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Urbane EnergiewendeHamburg will bis 2050 klimaneutral werden

Der ehemalige Flakbunker im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg wurde 2013im Rahmen der IBA Hamburg saniert und zu einem regenerativen Kraftwerk mit Großwärmespeicher und Photovoltaikanlage ausgebaut. Der ehemalige Bunker versorgt rund 3.000 Haushalte in der Umgebung mit Wärme oder Strom
Der ehemalige Flakbunker im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg wurde 2013 im Rahmen der IBA Hamburg saniert und zu einem regenerativen Kraftwerk mit Großwärmespeicher und Photovoltaikanlage ausgebaut. Der ehemalige Bunker versorgt rund 3.000 Haushalte in der Umgebung mit Wärme oder Strom (Foto: Pauli-Pirat / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0)

Hamburg legt einen neuen Klimaplan vor. Die Stadt will ihre CO2-Emissionen bis 2030 halbieren. Mit rund 400 Maßnahmen in allen Sektoren will der Senat die selbst gesteckten Klimaziele erreichen und damit Vorbild für alle Bundesländer werden.

07.12.2019 – Um ihre Klimaziele zu erreichen, macht die Stadt Hamburg jetzt ernst. Mit über 400 Maßnahmen, die in der Fortschreibung des Klimaplans aufgeführt sind,  will die Stadt die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 drastisch senken – um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990. Der CO2-Ausstoß Hamburgs betrug im Jahr 1990 rund 20,7 Millionen Tonnen. Bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen auf 9,3 Millionen Tonnen reduziert werden. Da die CO2-Emissionen bis 2017 bereits um rund 16,4 Mio. Tonnen reduziert wurden, verlange das neue Reduktionsziel demnach eine weitere Minderung um rund 7 Millionen Tonnen bis 2030, berichtet die Stadt.

Der Klimaplan 2019 baut auf dem Vorgänger-Plan von 2015 auf. Er unterscheidet in vier große Bereiche von CO2-Verursachern: Private Haushalte, Gewerbe-Handel-Dienstleistungen, Industrie und Verkehr. Ein fünfter großer Bereich ist die Klimaanpassung, dazu zählt etwa der Hochwasserschutz. Für die Sektoren werden im Plan konkrete Einsparziele in Prozent und Tonnen vorgegeben.

Als große Hebel nannte der Senat eine Fernwärmeversorgung ohne Kohlekraft und einen sauberen Nahverkehr sowie die Gebäudesanierung. Dazu werden Sanierungs- und Dekarbonisierungsfahrpläne erstellt, Energiestandards für Gebäude festgelegt, es sind Ausbaumaßnahmen für ÖPNV und den Radverkehr geplant sowie Förderungen von Klimaschutzprojekten und Vor-Ort-Beratungen für Unternehmen.

Soweit der Plan bis 2030

Raus aus der Kohle, konkret heiße das für Hamburg: Abschalten des Kraftwerks Wedel und einen klimafreundlichen Ersatz dafür schaffen sowie die klimafreundliche Umrüstung des Kraftwerks Tiefstack. Erneuerbare Energien müssen nun zügig weiter ausgebaut werden. Ab 2023 soll für Neubauten eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen auf Hamburgs Dächern gelten. Beim Tausch von Heizungsanlagen gibt es ab Mitte 2021 einen verpflichtenden Anteil Erneuerbarer Energien am Heizsystem. Ölheizungen sollen bei Neubauten ab 2022 nicht mehr zulässig sein, vier Jahre später auch in bestehenden Gebäuden nicht mehr gegen neue ausgetauscht werden dürfen. Gebäude der öffentlichen Hand sollen besonders energieeffizient gebaut und saniert werden, die Landesverwaltung und ihr Fuhrpark bis 2030 „klimaneutral“ organisiert werden. Bei der Planung hin zu einer nachhaltigen Mobilität setzt der Senat insbesondere auf den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs.

