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Die Meinung
24. September 2020

EEG 2021: Die „Zerstörung der Erneuerbaren“

Man kann die Konsequenzen des vorgelegten EEG-Entwurfs gar nicht drastisch genug schildern – für die Zukunft der Erneuerbaren-Energien-Branche in Deutschland wie auch unserer Zivilisation. Da ist lautstarker Protest nötig, um nicht eine Entwicklung zu gefährden, die für ein Erreichen der Klimaziele dringend notwendig ist.

Martin Schachinger, Gründer und Geschäftsführer von pvXchange

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Martin Schachinger, Gründer und Geschäftsführer von pvXchange
Foto: pvXchange

24.09.2020 – In Anlehnung an die vielbeachteten Videos des Youtube-Stars Rezo, „Die Zerstörung der CDU“ (2019) und „Die Zerstörung der Presse“ (2020), greife ich beim wichtigen Thema der anstehenden EEG-Novelle auch zum Stilmittel der Übertreibung und verwende bewusst diese harte Formulierung. Man kann nämlich die Konsequenzen eines unambitionierten EEG-Entwurfs, wie er vor Kurzem von der Bundesregierung vorgelegt wurde, gar nicht drastisch genug schildern – für die Zukunft der Solarbranche in Deutschland wie auch unserer Zivilisation.

Hier ist wirklich lautstarker Protest nötig, um nicht eine Entwicklung zu gefährden, die für ein Erreichen jeglicher, noch so niedrig gesteckter Klimaziele, dringend notwendig ist. Ansonsten drohen uns im Verlaufe des kommenden Jahrzehnts bei gleichzeitiger Reduktion der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen nicht nur die allerseits gefürchtete Stromlücke, sondern noch ganz andere Katastrophen, gegen die die aktuelle Corona-Krise ein lauer Sommerwind ist.

Die Erneuerbaren Energien, allen voran die Windkraft und die Photovoltaik, sind die wesentlichen Bausteine der Energiewende – das ist mittlerweile international anerkannt und findet sich auch im „Green Deal“ der EU-Kommission wieder. Photovoltaik dominiert dabei als wichtigste Technologiequelle die Stromerzeugungskapazitäten – mit einem Rekordzubau von 118 Gigawatt weltweit übertraf die Photovoltaik alle anderen Energieerzeuger. Wind- und Solarenergie stellen damit über 60 Prozent der neuen Kapazitäten und dürfen keinesfalls ausgebremst werden, indem die ohnehin immer geringer werdenden Investitionsanreize für private netzgekoppelte Anlagen weiter in großem Maße verschwinden.

Das kann beim besten Willen keiner verantworten wollen!Und wir reden hier nicht nur über einen Rückgang des Photovoltaik-Zubaus, der unter Beibehaltung der Vorschläge aus dem Wirtschaftsministerium zu befürchten ist, sondern auch über einen Wegfall von vorhandenen Kapazitäten, nämlich von Photovoltaik-Anlagen, die ab dem kommenden Jahr sukzessive aus der bisherigen Förderung fallen und keine adäquate Einspeisevergütung mehr erhalten sollen. Das kann beim besten Willen keiner verantworten wollen!

Einen weiteren signifikanten Preisrückgang bei Photovoltaik-Installationen, wie wir ihn in den vergangenen Jahrzehnten gesehen haben, wird es in den kommenden Jahren nicht mehr geben. Wir haben mittlerweile – zumindest bei kleinen bis mittleren Anlagen – ein Niveau erreicht, welches schwer noch zu unterschreiten ist. Auch die Modulpreise selbst haben sich über beinahe alle Technologien hinweg in den letzten Wochen stabilisiert.

