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Klimakrise und ErnährungLandwirtschaft muss sich schneller anpassen

Totenkopf-Figur vor einem vertrockneten Maisfeld
Die Maiserträge sowie Soja und Reis werden laut Klima-Modellberechnungen bei steigender Erderwärmung massiv schrumpfen. Das bedroht die Welternährungslage. (Foto: Piqsels / Free license)

Ein hoher Anteil klimaschädlicher Emissionen kommt aus der Landwirtschaft. Am schlimmsten trifft der Klimawandel Bauern im globalen Süden, die kaum dafür verantwortlich sind. Ohne Anpassung werden Erträge schon bald weltweit zurückgehen.

10.11.2021 – Der Agrarsektor gehört zu den großen Quellen anthropogener Klimagasemissionen. Im Laufe der letzten 50 Jahre haben sich die Emissionen aus der globalen Landwirtschaft etwa verdoppelt. Rund eine Hälfte der Emissionen resultieren aus Landnutzungsänderungen: Umwandlung von Wäldern zu Acker- und Weideland, Trockenlegung von Mooren und Holzverbrennung.

Die anderen 50 Prozent kommen aus der Landwirtschaft. Klimaschädliche Emissionen wie Lachgas entstehen durch Mineraldünger, große Mengen Methan werden vor allem beim Nassreisanbau und in der Tierhaltung freigesetzt.

Auf der COP26 werden auch die Emissionen aus der Landwirtschaft verhandelt. Die EU kommt mit einem Reduktionsziel von 30 Prozent Emissionen nach Glasgow. China hat – als größter Reisproduzent der Welt – bei seinem Klimaneutralitätsziel 2060 das klimaschädliche Methan einfach mal ausgeklammert.

Geeinigt haben sich die 100 Staaten auf der Weltklimakonferenz in Glasgow nun darauf, die Vernichtung der Wälder zu stoppen. Doch es gibt berechtigte Zweifel, ob es nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleibt. NGOs wie Greenpeace kritisieren zudem, dass die Abholzung noch fast zehn Jahre weiterlaufen soll. Beim aktuellen Tempo der Abholzung könnten damit – bspw. allein in Brasilien – bis zu 150.000 Quadratkilometer mehr Wald vernichtet werden.

Umweltorganisationen fordern schon lange, die Rodung von Urwäldern und Trockenlegung von Feuchtgebieten zur landwirtschaftlichen Nutzung zu verbieten, sowie einen Umbau der industriellen Landwirtschaft mit Anbaumethoden, die für Mensch, Tier und Umwelt verträglich sind.

Neue Studie zeichnet ein bedrohliches Zukunftsszenario

Die klimabedingte Hungerkatastrophe im Süden von Madagaskar macht aktuell deutlich, dass eine Umstellung in der globalen Landwirtschaft schneller vorankommen muss. Dort wächst nach jahrelanger Dürre als Folge der Erderwärmung kaum mehr ein Halm. So könnte es in Zukunft vielen Regionen ergehen, zuallererst im globalen Süden.

In einer neuen Studie des NASA Goddard Institute for Space Studies, des Earth Institute der Columbia University New York und des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat ein internationales Forschungsteam Daten gesammelt und in neuen Klima- und Nutzpflanzenmodellen verglichen. So wurden Zukunftsszenarien für die weltweite Landwirtschaft ermittelt. Die Forscher beschreiben im Fachjournal Nature Food ihre Ergebnisse: Enorme Ertragsverluste seien bei den wichtigsten Nahrungspflanzen bereits in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren zu erwarten – das ist deutlich früher als bislang angenommen.

Der menschenverursachte Klimawandel hat negative Auswirkungen auf den Anbau von Nahrungsmitteln und die Ernährungssicherheit. Steigende Temperaturen, ausbleibende Regenzeiten und folgende Dürren lassen die Äcker vertrocknen, Extremwetterlagen wie Starkregen wiederum schwemmen die Saat weg. Kleinbauern können sich auf ihre traditionellen, bislang funktionierenden Anbaumethoden nicht mehr verlassen.

Mais, Soja, Reis – Erträge werden schrumpfen

Vor allem trifft es nach Auswertung der Daten den Maisanbau. Mais, Soja, Reis und Weizen sind die Nahrungspflanzen, die rund 90 Prozent der weltweit konsumierten Kalorien abdecken. Bei weiter steigender Erderwärmung könnten demnach die Mais-Erträge in den letzten 30 Jahren dieses Jahrhunderts um rund ein Viertel weltweit zurückgehen.

Eine global negative Produktionsänderung, die „Time of Emergence" (TCIE) wie die Forscher es benennen, könnte beim Maisanbau in den heißeren Regionen bereits in zehn Jahren eintreten. In bislang gemäßigten Klimazonen, die rund 80 Prozent der Maisproduktion ausmachen, könnte es auch bereits in 15 Jahren zu einer Verringerung der Ernteerträge kommen. Ähnliches wäre bei Soja und Reis zu erwarten. Auch diese Pflanzen regieren mit zunehmender Erderhitzung empfindlich.

Neben der Erderhitzung verändert auch der höhere CO2-Gehalt in der Atmosphäre die Pflanzen. Manche wachsen zwar schneller, die Früchte jedoch seien häufig kleiner und hätten weniger Nährwert. Weizenerträge könnten demnach laut Modellrechnung zunächst zwar bis zu 17 Prozent zulegen. Doch auch die Weizenerträge steigen den Modellen zufolge nur bis Mitte des Jahrhunderts an und fallen danach wieder ab, vor allem aufgrund einer schlechteren Wasserverfügbarkeit.

Klima-Ungerechtigkeit nimmt zu

Besonders hart wird es laut den aktuellen Modellberechnungen die tropischen und subtropischen Regionen treffen. In den Ländern des globalen Südens, wo Millionen von Kleinbauern direkt von der Landwirtschaft leben, werden die stärksten Rückgänge bei den Erträgen erwartet. Armut und Hungerkrisen werden sich verschärfen. Der Zeitraum für mögliche Anpassungen werde immer kürzer, warnen die Klimaexperten.

Parallel zur Bekämpfung der Klimakrise sollten daher nun zügig Anpassungsstrategien für die Landwirtschaft entwickelt werden. Dazu müssten Produktionssysteme vielfältiger gedacht werden, Die Forscher raten auch zur Entwicklung angepasster Sorten. Diese Strategien sollten systematisch verfolgt und politisch flankiert werden. Nahrungsmittelverluste bei Anbau, Transport und Verbrauch gelte es zu vermeiden.

Eine grundlegende Änderung sei jetzt dringend notwendig, so das Fazit der Forscher. Denn selbst bei Steigerung der Klimaschutz-Maßnahmen wären spürbare Effekte in spätestens 20 Jahren zu erwarten – zu spät für die Landwirtschaft im globalen Süden. na


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