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UN-MenschenrechtsausschussKlimaflüchtlinge können Recht auf Asyl haben

Bewohner der Kiribati-Inseln im Südpazifik auf dem Schiff
Ab wann gilt Land unter? Noch können die Bewohner der Kiribati-Inseln im Südpazifik mit dem Schiff von Insel zu Insel fahren – bald könnten die ersten der kleinen Atolle jedoch schon vom Meer verschluckt werden. (Foto: Flexmaen / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0)

Der UN-Menschenrechtsausschuss hat im Zuge der Klage eines Betroffenen festgestellt, dass eine Bedrohung durch die Folgen des Klimawandels den Anspruch auf Asyl rechtfertigt. Die deutsche Bundesregierung sieht das allerdings etwas anders.

29.01.2019 – „Der Klimawandel könnte zum Hauptfluchtgrund werden", prognostizierte der damalige UNO- Flüchtlingskommissar António Guterres bereits auf dem Weltklimagipfel 2009 in Kopenhagen.  Der Klimawandel und seine Folgen zählen mittlerweile zu den häufigsten Fluchtursachen. In den nächsten 30 Jahren könnten 200 Millionen Klimaflüchtlinge weltweit unterwegs sein, wenn sich der menschengemachte Klimawandel so wie bisher fortsetzt, warnt Greenpeace.

Der UN-Menschenrechtsausschuss hat sich nun erstmals mit der Klage eines Klimageflüchteten befasst. Vorlage für die Diskussion um das Klimawandel bedingte Asylrecht war ein Mann aus dem pazifischen Inselstaat Kiribati. Er hatte 2015 gegen die Ausweisung seiner Familie aus Neuseeland geklagt. Als Grund nannte er damals die Bedrohung seiner Existenz durch die Folgen des Klimawandels. Steigende Meeresspiegel und Wetterextreme machen dem Inselvolk im Pazifik zu schaffen. Auf den vielen kleinen Kiribati-Inseln, die nur wenige Meter über dem Meeresspiegel herausragen, leben rund 120.000 Menschen. Finanzielle Mittel und Möglichkeiten, um sich gegen den steigenden Wasserspiegel und Sturmfluten zu schützen, gibt es kaum. Klimaforscher gehen davon aus, dass Kiribati in den nächsten drei bis sechs Jahrzehnten vom Meer verschluckt werden könnte.

Eine akute Bedrohung des Klägers sah der UN-Menschenrechtsausschuss in diesem Fall noch nicht und lehnte die Klage des Mannes aus Kiribati daher ab –  kam aber doch zu einem Grundsatzurteil: Wer seine Heimat aufgrund des Klimawandels verlassen muss weil das Leben in Gefahr ist, dem kann das Recht auf Asyl nicht verweigert werden.

Wann gilt Land unter?

Ab wann gilt also ein Leben in Gefahr? Der Kläger hatte argumentiert, dass der steigende Meeresspiegel seine Heimatinseln bald unbewohnbar machen könnte. Anbauflächen für Nahrung würden bereits heute mit Salzwasser überflutet, das Trinkwasser kontaminiert. Doch der Ausschuss argumentierte die Ablehnung damit, dass es auf den Kiribati-Inseln ausreichend Schutzmechanismen für die Bevölkerung gebe. Das bleibt also Ermessenssache.

Deutsche Bundesregierung steht dem Beschluss kritisch gegenüber

Bislang ist die „klimainduzierte Migration“ nicht Teil der Genfer Flüchtlingskonvention. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen sieht die Entscheidung daher als „historisch“. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen überwacht die Einhaltung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, den 172 Staaten unterzeichnet haben. Dazu zählt auch Deutschland.

Das deutsche Bundesinnenministerium sieht die Sachlage jedoch etwas anders. Wer wegen der Folgen des Klimawandels seine Heimat verlässt, kann nach Auffassung der Bundesregierung in Deutschland weder Asyl noch Flüchtlingsschutz einfordern. Zwischen Klimawandel, Migration und Flucht bestehe zwar ein Zusammenhang, dieser sei aber bislang nur unzureichend untersucht, teilte ein Sprecher des Innenministeriums Mitte letzter Woche auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Umweltveränderungen seien zwar häufig ein Auslöser, aber nicht die alleinige Ursache von Migrationsentscheidungen. Das bewiesen die meisten Studien.

Verantwortung lässt sich nicht wegdiskutieren

Die globale Erwärmung hat vielschichtige Folgen und gilt bereits heute als ein weiterer Verstärker von Armut und Massenmigration. Weitere geopolitische Konflikte sind damit vorprogrammiert.

Schon vor 15 Jahren beschloss die Regierung Papua-Neuguineas aufgrund der drohenden Überflutung eine Evakuierung von knapp 1.000 Einwohnern der Cateret-Inseln im Südpazifik. Doch es hat sich gezeigt, wie schwierig es ist, Menschen koordiniert umzusiedeln. Nur wenige Familien sind bislang umgesiedelt. Es fehlt an Geld und Möglichkeiten. Und der Antwort auf die Frage: Wer soll das bezahlen? Die kleinen Inselstaaten sind überzeugt, dass die großen CO2-Verursacher, also die Industriestaaten, für die Kosten aufkommen müssen.

Das wird in den internationalen Verhandlungen gerne noch ausgeblendet. Da geht es vor allem um die Festlegung von Emissionszielen für die Industrieländer. Doch ohne die finanzielle Hilfe durch die internationale Gemeinschaft haben die vom Klimawandel betroffenen kleinen Länder kaum eine Chance. Ohnehin haben sich die Industrienationen im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 dazu verpflichtet, Entwicklungsländern von heute bis 2025 jährlich 100 Milliarden Dollar für Anpassungsmaßnahmen bereitzustellen. na


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