Menü öffnen

Die Meinung
11. Mai 2020

Nachhaltiger Konsum wird zu einer Frage der Haltung

In der Klima- und Coronakrise wird für viele Menschen nachhaltiger Konsum immer mehr zu einer Frage der Haltung, die über Kaufentscheidungen hinausgeht. Im Bereich Finanzen ist dagegen noch Nachholbedarf – dabei liegt gerade hier ein großes Potenzial an Einflussmöglichkeiten auf eine lebenswerte Zukunft für Alle.

Dr. Silvio Schmidt, Senior Sustainability Analyst bei ÖKOWORLD

Dr. Silvio Schmidt, Senior Sustainability Analyst bei ÖKOWORLD
Portrait von Dr. Silvio Schmidt, Senior Sustainability Analyst bei ÖKOWORLD
Foto:  Andreas Endermann

11.05.2020 – In ihrer aktuellen Studie zum Konsumverhalten hat Utopia, die Internetplattform für nachhaltigen Konsum, die Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen nachhaltigkeitsbewusster Konsumenten unter die Lupe genommen. Im Vergleich mit der ersten Untersuchung von 2017 zeigt sich: Nachhaltigkeit gewinnt in nahezu allen Konsumbereichen an Bedeutung.

Für die Studie wurden im Herbst 2019 mehr als 14.400 Nutzer der Plattform befragt. Damit ist die Studie zwar nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung in Deutschland. Sie ermöglicht aber einen guten Einblick in die Gruppe der Nachhaltigkeitsbewussten.

Für diese Konsumenten sind Lebensmittel weiterhin der Bereich, in dem sie ganz besonders auf Nachhaltigkeit achten. Auch bei Körperpflege und Kosmetik sowie Haushaltsartikeln, Energie und Kleidung ist Anwendern wichtig, dass diese umweltfreundlicher sind oder fair hergestellt werden. Deutlich zugelegt haben seit 2017 die Bereiche Reisen und Urlaub, Elektrogeräte sowie Mobilität im Alltag.

Die Unzufriedenheit mit dem „immer mehr“ und „weiter so“ nimmt zu

Nachhaltigkeit manifestiert sich zunehmend in den Einstellungen der Menschen. Sie sind zwar nicht gegen Konsum, fragen aber immer mehr nach dessen rechten Maß: „Brauche ich das wirklich?“. Mit 45 Prozent stimmen sie heute weniger der Aussage zu „Ich gehe gerne einkaufen“ als noch 2017 mit 51 Prozent. Zudem achten bewusste Konsumenten beim Einkauf auf Qualität und Langlebigkeit. 94 Prozent der Befragten geben an, lieber wenige, dafür aber langlebige Dinge zu kaufen. Die Studie stellt eine „neue Nachdenklichkeit“ fest, wenn es um Nachhaltigkeit, Lebensstil und Kaufverhalten geht. Für viele Menschen wird nachhaltiger Konsum immer mehr zu einer Frage der Haltung, die über Kaufentscheidungen hinausgeht.

Dies zeigt sich laut Studie ganz besonders bei jungen Menschen. Die Mehrheit der befragten 18- bis 24-Jährigen ernähren sich vegetarisch oder vegan. 53 Prozent essen nach eigenen Angaben kein Fleisch. Über alle Altersgruppen hinweg sind es 36 Prozent. Damit zeigt sich heute, was beim Fleischkonsum morgen Mainstream sein könnte. Auch die Vermeidung von Verpackungen sei besonders wichtig.

Bank- und Versicherungsprodukte haben bei den Befragten (noch) keine Priorität

Keine Veränderung stellt die Studie darin fest, wie wichtig der Aspekt der Nachhaltigkeit beim Thema Finanzen ist. Doch gerade die Finanzen sind ein Bereich für den mehr Nachhaltigkeit im Sinne einer gesellschaftlichen Veränderung sehr wichtig wäre. Was Banken und Versicherungen mit dem investierten Geld machen, hat bei den Befragten aber (noch) keine Priorität. Nur jedem Fünften sei dies wichtig.

Geldanlage unter Beachtung ethisch-ökologischer Kriterien ist möglich

Ein Blick in die Anlageuniversen bspw. unserer ÖKOWORLD-Fonds zeigt, dass sich die Erwartungen an sinnvolle sowie fair hergestellte und umweltverträglichere Produkte auch bei der Geldanlage realisieren lassen. Das Anlageuniversum definiert, in welche Unternehmen das Fondsmanagement ausschließlich investieren darf. Bei der Auswahl der Unternehmen steht stets im Mittelpunkt, welchen Nutzen die Produkte stiften und welchen Beitrag sie zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise leisten.

Faire Nahrungsketten

Bei Lebensmitteln sind dies beispielsweise mehrere amerikanische Bio-Supermarktketten. Diese setzen auf ein saisonales Angebot und bieten vor allem naturbelassene und Bio-zertifizierte Produkte an. Zudem erwarten sie von ihren vorzugsweisen regionalen Zulieferern hohe Umwelt- und Sozialstandards. Die Angebote richten sich teilweise explizit an Familien mit niedrigerem Einkommen, um auch ihnen eine gesunde und nachhaltige Ernährung zu ermöglichen und ein stärkeres Bewusstsein für gesunde, natürliche Lebensmittel zu schaffen. Auch eine Schnellrestaurantkette für mexikanische Gerichte ist im Universum. Sie verwendet überwiegend vegetarische Zutaten und darüber hinaus ausschließlich Fleisch von Tieren aus artgerechter Tierhaltung und nachvollziehbarer Herkunft, die ohne Antibiotika und Wachstumshormone aufgezogen werden.

Energiewende mit Bürgerbeteiligung

Zahlreiche Hersteller von Windkraft- und Solaranlagen, einschließlich der dazugehörigen Komponenten und auch Betreiber sind Bestandteil in allen Fonds. Gerade bei Betreibern von Anlagen in Entwicklungsländern wird besonders darauf geachtet, dass die Bevölkerung vor Ort eingebunden ist. Ausgeschlossen sind hingegen in allen Fonds die Energieerzeugung aus Kohle, Erdöl oder Atomkraft sowie die Ausrüster und Zulieferer für derartige Kraftwerke.

Zum Bereich Mobilität finden sich Anbieter des Öffentlichen Nahverkehrs in den Anlageuniversen, beispielsweise in Großbritannien oder Hong Kong. Genauso wie eine Internet-Plattform, die den Kauf internationaler Bahnfahrkarten vereinfacht. Automobilhersteller oder Fluggesellschaften sind hingegen tabu.

Alle Einflussmöglichkeiten nutzen

Die Bereiche Kleidung sowie Reisen und Urlaub sind nicht in den Anlageuniversen vertreten. Beide stehen für einen überwiegend sehr hohen Ressourcenverbrauch und kommen daher für ÖKOWORLD-Fonds grundsätzlich nicht in Frage.

Es kann nicht nur der bewusste Konsum, sondern auch die Geldanlage unsere Welt ein Stückchen besser machen. Beides muss nur richtig eingesetzt werden.




energiezukunft