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ErderwärmungIsland verliert seinen ersten Gletscher

Eine Gedenktafel bleibt, der Gletscher ist schon weg. Bereits 2014 erklärten Experten den Okjökull auf Island für tot, nun gab es die Gedenkfeier. Es ist der erste große Gletscher, den Geologen zum Opfer der Klimakrise erklären. Weitere folgen.

20.08.2019 – Für viele Isländer ist das Verschwinden des Okjökull noch immer ein Schock. Dass die Gletscher des Landes schmelzen, ist lange bekannt. Auch kleinere Exemplare sind schon verloren gegangen. Doch mit dem Gletscher 70 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Reykjavik ist es etwas anderes. „Die meisten Schulkinder kennen seinen Namen, deshalb hat sein Verschwinden für uns eine große psychologische und emotionale Bedeutung“, erklärte Oddur Sigurdsson, Geologe am staatlichen Meteorologischen Institut Islands, die Besonderheit in einem Film über den verlorenen Gletscher.

Der Okjökull war einst 38 Quadratkilometer groß, nun ist nicht einmal einer übrig. Nur der Kratersee des einstiges Vulkans Ok ist noch zugefroren, einige Schneereste liegen am Berghang. Eismassen, die sich angetrieben durch das eigene Gewicht Richtung Tal bewegen, gibt es hier nicht mehr. Insofern ist die Aberkennung des Gletscher-Titels überfällig. Die Eisschicht ist so dünn, dass sie sich nicht mehr bewegt. Was bleibt, ist ein erloschener Schildvulkan mit Schneekappe.

Von Okjökull bleibt nur noch Ok

Genau genommen gibt es den Namen Okjökull nun nicht mehr. Da „Jökull“ auf Isländisch Gletscher bedeutet, verschwindet mit dem Eis auch der Großteil des Namens. Was bleibt, ist Ok.

Zur Erinnerung befestigten Wissenschaftler am Sonntag eine Gedenktafel am Rand des Ex-Gletschers. Darauf steht auf Isländisch und Englisch:

Ein Brief an die Zukunft

Ok ist der erste isländische Gletscher, der seinen Status als Gletscher verloren hat. In den kommenden 200 Jahren dürften ihm alle unsere Gletscher folgen. Diese Gedenkstätte soll bezeugen, dass wir wissen, was geschieht und was zu tun ist. Nur ihr werdet wissen, ob wir es getan haben.

August 2019

Ergänzt ist der Text mit der Angabe „415ppm CO2“, der gegenwärtigen CO2-Konzentration der Atmosphäre.

An der Zeremonie am Sonntagnachmittag nahm auch Islands Regierungschefin Katrín Jakobsdóttir teil. „Ok ist weg und das ist nicht OK“, schrieb sie auf Twitter und fügte in einem Beitrag in der New York Times hinzu: Das Verschwinden sei ein weiterer Beweis des irreversiblen globalen Klimawandels.

Weltweit schmelzen Gletscher

Noch nie in der Geschichte Islands sind die Gletscher so schnell geschmolzen wie heute. „Wir müssen damit rechnen, dass Island in den nächsten 200 Jahren alle seine Gletscher verlieren wird“, schätzt Gletscher-Experte Sigurdsson. Damit ist das nordische Land nicht allein. Weltweit schmilzt ein Großteil der Gletscher mit großen Gefahren für die Wasserversorgung von mehreren Milliarden Menschen.

Noch schneller als Island könnte es die Alpen treffen. Forscher vermuten, dass dort bis 2050 die Gletscher unterhalb von 3.200 Metern verschwinden werden. cw


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