Modul-, aber auch Wechselrichterhersteller versuchen teilweise sogar schon wieder, leichte Preiserhöhungen durchzusetzen. Die Begründungen lauten sowohl Produktionskapazitätsengpässe als auch ein Nachfragesprung in Asien, von dem zumindest im September aber noch nicht viel zu erkennen ist. Dennoch ist die Preis-Talfahrt der letzten Monate zum Erliegen gekommen. Die Klassen im Preisindex wurden allerdings auch leicht nach oben angepasst, da sich der Trend zu immer höheren Modulleistungen weiter durchsetzt, ohne dass sich die absoluten Kosten des einzelnen Panels wesentlich verändern.

Was sind aber nun die wesentlichen Kritikpunkte am vorliegenden EEG-Referentenentwurf?

Zunächst existieren dort weiterhin zu niedrige Ausbauziele – nur etwa 5 Gigawatt Photovoltaik und 3,7 Gigawatt Onshore-Windkraft pro Jahr, obwohl anerkannte Studien zur Erkenntnis kommen, dass wir für ein Erreichen der 1,5-Grad-Marke aus dem Pariser Klimaabkommen ein Vielfaches dieser Leistung benötigen. Ansätze zur Sektorenkopplung sowie Konzepte zur Integration von Erzeuger- und Verbrauchsanlagen in die Stromnetze und Märkte sind zwar erkennbar, aber nicht ausgereift. Weiterhin gibt es eine deutliche Behinderung der Eigenversorgung durch Pauschalabgaben und überzogene Mess- und Regelungsanforderung, darunter die Ausweitung der Einbaupflicht für Smart Meter auf Anlagen ab einem Kilowatt Leistung. Das verstößt sogar gegen die Vorgaben in der Erneuerbare Energien-Richtlinie der EU. Diese schreibt vor, dass solarer Eigenverbrauch aus Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt nicht mit Abgaben und Umlagen belastet werden darf. Eigentlich muss die Bundesregierung dies bis Mitte 2021 in nationales Recht umsetzen.

Weiterhin will die Bundesregierung mit der Ausweitung der Ausschreibungspflicht die Photovoltaik-Kostenentwicklung weiter dämpfen. Bisher können Anlagen ab 750 Kilowatt Leistung nur realisiert werden und eine festgeschriebene Einspeisevergütung bekommen, wenn sie den Zuschlag in einer öffentlichen Ausschreibung erhalten.

Dabei machen bisher jedoch Freiflächenanlagen meistens das Rennen. Künftig plant man separate Auktionen für Dachanlagen, dann aber bereits für alle Projekte ab 500 Kilowatt Leistung, wobei die Grenze in den Folgejahren sukzessive sogar auf 100 Kilowatt gesenkt werden soll. Darin sieht nicht nur der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) den größten Marktblocker, da dieses Segment bis zur Hälfte des jährlichen Photovoltaik-Zubaus ausmacht. In Frankreich ist man bereits mit solchen Ausschreibungen gescheitert.

Zu guter Letzt widme ich mich dem nicht unwichtigen Thema der Ü20- oder Post-EEG-Anlagen, also der Zukunft von Photovoltaik-Anlagen, die nach zwanzigjähriger Laufzeit aus der Förderung durch das EEG herausfallen. Das bedeutet, dass der jeweilige Netzbetreiber nicht mehr verpflichtet ist, den Strom aus solchen, häufig noch sehr gut funktionierenden Anlagen zu vergüten oder überhaupt noch abzunehmen. Es gibt zwar im Referentenentwurf einige Vorschläge zum Weiterbetrieb, die aber bestenfalls als unausgereift bezeichnet werden können.

Für Kleinanlagenbetreiber, die es ja zunächst vorwiegend betrifft, sind alle vorgeschlagenen Varianten, etwa die Einspeisung zum jeweiligen Marktwert abzüglich einer Vermarktungsgebühr von 0,4 Cent pro Kilowattstunde oder auch die Belegung von Eigenverbrauch mit zusätzlichen Steuern und Abgaben vollkommen unwirtschaftlich. Sollte da keine wesentliche Nachbesserung kommen, werden viele Altanlagen vermutlich stillgelegt und abgebaut.

