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Die Meinung
12. Dezember 2017

Erneuerbare Energien und Naturschutz – unlösbarer Konflikt?

Deutschland will und braucht die Energiewende. Durch eine höhere Energieeffizienz und Energiesparen kann der Energieverbrauch gesenkt werden. Was dann noch an Energie notwendig ist, soll aus Erneuerbaren Quellen stammen. Hierfür braucht es neben anderen Anlagen vor allem Windenergieanlagen.

Katharina Maaß, Projektleiterin Dialogforum NABU Baden-Württemberg

Katharina Maaß, Projektleiterin Dialogforum NABU Baden-Württemberg
Katharina Maaß ist Projektleiterin im Dialogforum Erneuerbare Energien und Naturschutz auf Seiten des NABU Baden-Württemberg. (Foto: NABU/M. Matthai)
Katharina Maaß ist Projektleiterin im Dialogforum Erneuerbare Energien und Naturschutz auf Seiten des NABU Baden-Württemberg. (Foto: NABU/M. Matthai)

11.12.2017 – Damit ein Windpark klimafreundlichen Strom produzieren kann, muss im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zuerst einiges untersucht und überprüft werden. Hierzu gehört auch der Naturschutz. Warum eigentlich?

Eine Windenergieanlage kann vielfältige Auswirkungen auf die Natur haben. Tiere und Pflanzen können aus ihrem angestammten Lebensraum verdrängt werden. Manche Tiere können ihren Schlafplatz oder die Fläche, auf der sie bisher ihr Futter gefunden haben, verlieren. Andere können durch den Bau oder Betrieb der Windräder so sehr gestört werden, dass sie das Gebiet großräumig meiden. Besonders bei schlecht geplanten Standorten gefährden die Windenergieanlagen Fledermäuse und Vögel. Denn sie laufen Gefahr, an den Rotorblättern zu verunglücken.

Für die Energiewende ist der Bau von Windparks und anderen Anlagen Erneuerbarer Energien zwingend notwendig, um Natur und Umwelt vor weiteren negativen Folgen des Klimawandels zu bewahren. Für den Naturschutz ist es notwendig, die Pflanzen- und Tierwelt in ihrer Schönheit und Eigenheit zu erhalten und vor einem immer zügelloseren Vordringen des Menschen in ihren Lebensraum zu schützen.

Wie lässt sich bei der Windenergienutzung dieser Konflikt zwischen Erneuerbaren Energien und Naturschutz auflösen?

Was es braucht, ist ein offener Austausch: ein Dialog auf Augenhöhe, der transparent ist, in dem ergebnisoffen diskutiert wird, mit allen relevanten Akteuren. Natur- und Umweltschutzverbände wie NABU und BUND gehören zu diesen Akteuren. Sie sind rechtlich dafür anerkannt, die Belange des Naturschutzes in Verfahren vertreten zu dürfen. Gleichzeitig bilden sie das Dach für viele engagierte Menschen, denen Natur- und Umweltschutz ein Herzensanliegen ist.Wenn es um eine Konfliktvermittlung zwischen Naturschutz und Erneuerbaren Energien geht, dann dürfen die Umwelt- und Naturschutzverbände nicht fehlen.

Doch inwiefern kann der Dialog konkret helfen, den Konflikt zu lösen?

Erstes Ziel des Dialogprozesses ist es, alle Akteure an einen Tisch zu bekommen. Hierzu gehören neben den Naturschutzverbänden die Projektierer, die den Windpark planen. Zusätzlich sollten Gutachter/-innen, die die Situation vor Ort untersuchen, mit am Tisch sitzen. Weitere Akteure sind die Genehmigungsbehörde, können aber auch Vertreter/-innen der Kommune oder der Bevölkerung vor Ort sein. Der Dialog kann somit die Möglichkeit schaffen, miteinander statt aneinander vorbei zu reden, wie es sonst teilweise der Fall ist. Bereits hierdurch kann der Konflikt versachlicht werden.

