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Die Meinung
22. April 2021

Konzernschutz vor Klimaschutz? Nicht mit uns!

Auf Joe Bidens virtuellem Klimagipfel wird Angela Merkel einmal mehr das Zepter für das Klima schwingen. Dabei hält ihre Regierung an einem Vertrag fest, der Konzernen wie RWE und Uniper Milliardenklagen gegen Klimaschutz ermöglicht. Die nächste Bundesregierung muss die Klagewelle stoppen und aus dem Energiecharta-Vertrag aussteigen.

Pia Eberhardt arbeitet für die lobbykritische Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) / Kathrin Henneberger ist grüne Energie- und Klimapolitikerin aus dem Rheinischen Braunkohlerevier.

Pia Eberhardt arbeitet für die lobbykritische Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) / Kathrin Henneberger ist grüne Energie- und Klimapolitikerin aus dem Rheinischen Braunkohlerevier.
Pia Eberhardt und Kathrin Henneberger
Bilder: CC BY Eberhardt und Henneberger

Um die Klimakrise zu bekämpfen, müssen Regierungen schnellstmöglich aus Kohle, Öl und Gas aussteigen. Doch der Energiecharta-Vertrag untergräbt dieses wichtige Ziel. Dank ihm können Energiekonzerne Staaten, die fossile Brennstoffe im Boden lassen wollen, auf astronomische Summen an Schadenersatz verklagen. So wie in den Niederlanden: weil Den Haag bis 2030 aus der Kohle-Verstromung aussteigen will, verklagt RWE das Land seit Anfang Februar auf satte €1,4 Milliarden Entschädigung. Eine ähnliche Klage von Uniper ist in Arbeit.

Kein Wunder, dass die Kritik am Energiecharta-Vertrag wächst. Inzwischen fordern über 500 Klimawissenschaftler*innen, knapp 300 Abgeordnete, hunderte gemeinnützige Organisationen und mehr als 1 Millionen Menschen einen EU-Austritt aus dem Klimakiller-Pakt. Italien hat diesen Schritt bereits vor einigen Jahren vollzogen, nachdem es erstmals verklagt wurde. Auch Spanien und Frankreich liebäugeln mit einem Austritt, falls der Energiecharta-Vertrag nicht mit dem Pariser Klima-Abkommen in Einklang gebracht werden kann.

Doch die Chancen für einen klimafreundlichen Vertrag stehen, gelinde gesagt, schlecht.

Schon seit 2009 sprechen die Vertragsparteien über seine Modernisierung. Doch nach Jahren der Vorbereitung und vier Verhandlungsrunden gibt es keine nennenswerten Fortschritte. Länder wie Japan wollen kein Komma am Energiecharta-Vertrag ändern, dabei müsste jede Änderung einstimmig von den über 50 Mitgliedstaaten angenommen werden.

Selbst der als ‘progressiv’ geltende Verhandlungsvorschlag der EU würde bestehende Investitionen in fossile Energien weitere 10 Jahre schützen – wohlgemerkt ab Inkrafttreten der modernisierten Version des Vertrags. Kurz: selbst wenn sich die EU in den Verhandlungen durchsetzt, würde es viele weitere Jahre lang Klagen gegen Kohle-, Öl- und Gasausstiege geben. Energische Politik im Sinne des 1,5-Grad Klimaziels würde weiter ausgebremst, da Staaten versuchen werden, das Klagerisiko zu minimieren.

Und was macht die deutsche Bundesregierung? Sie hält am Energiecharta-Vertrag und den Pseudo-Verhandlungen fest.

Dabei hat der Vertrag auch hierzulande Steuerzahler*innen schon viel Geld gekostet: Für den Kohleausstieg hat die Bundesregierung auch deshalb so viele Milliarden gezahlt, weil die Kohlekonzerne im Gegenzug auf teure Klagen verzichten. Und Vattenfall ist dank einer Klage auf Basis des Energiecharta-Vertrags für den deutschen Atomausstieg mit über €1,4 Milliarden vermutlich höher entschädigt worden als laut Grundgesetz nötig gewesen wäre.

Konzerne wie RWE wissen seit Jahrzehnten vom Klimawandel. Trotzdem haben sie ihn weiter angeheizt, Wälder und Dörfer abgebaggert und durch ihren Lobbyismus wirksamen Klimaschutz verhindert. Dafür sollten sie zur Verantwortung gezogen werden.

Der Energiecharta-Vertrag geht genau in die entgegengesetzte Richtung. Er ist eine Art Bodyguard der Klimakiller. Dank ihm wird die fossile Industrie für die lange überfällige Reduktion ihres CO2-Ausstoßes mit Steuergeldern in Milliardenhöhe beschenkt.

In ganz Europa fordern Menschen den Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag. In Spanien, Frankreich, Luxemburg, Belgien und Österreich scheinen sich Regierungen langsam in diese Richtung zu bewegen. Um überhaupt eine Chance auf effektiven Klimaschutz zu haben, muss die nächste Bundesregierung sich diesen kritischen Stimmen anschließen und gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten ihren Austritt aus dem Klimakiller-Pakt erklären.

Von Joe Biden kann die Bundesregierung in dieser Frage einiges lernen. Im Wahlkampf 2020 hat Biden sich gegen die Paralleljustiz ausgesprochen, welche die Klagen von RWE & Co. auf Basis des Energiecharta-Vertrags überhaupt möglich macht. Er lehne Sondergerichte ab, so Biden, zu denen nur Konzerne Zugang hätten und über die sie Umwelt- und Klimaschutz-Politik attackieren könnten.

Recht hat er. Nix wie raus aus der Paralleljustiz für Klimakiller! Raus aus dem Energiecharta-Vertrag!

Die Petition für einen EU-Austritt aus dem Energiecharta-Vertag kann hier unterzeichnet werden: https://power-shift.de/campaign/ect-petition/




Kommentare

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Kerstin Weidner 22.04.2021, 12:36:33

Hallo Pia, gerade habe ich mir Deinen Vortrag im Campact Forum angesehen. Vor vielen Jahren haben wir schon Unterschriften gegen TTipp gesammelt. Ich bin entsetzt, jetzt eine Wiederholung durch den Energiecartavertrag zu erleben. Man hat das Gefühl diese Mechanismen werden nur ausgefeilter.

Ich möchte Deinen You tube Beitrag gern weiterleiten, wie komme ich an diesen Link. Bin 61 Jahre alt und kein Fan von Facebook u.ä. , habe aber einen interessierten Freundeskreis.

Es ist gut zu sehen wie engagiert junge Menshcen an dieser Stelle sind!


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