Dass man sich erst so spät – also viel zu spät – mit diesem Sachverhalt beschäftigt, ist vollkommen unverständlich, da ja seit dem Auflegen der ersten EEG-Versionen ab 2001 bereits bekannt sein dürfte, dass Ende 2020 die ersten 10.000 und bis 2025 sogar 130.000 Anlagen aus der Förderung fallen werden.

Wer den Verlust von bereits existierenden Erzeugungskapazitäten vermeiden will, sollte sich auch – wie bereits fast 50.000 weitere Unterstützer – der kürzlich gestarteten Petition des Ingenieurs Manfred Weinhöpl anschließen. Er fordert den Verzicht auf eine EEG-Umlage für den Eigenverbrauch bei Anlagen unter 30 Kilowatt, die Vergütung des aus Altanlagen eingespeisten Stroms zum jeweiligen Marktpreis ohne Abzüge, sowie ein Förderprogramm für die Nachrüstung mit Speichersystemen. Nur so könne man den wirtschaftlichen Weiterbetrieb gewährleisten und eine vorzeitige Stilllegung von vielen älteren Ü20-Photovoltaik-Anlagen verhindern.

Es ist wirklich dringend nötig, dass CDU-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier den Mut zu einer sinnvollen, zukunftsweisenden EEG-Reform aufbringt und nicht wieder vor dem Wirtschaftsflügel seiner Partei, der augenscheinlich am liebsten überhaupt keine Kosten für die Energiewende tragen würde, einknickt. Die Wasserstoffstrategie, nein die gesamte Energiepolitik der Bundesregierung ist (noch immer) keine nachhaltige Klimaschutzpolitik. Aber ohne eine massive Steigerung des Ausbautempos der Erneuerbaren, welche ja auch von EU-Seite zunehmend gefordert wird, werden wir es nicht mehr schaffen, das Ruder herumzureißen.

Dann wird es – frei nach Philipp Amthors Antwort auf das Rezo-Video - zwangsläufig bald heißen müssen: Peter, Du alter Zerstörer!




Kommentare

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Peter Baumgart 05.10.2020, 09:32:35

Der Autor hat vollkommen Recht.

Meine Anlage mit einer Größe von ca. 7kW fällt i ca. 4 Jahren aus der Festpreisbindung.

Sollte bis dahin sich nicht einiges ändern werde ich sie vom Netz nehmen.

Gründe:

1. Zählergebühr mit Messtellenbetrieb fast 100€

2. anfallende Gebühren für Netze

3. vermuteter Ertrag von max. 5 ct/kWh

4. Marktpreis eventuell sogar negativ

 

Somit folgt:

Bei ca. 7000kWh /Jahr eine Einnahme von max.350 €.

Hiervon sind noch die Gebühren und Entgelte abzuziehen.

Bleiben ca. 230 €.

Diese sind zu versteuern. Also bleiben ca.120 €/ Jahr über.

Das lohnt sich nicht ein Risiko mit der Anlage einzugehen.

Schulze 05.10.2020, 22:53:00

Sehr geehrter Herr Baumgart,

Ich gehe davon aus dass sie die PV Anlage als GbR. betreiben und somit unternehmerisch unterwegs sind!

 

Somit tragen Sie auch das unternehmerische Risiko, wenn etwas mal nicht so glatt läuft und es kann doch wirklich nicht das Ziel sein, erneuerbare Energieerzeugung nur durch Subventionen zu betreiben!

 

Hier geht es doch um die Zukunft folgender Generationen und die Erreichung von Klimazielen!

 

Überprüfen Sie doch einmal was Ihnen die Anschaffung der PV Anlage gekostet hat und wieviel Ertrag sie bis jetzt erwirtschaftet hat.

 

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie die Anlage nicht vom Netz nehmen werden.

 

Ich bin sehr wohl der Meinung, dass Altanlagen, die aus der Förderung fallen , nicht mehr subventioniert werden, aber durchaus dem Markt entsprechend einspeisen dürfen und vergütet werden sollen.


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