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Die Meinung
15. Februar 2021

Die Klimawende beginnt in der Schule

Schulen zählen mit zu den großen kommunalen CO2-Emittenten. Das Projekt der „Klimaneutralen Schulen“ setzt nicht nur wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen und Energieeinsparungen in die Praxis um, sondern kann auch die Klimawende gesellschaftsfähig machen.

Dr. Christoph Stein betreut das Projekt „Klimaneutrale Schulen in Niedersachsen“

Dr. Christoph Stein betreut das Projekt „Klimaneutrale Schulen in Niedersachsen“
Dr. Christoph Stein betreut das Projekt „Klimaneutrale Schulen in Niedersachsen“
Foto: Privat

15.02.2021 – In der Fridays-for-Future-Generation ist ein Bewusstsein dafür entstanden, dass die Klimawende die große Herausforderung unsere Zeit ist. Doch die in Berlin oder Brüssel gestaltete Klimawende braucht einen langen Atem – und sehr viel Geduld. Da wird viel geredet, aber kaum gehandelt.

Die alltägliche Erfahrung an deutschen weiterführenden Schulen heißt: Schülerinnen und Schüler recherchieren, analysieren, diskutieren, argumentieren und demonstrieren – um schließlich wegen angeblicher Sachzwänge zu resignieren. Aber weder Schüler noch viele Lehrkräfte wollen dieses alltägliche Spiel weitertreiben. Sie wollen handeln. Die Möglichkeiten liegen vor der Haustür: Mit dem in Niedersachsen gestarteten Projekt Klimaneutrale Schule können Schüler und Lehrer ihren Kommunen zeigen, was alles geht – und wie es geht.

Ohne klimaneutrale Schulen keine klimaneutralen Kommunen,
ohne klimaneutrale Kommunen kein klimaneutrales Land

Nun mag man einwenden: Was bringt schon eine Umstellung der Schulen auf Klimaneutralität? Eine jüngste Untersuchung in Niedersachsen hat die Energieverbrauchsdaten und den CO2-Ausstoß von fast 200 Gymnasien und Gesamtschulen, also der großen Schulen mit durchschnittlich 1.000 Schülerinnen und Schülern, bestimmt. Diese Schulen sind die größten CO2-Emittenten, auf die die Kommunen (große Städte und Landkreise) direkten Zugriff haben:

Eine durchschnittliche Schule mit ca. 1.000 Schülerinnen und Schülern sowie 80 Lehrkräften emittiert durch Strom und Heizung 385 Tonnen CO2 pro Jahr. Die 388 Gymnasien und Gesamtschulen in Niedersachsen emittieren jährlich rund 150.000 Tonnen CO2 für Strom und Heizung und etwa nochmal die gleiche Menge für Transport und Schulessen.

Der CO2-Ausstoß der kommunalen Immobilien, von denen die Schulen und Kitas die wichtigsten CO2-Emittenten sind, beträgt damit zwar nur etwa 2-3 Prozent der kommunalen Emissionen. Es ist eben die „Kleine Klimawende“ – doch dieser wird eine „Mittlere Klimawende“ folgen, die Wende in vielen Haushalten der Mittelschicht:

Wenn nur 30 Prozent der Schüler, die die Gymnasien und Gesamtschulen besuchen, erfahren, was eine Photovoltaik-Anlage und eine Umrüstung auf LED in ihrer Schule bewirkt, werden sie solche Informationen und v.a. die Erfahrung mit nach Hause tragen.

Wenn nur 30 Prozent der Schüler in der Schule erleben, wie vegetarische oder vegane Ernährung schmeckt und was sie für das Klima, insbesondere für ihre Schule auf dem Weg zur Klimaneutralität bedeutet, wird dies nicht ohne Wirkung in den Familien bleiben.

Wenn die neuen Konzepte für Klassenreisen und Schülerfahrten in vielen Gymnasien und Gesamtschulen Europareisen prinzipiell vom Flugzeug auf die Bahn verlagern, wird der nächste Flug der Familie nach Mallorca zum Familienkonflikt. Und wenn Schülerinnen und Schüler, die an einem Schüleraustausch in die USA teilnehmen möchten, ihren damit erzeugten CO2-Ausstoß kompensieren müssen, werden sie die Bedeutung der CO2-Kompensation nicht nur theoretisch gelernt, sondern selbst vielleicht auch „hautnah“  erfahren haben.

Langsam, aber kontinuierlich könnte sich damit das gesellschaftliche Bewusstsein in den Mittelschichthaushalten verändern. Die persönliche Erfahrung, selbst Teil einer Klimawende zu sein, selbst etwas verändern zu können, wird bei Schülern und Eltern das Gefühl von Selbstwirksamkeit hervorrufen. Das kann sich wiederum auf das Wahlverhalten auswirken. Dann endlich wird es zur „Großen Klimawende“ kommen.

Wissen in die Tat umsetzen
Die Klimaneutrale Schule macht den Anfang

Der erste Schritt ist getan: Die Website Klimaneutrale Schule liefert Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften die Anleitung für ihren Weg zur Klimaneutralen Schule. Wissenschaftlich betreut wurde dieser Leitfaden vom renommierten IFEU-Institut. Und die Lehrkräfte in Niedersachsen erhalten durch den sogenannten BNE-Erlass (Bildung für nachhaltige Entwicklung) pädagogischen Hintergrund und Legitimation für einen stärker handlungsorientierten Unterricht, der sich u.a. an den Nachhaltigkeitszielen der  Vereinten Nationen ausrichtet. Der Klimawandel und damit zusammenhängende Probleme sind ein bedeutsamer Teil dieser Nachhaltigkeitsziele.

2022 sollen die ersten Klimaneutralen Schulen in Niedersachsen ausgezeichnet werden. Dann ist die „Kleine Klimawende“ nicht mehr aufzuhalten. Die Fridays-for-Future-Bewegung erhält neuen Schwung. In den Kommunen, vor den Rathäusern wird es ungemütlicher. „Bürgermeister wo bist du, hör uns nun mal endlich zu! Unsere Geduld ist nun am Ende, wir brauchen eine Klimawende!“

Dr. Christoph Stein ist pensionierter Gymnasiallehrer und Lehrerausbilder und betreut mit Unterstützung des Nds. Kultusministeriums und der Klimaschutz- und Energie-Agentur Niedersachsen das Projekt Klimaneutrale Schulen in Niedersachsen.

 




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