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KlimaschutzOhne CO2-Speicherung geht es nicht

Stop-CO2-Schild, im Hintergrund Abgase vom Verkehr
(Pixabay / Free License)

Das Thema schien bereits erledigt: Vor Jahren begruben Kohlekonzerne ihre Idee der unterirdischen Speicherung von CO2, der Widerstand der Bürger war zu groß. Nun entdeckt die Politik das Thema neu. Aus Klimasicht führt daran wohl kein Weg vorbei.

24.05.2019 – In Schwung gebracht hat die neuerliche Diskussion über eine CO2-Speicherung die Bundeskanzlerin. In ihrer Rede auf dem Petersberger Klimadialog sagte sie: Klimaneutral bedeute nicht, dass gar keine Treibhausgasemissionen mehr ausgestoßen würden. Sondern, dass man „alternative Mechanismen“ finden müsse, um diese zu speichern oder zu kompensieren.

Als Methoden nannte Angela Merkel Aufforstung, die „in entwickelten Ländern begrenzt“ nur möglich sei, und die Speicherung von Kohlendioxid. „Die CO2-Speicherung ist in Deutschland sehr umkämpft. Viele Menschen haben Sorgen. Andere Länder nehmen diesen Weg ins Auge“, sagte sie.

CO2-Speicherung ist kein Klimaschutz

Klimaschützer sehen die Diskussion ebenfalls mit Sorge. Sie fürchten, dass durch Technologien zur CO2-Speicherung der Druck auf die Politik nachlassen könnte, endlich ernsthaften Klimaschutz umzusetzen. „Wir warnen ausdrücklich davor, gefährliche, teure und unerprobte Technologien wie die Speicherung von CO2 unter der Erde als Klimaschutz zu betrachten“, sagte etwa BUND-Chef Hubert Weiger.

Die Umweltverbände warnen zudem davor, dass die Sicherheit von unterirdischen Lagerstätten noch gar nicht erforscht seien. Würden dort große Mengen Kohlendioxid austreten, würde die globale Erhitzung weiter angeheizt.

Warum nicht gleich die Emissionen senken?

Weil es dafür wahrscheinlich schon zu spät ist. Zumindest ist es unwahrscheinlich, dass die Menschheit so schnell wie eigentlich notwendig ihre Emissionen reduzieren wird. Das hatte der Weltklimarat IPCC bereits 2014 in seinem 5. Sachstandsbericht festgestellt. Man wird Technologien zum Speichern von CO2 benötigen, wenn man die Chance erhalten möchte, unterhalb einer globalen Erhitzung von zwei Grad zu bleiben, hieß es.

Der neueste IPCC-Sonderbericht vom Herbst 2018 hatte das erneut bestätigt. Dort heißt es sogar, es sei ein großskaliger Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre nötig, um den globalen Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen.

CO2-Speicherung ja, aber so wenig wie möglich

„Je länger die Welt mit ambitionierten Maßnahmen zum Klimaschutz wartet, desto entscheidender wird die Bedeutung von CO2-Entnahme-Technologien für das 1,5-Grad-Ziel“, sagte Sabine Fuss vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). Sie hatte als Leitautorin am IPCC-Sonderbericht mitgeschrieben. Allerdings könne eine entschiedene und erheblich schnellere Einsparung von Emissionen die Abhängigkeit von diesen Technologien verringern.

Klimawissenschaftler wie das MCC sagen also: Ja, CO2-Speicherung muss sein, aber so wenig wie möglich. Sie warnen: Diese negativen Emissionen sind keine Wunderwaffe im Kampf gegen die globale Erhitzung und sollten nur mit Vorsicht in eine Gesamtstrategie im Kampf gegen die Klimakrise eingebunden werden.

Welche Technologien gibt es?

  • Carbon Capture and Storage, kurz CCS, wird das Einfangen und Speichern von Kohlendioxid meist bezeichnet. Gelegentlich ist auch von BECCS die Rede, Bioenergy with Carbon Capture and Storage. Dabei wird Biomasse, also etwa Holz, in Kraftwerken verbrannt, das frei werdende CO2 umgehend abgeschieden und in geologischen Tiefenlagern gespeichert.
  • Die einfachste und beste Variante ist das Aufforsten, denn wachsende Bäume binden CO2. Diese Strategie ist günstig, es werden allerdings im großen Maßstab Flächen gebraucht, die nicht zur Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stehen. In Deutschland gibt es hierzu nicht genügend Land. Gleiches gilt für das BECCS, bei dem enorme Flächen gebraucht würden, was zu weiteren Konflikten führen könnte.
  • Wenig Land wird dagegen beim Direct Air Capture (DAC) benötigt, dem Einfangen von Kohlendioxid direkt aus der Luft. Eine erste Anlage der Firma Climeworks mit speziellen Filtern steht bereits in der Schweiz. Die Kosten dieses Versuchs liegen mit bei 600 Euro pro Tonne zwar noch sehr hoch, es zeichnen sich aber große Kosteneinsparungen durch Weiterentwicklung ab.
  • Ein gravierender Vorteil gegenüber BECCS: DAC-Anlagen benötigen kaum Platz, die Flächenkonkurrenz gibt es also nicht. Wird zudem Energie aus erneuerbaren Quellen zum Einfangen verwendet, wird das Ausfiltern noch wirksamer. Dennoch ist weiterhin unklar, wo das CO2 sicher gespeichert werden kann.

Weitere Möglichkeiten sind:

  • Ozeandüngung: Nährstoffe wie Eisen werden in die Meere gekippt, damit diese mehr Kohlendioxid aufnehmen.

  • Biokohle: Teilweise verbrannte Biomasse, zum Beispiel Holz, wird unter Böden gemischt und nimmt CO2 auf.
  • Enhanced Weathering: Mineralien werden zerkleinert und ebenfalls unter Böden gemischt, damit diese auf chemische Weise Kohlendioxid binden.

Kohleausstieg öffnet Diskussion

Neben der Bundeskanzlerin hat auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze erkannt, dass an einer unbequemen Diskussion um CO2-Speicherung und negative Emissionen kein Weg vorbei führt. „Diese Debatte muss sein“, sagte sie am Samstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Und weiter: „Gegen die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid gab es lange Widerstand, weil sie die längere Verstromung von Kohle ermöglichen sollte. Mit dem Kohleausstieg aber hat sich dieser Einwand erledigt.“ Womöglich hat sie damit recht. Die nächsten Monate und Jahre werden zeigen, ob die CO2-Speicherung in Deutschland eine zweite Chance erhält. cw


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