Vorbild für alle Bundesländer

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sprach vom bundesweit umfangreichsten Klimaplan und äußerte sich optimistisch, das Ziel zu erreichen – wenn nicht gar zu übertreffen. Hamburg könnte als Vorbild für die anderen Bundesländer zeigen, dass es geht – ohne dass die Bürger an Lebensqualität verlieren, ohne Einbußen für Wirtschaft und Industrie und ohne auf eine hohe Mobilität zu verzichten. Hamburg habe seit 2011 im Klimaschutz schon viel erreicht, sagt der Bürgermeister. „Wir sanieren die Schulen und öffentlichen Gebäude, setzen auf emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr, investieren in den Landstrom im Hafen und steigen bei der Fernwärme aus der Kohle aus.“ Seit 2012 hätten sich die CO2-Emissionen in Hamburg jedes Jahr verringert, im Durchschnitt um rund 400.000 Tonnen pro Jahr.

Klimaneutral bis 2050

Geht es nach Umweltsenator Jens Kerstan von den Grünen, soll Hamburg bis 2050 klimaneutral werden. Alle Stadtbürger seien nun gefordert, es werde jedoch keine finanzielle Überforderung geben. Rund zwei Milliarden Euro sind laut Angaben des Senats für den klimagerechten Umbau der Stadt bis 2030 eingeplant. „Neben Investitionen, Förderung und Innovation brauchen wir in manchen Bereichen auch neue Regeln und Pflichten, damit wir schneller vorankommen, um unsere Ziele zu erreichen“, sagt Kerstan. „Wir legen deshalb das anspruchsvollste und weitreichendste Klimaschutzgesetz Deutschlands vor und betreten damit zum Teil auch juristisches Neuland. Manche Regelung wird den Einzelnen Beiträge abverlangen, aber wir wollen niemanden überfordern. Deshalb werden wir auf eine gerechte und sozial ausgewogene Verteilung der Lasten achten.“ Und weist auf die Chancen hin: „Wenn wir die Herausforderung entschlossen annehmen, können die Verkehrswende, die Wärmewende und die nötige Modernisierung von Gebäuden, Kraftwerken und Industrie zum Jobmotor und Innovationstreiber für Hamburg werden. Der Klimaplan und das Klimagesetz lösen noch nicht alle Probleme. Sie sind aber ein großer Schritt voran und ein gutes Fundament, auf dem zukünftig weitere Anstrengungen beim Klimaschutz aufbauen können.“

Positive und kritische Reaktionen auf den Klimaschutz-Plan

Umweltverbände begrüßen den Hamburger Vorstoß, sehen aber Nachbesserungsbedarf bei der Verkehrswende, vor allem was den Autoverkehr betrifft. Kritik von Seiten der Opposition blieb nicht aus. CDU als auch Linke wiesen etwa auf soziale Ungerechtigkeiten hin, vor allem private Haushalte würden stark belastet.

Positiv reagierte die Wirtschaft. Handelskammer und Handwerkskammer sehen Chancen und wollen eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen, dabei müsse man aber wettbewerbsfähig bleiben, sprich: Vorschriften und Verbote sollten nicht über das bundesweite Maß hinausgehen. Das wird sich bei den neuen Zielen aber wohl nicht ganz vermeiden lassen, zumal mit den Vorgaben vom Bund die Klimaziele nicht erreicht werden können.

Der Klimaplan wird rechtsverbindlich

Zudem wurde der Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz verabschiedet. Darin werden die im Klimaplan festgelegten Ziele und deren regelmäßige Überarbeitung rechtsverbindlich. Die Begrenzung der Erderwärmung soll künftig als Staatsziel in die Präambel der Hamburger Landesverfassung aufgenommen werden. Der Entwurf geht nun zur weiteren Beratung an die Bürger, teilte der Senat mit. Für die Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit in der Bürgerschaft notwendig.

Die Verantwortung für die Einhaltung der Reduktionsziele in den betroffenen Sektoren liegt nun bei den jeweils zuständigen Behörden, die Koordinierung für den gesamten Klimaplan bei der Umweltbehörde. Umsetzung und der Erfolg der Maßnahmen sollen jährlich überprüft werden, die Bürgerschaft werde im Zwei-Jahres-Turnus über die Ergebnisse und Fortschritte informiert. na


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