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Doppelmoral in der KlimakriseNorwegen verkauft neue Ölbohrungen als Klimaschutz

Fjord-Hafenstadt in Norwegen mit großem Ölkessel
Norwegens Doppelmoral: Klimaschutz im eigenen Land, das vor Norwegens Küsten gewonnene Erdöl wird in großem Maßstab in die Welt exportiert und sorgt dort für enorme CO2-Emissionen. Und für enormen Wohlstand im eigenen Land – auf den die Mehrzahl der Bürger nicht verzichten möchte.(Foto: Pixabay / Free License)

Klimaschutz zuhause, Erdöl in die Welt: Norwegens Regierung sieht darin keinen Widerspruch. Europas größtes Erdölfeld in der Nordsee hat mit der Förderung begonnen und spült die nächsten Jahrzehnte Milliarden in die norwegische Staatskasse.

10.01.2020 – Premierministerin Erna Solberg lobte das Projekt zum Start der Förderung. Kein Wunder, denn in der Tiefe der Nordsee vor Norwegens Küste liegen 2,7 Milliarden Barrel Öl – was laut Unternehmen etwa einem Wert von gut 100 Milliarden US Dollar entspricht. Dafür kann man sich im eigenen Land schön viel Klimaschutz leisten – mit Elektroautos für jeden und Wasser- sowie Windkraft für die landeseigene Energieversorgung. Und für die Dieselschiffe in Norwegens atemberaubenden Fjorden findet sich sicherlich auch bald eine nette, nachhaltig aussehende Lösung.

Das ist besser als nichts, jedoch ziemlich doppelmoralig, kritisieren Umweltschützer – und hilft dem Klimaschutz in Summe kaum etwas. Doch darauf kommt es an – es geht um Mengen, und die sind in diesem Fall enorm groß: Denn das gefundene Ölfeld mit Namen „Johan Sverdrup“ gilt bereits jetzt als das größte Westeuropas. Es liegt rund 140 Kilometer von der norwegischen Küstenstadt Stavanger entfernt. Es gilt als so ergiebig, dass dort laut Rechnung bis in die 2070er-Jahre Öl gefördert werden kann.

Eine Klimadebatte wäre auch eine Wohlstandsdebatte

Norwegens Öl wird in die ganze Welt transportiert und sorgt für den enormen Wohlstand im eigenen Land. Das heißt auch: Würde man auf die größte Einnahmequelle Erdölexporte verzichten oder sie auch nur einschränken, wäre der Wohlstand in Gefahr. Norwegens unbequeme Wahrheit.

Die norwegische Energieministerin Sylvi Listhaug von der rechtspopulistischen Fortschrittspartei FRP spricht sich denn auch klar für die Ölförderung aus, Klimawandel hin oder her. Während Norwegens Ölindustrie in den letzten Jahren eher stagnierte, stellt die Regierung nun fleißig neue Bohrlizenzen aus spricht von einer klimafreundlicheren Ölförderung, denn die Förderung soll mit Ökostrom vom Festland betrieben werden. Dabei entsteht der Großteil der Emissionen ja nicht bei der Förderung, sondern bei der Verbrennung des so gewonnenen und dann exportierten Erdöls. Laut Greenpeace gilt Norwegen als der siebtgrößte Exporteur von CO₂-Emissionen weltweit – gemessen an der Einwohnerzahl von lediglich rund fünf Millionen Menschen ist das enorm. Klimaaktivisten werfen der norwegischen Regierung denn auch Heuchelei vor.

Klimaaktivisten warnen

Zwei Drittel des Öls aus Johan Sverdrup sollen vor 2030 gefördert werden. Vor der Madrider Klimakonferenz richteten Jugendliche mit der Aktivistin Greta Thunberg einen Brief u. a. an die norwegische Regierungschefin und forderten darin eine schrittweise Verminderung der Fördermenge in bereits produzierenden Ölfeldern, vor allem sollten keine weiteren Ölfelder erschlossen werden. Im Production Gap Report, auf den sie sich beziehen, wird deutlich dargestellt, dass mit dem weltweit geplanten Öl- und Gas-Fördervolumen bis 2030 die Klimaziele bei weitem nicht einzuhalten sind und die Klimaerwärmung haltlos voranschreitet. na


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