Eines Tages steht das Kind plötzlich da, die Haare feuerrot leuchtend inmitten des Kiefernwaldes, und gehört niemandem. Skalde nimmt es mit zu sich, obwohl sie weiß, dass die anderen, die in der abgelegenen Gegend leben, das nicht dulden werden. Skalde und ihre Mutter Edith gehörten selbst nie richtig zur Gemeinschaft, seit Edith vor mehr als zwei Jahrzehnten plötzlich triefend am Ufer des Flusses stand, von dem die Anderen sich erhofft hatten, er würde sie vor der im Chaos versinkenden Welt beschützen.
Skalde und Edith leben in einer seltsamen von Distanz geprägten Beziehung. Den Vordereingang ihres Hauses benutzen sie nur selten, schlagen sich über ihren Garten durch die Brombeerhecke in den Wald. Ihre Geschichte, aber auch die der Gegend und der Abnormitäten der Natur wird nur fragmentarisch erzählt. Mit nüchternen Worten erstattet Skalde Bericht von ihrer Kindheit und ihrem Leben. Ihre Gefühle drückt sie in kurzen poetischen Notizen aus und fängt damit die bedrohliche und verwirrende Atmosphäre ihrer Welt ein.
Helene Bukowski erzählt in ihrem Debütroman von einer Welt, die aus den Fugen geraten ist, deren Bewohner sich abschotten, ihr Wissen über die Welt verloren haben. Ein Roman über Fremdheit und Einsamkeit, den Verlust menschlicher Solidarität. Ein Bericht aus einer verrohten Welt, die irgendwo auf uns zu warten droht. Aber auch von der Stärke und dem Mut zweier Frauen.
Milchzähne
Helene Bukowski
Aufbau Taschenbuch 2021, 256 Seiten
ISBN 978-3-7466-3737-2
10 Euro