Sitzen alle an einem Tisch, lässt es sich nach wie vor herrlich streiten. Wichtig sind hierbei die Fragen des „Wie“ und des „Worüber“. In einem moderierten Dialog können für das „Wie“ Dialogregeln festgehalten werden. Solche Regeln unterstützen einen konstruktiven und vertrauensvollen Umgang miteinander. Hierzu gehört, dass jeder Dialogteilnehmer und jede Dialogteilnehmerin alle relevanten Informationen erhält.

Auf dieser Grundlage kann dann der eigentliche Konflikt herausgearbeitet werden. Wo liegen die unterschiedlichen Einschätzungen beim geplanten Windpark? Welcher Konflikt mit dem Natur- und Artenschutz wird von welcher Seite gesehen? Wie schwerwiegend ist dieser Konflikt? Wenn der Konflikt klar benannt ist, folgt die eigentliche Herausforderung: Gibt es Möglichkeiten, den Konflikt zu lösen?

In einem weiteren Schritt gilt es, Lösungen zu finden, denen alle zustimmen können. Durch verschiedene rechtliche Regelungen gibt es bereits Vorgaben, wie mit Konflikten im Bereich des Naturschutzes umzugehen ist. Diese bilden eine gute Grundlage.

In jedem Fall entscheidend ist aber die Standortwahl. Windparks können an manchen Standorten eine Gefahr für Natur und Arten darstellen. An anderen Standorten sind die Konflikte von vornherein geringer und können auf Grundlage der rechtlichen Regelungen soweit minimiert werden, dass die Windenergieanlagen mit der Natur vereinbar sind. Dazu gehört, dass Anlagen verschoben werden und auf sehr kritische Anlagen verzichtet wird. Es gibt die Möglichkeit, Anlagen zeitweise abzuschalten, wenn besonders viele Vögel und Fledermäuse unterwegs sind. Über freiwillige zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen, wie durch zusätzlich geschaffene Nahrungsflächen, kann teilweise auch die Natur profitieren.

Was bringt ein Dialog unterm Strich?

Der gemeinsame Austausch bietet eines nicht: eine Garantie, dass der Windpark am Ende auch umgesetzt wird. Die Genehmigung wird nach wie vor von Behördenseite erteilt, welche alle Schutzgüter und Belange abwägt und prüft. Der Natur- und Artenschutz ist ein wichtiges öffentliches Gut, an dem schon der eine oder andere Windpark gescheitert ist. Durch einen erfolgreichen Dialog können für Erneuerbare Energien und Naturschutz gemeinsame Wege gefunden werden. Es ist vor allem durch freiwillige Maßnahmen möglich, ein Plus für Natur und Umwelt herauszuholen, so dass beide – Erneuerbare Energien und Naturschutz – gleichermaßen profitieren.

Werden die Naturschutzverbände von Anfang an aktiv mit in den Prozess eingebunden, ergibt sich auch eine größere Sicherheit für die Projektierer. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass die Verbände im Fall einer abgestimmten Planung und guter gemeinsamer Lösungen gegen die Genehmigung vorgehen werden – sei es durch einen Widerspruch oder sogar durch eine Klage. Vielmehr kann ein erfolgreicher Dialog die Akzeptanz von Windenergieanlagen fördern, denn er zeigt, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien und Naturschutz durchaus miteinander vereinbar sind. Unterstützung auf dem Weg hin zu gemeinsamen Lösungen bietet das bei BUND und NABU Baden-Württemberg angesiedelte Projekt „Dialogforum Erneuerbare Energien und Naturschutz“.

Katharina Maaß ist Projektleiterin im Dialogforum Erneuerbare Energien und Naturschutz auf Seiten des NABU Baden-Württemberg. Das Gemeinschaftsprojekt von BUND Baden-Württemberg und NABU Baden-Württemberg wird vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg gefördert.




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