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Jugend spricht mit SteinmeierGenug der Appelle

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag bei der Eröffnung der „Woche der Umwelt“ im Park seines Amtssitzes Schloss Bellevue. Mit Blick auf die jungen Menschen, die in der Corona-Pandemie zurückgesteckt hätten, rief er dazu auf, deren Zukunft „und die Zukunft künftiger Generationen“ im Kampf gegen den Klimawandel zu schützen. „Wir befinden uns mitten im Umbruch ins postfossile Zeitalter“, so Steinmeier. (Bild: Viet-Hoang Nguyen, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier versucht bei der „Woche der Umwelt“ eine Brücke zur jungen Generation zu schlagen. Doch bloße Appelle genügen vielen nicht mehr, während die Menschheit auf das Worst Case Szenario der Erdüberhitzung zusteuert.

12.06.2021 – Bundespräsident Frank Walter Steinmeier sagte am Donnerstag anlässlich der „Woche der Umwelt“, er habe sich sehr für eine Talkrunde mit der Jugend stark gemacht. Nach den Entbehrungen während der Pandemie sollten die Jungen nun die Solidarität der älteren Generation erhalten, wenn es um den Klimawandel und die Rettung der Lebensgrundlagen geht.

In mehreren Statements bekam Steinmeier die Ängste und das Aufbegehren der jungen Generation zu spüren. „Es gab schon genug Appelle“, sagte Myriam Rapior vom Vorstand der BUND-Jugend angesichts der brennenden Umweltprobleme. Noch deutlicher wurde Carla Reemtsma von Fridays for Future, die forderte: „wir müssen aufhören die Staaten des globalen Südens mit ihren Ressourcen auszubeuten und wir müssen es schaffen, hier Angebote zu machen, die sozial gerecht eine Möglichkeit schaffen klimaneutral zu leben.“

„Umbruch ins postfossile Zeitalter“

Nun kann der Bundespräsident wichtige Themen in seiner politischen Rolle bestenfalls auf die Agenda bringen. In der Eröffnungsrede im Berliner Schlosspark Bellevue bereitete er die Bürger auf eine „Transformation der Gesellschaft in einer gewaltigen Dimension“ vor, welche durch die Klima- und Ressourcenkrise notwendig wird. Er verglich den anstehenden Wandel mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert: „Wir befinden uns mitten im Umbruch ins postfossile Zeitalter“.

Die mittlerweile sechste Auflage der Woche der Umwelt unter dem Motto „So geht Zukunft!“ fand am Donnerstag und Freitag wie üblich in Partnerschaft von Bundespräsident und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) statt. Wegen der Corona-Pandemie aber im hybriden Format – teils in Präsenz im Park von Schloss Bellevue, teils in digitalen Fachforen. Die Begegnung mit der Jugend spielte sich ebenfalls im virtuellen Raum ab, mit der BUND-Jugend, Fridays  for Future, der IG Metall Jugend, der Deutschen Landjugend und einem Jungunternehmer. Unter dem Titel „Erwartungen an eine nachhaltige Gesellschaft“ waren Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit die dominanten Themen.

Myriam Rapior von der BUND-Jugend forderte echte Generationengerechtigkeit. Die Gesellschaft müsse über eine grundsätzlich andere Lebensweise sprechen, die Rücksicht auf die planetaren Grenzen nimmt. Es gehe um gelebte Suffizienz, in der konsumiert wird, was der Mensch tatsächlich braucht – so schwer das im Detail zu definieren sei. Zudem verlangte Rapior eine „ökologische Transformation der Wirtschaft“.

Bloß kein „Dirigismus“

Geforderte Eingriffe in die Wirtschaft riefen den etwas älteren Familienunternehmer Julius Kramer auf den Plan, dessen J.H.K.-Gruppe mit 350 Mitarbeitern unter anderem in der „Mess- und Regelungstechnik für den Mineralölumschlag“ tätig ist. Die Politik müsse nach Corona wieder die „Entscheidungshoheit“ an die Wirtschaft zurückgeben, so Kramer. Gefragt seien die Kreativität und Innovationskraft der Unternehmen, die sich in der freien Marktwirtschaft am besten entfalten könnten. Mit staatlichem „Dirigismus“ seien die Probleme hingegen nicht zu lösen, auch der Wettbewerb um die besten Konzepte müsse „technologieoffen“ ablaufen.

Im Gegenzug warnte Reemtsma von Fridays for Future vor Fehlinvestitionen in „Lösungen“, die noch nicht richtig funktionieren. Die nötigen Technologien seien beispielsweise mit der Wind- und Sonnenenergie kostengünstig vorhanden. Andernfalls entstünden „Pfadabhängigkeiten“, die später eine praktikable und effiziente Klimawende verhindern könnten. Der Vertreter der IG Metall Jugend für Volkswagen in Wolfsburg, Koray Korkmaz, unterstützte Reemtsma. So habe VW viel Geld in die Elektromobilität investiert und könne wirtschaftliche Probleme bekommen, wenn der Mobilitätssektor voll auf Wasserstoff umschwenkt.

Hoffnung, und zugleich große Sorge

Doch für die „Fridays“-Aktivistin reicht es nicht, wenn man „die eine Technologie durch eine andere, CO2-ärmere ersetzt.“ Der Wandel betrifft aus ihrer Sicht alle Gesellschaftsbereiche, so dass man tatsächlich an den „Grundfesten unseres kapitalistischen Systems“ rütteln  und sagen müsse, „wir müssen für eine Gerechtigkeit sorgen, welche die Bedürfnisse der Schwächsten in den Vordergrund stellt.“ Auch weil 100 Konzerne in der Welt 71 Prozent der Treibhausgase ausstoßen, sieht Reemtsma zuallererst die Wirtschaft in der Pflicht, den Klimawandel zu stoppen.

Rapior von der BUND-Jugend betonte, dass man mit dem persönlichen Verhalten, wie etwa einem reduzierten Fleischkonsum, viel bewirken kann. Mut schöpfte Rapior aus den Corona-Erfahrungen. „Wir haben in der Pandemie gemerkt, wir alle, jedes Individuum kann den Unterschied machen. Trage ich die Maske, trage ich sie nicht?“ Und dieses Bewusstsein wünscht sie sich auch für ökologische Themen.

Indessen wiegen die Bedenken bei Carla Reemtsma schwerer, wenn sie die Prognosen des wissenschaftlichen Weltklimarats IPCC betrachtet. Demnach befänden wir uns aktuell „im schlechtesten Szenario, im Worst, Worst, Worst Case Szenario, das überhaupt im IPCC drin stand.“ Für die Zukunft befürchtet sie ebenfalls gewalttätige Konflikte um schwindende Ressourcen.

Sie berief sich bei der Talkrunde auf EU-Klimaschutzkommissar Frans Timmermanns, der zuletzt sagte, dass unsere Kinder – falls wir die Klimakrise nicht abwenden – „Kriege um Wasser und Nahrung führen. Dies sei laut Reemtsma gar nicht mal so  unrealistisch. Selbst die Klimaziele, die politisch vereinbart sind, würden uns immer noch in eine Welt führen, die 3 bis 4 Grad heißer ist, so Reemtsma. Hoffnungsvoll stimmen sie aber  die „wachsenden Bewegungen, die tatsächlich eine klimagerechte, sozialökologische Transformation einfordern.“ as


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