einen faszinierenden Zusammenhang entdeckt.

Ein großer Teil der globalen Luftbewegung in den mittleren Breiten nimmt gewöhnlich die Form von Wellen an, die um den Globus wandern – so genannte Rossby-Wellen. Schwingen die Wellen nach Norden, saugen sie warme Luft aus den Tropen nach Europa, Russland oder die USA; schwingen sie nach Süden geschieht das gleiche mit kalter Luft aus der Arktis. Die Studie zeigt jedoch, dass einige dieser Wellen bei extremem Wetter nahezu feststeckten und sich stark aufgeschaukelt haben.

„Dahinter steht ein subtiler Resonanzmechanismus, der Wellen in den mittleren Breiten festhält und sie deutlich verstärkt“, sagt Stefan Rahmstorf, Mitautor  der Studie. Die neue Studie zeigt, dass sich in der Atmosphäre unter bestimmten Resonanzbedingungen ungewöhnlich langsam wandernde Wellen von großer Stärke bilden, die dann zu Extremwetter am Boden führen. Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass solche Resonanzereignisse häufiger geworden sind: Seit dem Jahr 2000 sind sie fast doppelt so oft aufgetreten wie zuvor. „Bislang gab es keine klaren Belege für tatsächliche Veränderungen der planetarischen Wellen. Da wir wussten, nach welchen Mustern wir suchen müssen, konnten wir jetzt starke Belege für eine Zunahme dieser Resonanzereignisse finden.“

Der Grund für die Zunahme könnte mit Prozessen in der Arktis zusammenhängen, wie Theorie und Beobachtungsdaten gleichermaßen nahe legen. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Arktis etwa doppelt so schnell erwärmt wie der Rest des Planeten. Einer der Gründe dafür ist das Schrumpfen der hellen Meereisflächen – so wird weniger Sonnenlicht zurück ins All reflektiert, denn der offene Ozean ist dunkler und erwärmt sich stärker. „Das Schmelzen von Eis und Schnee lässt sich auf unseren Lebensstil und den Ausstoß beispielloser Mengen von Treibhausgasen durch fossile Brennstoffe zurückführen“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, Mitautor der Studie und Direktor des PIK. Mit den steigenden Temperaturen in der Arktis sinkt die Temperaturdifferenz zu anderen Regionen. Doch eben diese Temperaturdifferenz ist der Haupttreiber für die Luftströmungen in der Atmosphäre, die unser Wetter bestimmen. rr


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