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Die Meinung
16. September 2021

Rote Karte beim Klimaschutz - Beobachtungen von der Ersatzbank

Die „erste 11“ bringt es nicht – nun müssen die frischen Kräfte von der Ersatzbank ran und es richten! Warum ein „weiter-so“ mit den etablierten Parteien vergebens ist. Ein Plädoyer für echten Klimaschutz und die Wahl der sogenannten sonstigen Parteien am 26. September 2021.

Dr. Claudio Caballero, Politikwissenschaftler & Politischer Referent im Team der Ökologisch-Demokratischen Partei - ÖDP

Dr. Claudio Caballero, Politikwissenschaftler & Politischer Referent im Team der Ökologisch-Demokratischen Partei - ÖDP
Claudio Caballero von der ÖDP
Bild: Privat

Als sogenannte kleinere politische Partei fühlt man sich oft wie eine Spielerin, die auf der Ersatzbank auf ihre Einwechselung hofft: Sie wartet auf ihre Chance, zu zeigen, was sie kann. Diese Spielerin ist in ihrer Beurteilung nicht unvoreingenommen – natürlich glaubt sie, dass sie es besser kann und dass mit ihr auf dem Platz die Wende kommt!

Als politische Partei ist man selbst auch nicht unvoreingenommen: Unser Thema, der konsequente Klimaschutz, soll mit Vorrang behandelt werden! Natürlich! Und selbstverständlich sind wir davon überzeugt, dass wir im Unterschied zu anderen Parteien die besseren Inhalte, die besseren Argumente und die besseren Ideen haben. Welche Partei würde das denn nicht über sich denken?!

Klimaschutz bei den etablierten Parteien: ungenügend!

Umso bemerkenswerter war für uns vor diesem Hintergrund eine Meldung, die am letzten Donnerstag durch die Medien ging: Keine der im Bundestag vertretenen Parteien wird mit ihrer Politik die gesetzlich festgelegten deutschen Klimaschutzziele erreichen. Urheber dieser Aussage ist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dem man zumindest bei diesem Thema wenig Voreingenommenheit unterstellen dürfte.

Das DIW hatte in einer Studie die Wahlprogramme der Parteien einer wissenschaftlichen Plausibilitätskontrolle unterzogen. Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am DIW, stellt fest, dass sich zwar alle Parteien zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens bekennen und lange Passagen der Klimapolitik widmen, letztendlich aber die Ziele verfehlen werden. Nicht verwunderlich ist, dass der Untersuchung zufolge die Grünen den Zielen zumindest am nächsten kommen, gefolgt von der Linkspartei, Union und SPD liegen gleichauf, die FDP landet auf dem letzten Platz.

Nochmal: Die Klimaschutzpolitik aller großen Parteien ist ungenügend! Das darf man dann schon als einen ganz schönen Paukenschlag bezeichnen – ein klarer Platzverweis! Gerade, wenn man bedenkt, dass Klimaschutz ja das große Thema bei dieser Wahl sein soll.

Was allerdings zu wenig thematisiert wurde und was eigentlich weitaus schlimmer zu bewerten ist, ist der Schluss aus der folgenden Überlegung: Glaubt man den Umfragen, dann werden die Grünen keine absolute Mehrheit erreichen. Deutschland wird von einer Koalition aus mehreren Parteien regiert werden – nicht sonderlich überraschend. Momentan scheinen die Chancen nicht schlecht zu stehen, dass die Grünen in einer Regierungskoalition mit CDU und FDP, oder mit SPD und FDP, oder mit SPD und Linken regieren könnten – um drei Konstellationen zu nennen, die medial sehr häufig thematisiert werden. Und eine Regierungsbeteiligung ist nicht sicher.

Was bedeutet das für den Klimaschutz? Die ohnehin nicht ausreichenden, klimapolitischen Maßnahmen der Grünen würden vermutlich in einer Koalition, egal welcher, weiter aufgeweicht, da die Programme der anderen Parteien deutlich schlechter abschneiden – sofern die Grünen überhaupt mitregieren. Das zeitnahe Erreichen der Klimaschutzziele wird also immer unwahrscheinlicher.

Parteien mit konsequenter Klimapolitik

Im Gegensatz zum DIW ist der Solarenergie-Förderverein nicht unbefangen bei dieser Bundestagswahl. Sein Hauptziel ist die rasche und vollständige Umstellung der Energiebereitstellung auf die erneuerbaren Energien, insbesondere auf Sonnen- und Windenergie. Er hat sich intensiver mit zwei kleineren Parteien beschäftigt und bescheinigt diesen „ambitionierte Klima-Programme“. So seien die Programme von Klimaliste und ÖDP „allen im Bundestag etablierten Parteien – also auch den Grünen und den Linken – haushoch überlegen“.

Nein, die Wahl einer kleinen Partei ist nicht vergebens!

Also scheint doch alles klar! Wer konsequenten Klimaschutz will, findet also dort prinzipiell eine Wahlmöglichkeit. Leider beobachten wir, dass ein Meinungsklima vorherrscht, in dem suggeriert wird, dass jede Stimme für eine kleine, nicht im Bundestag vertretene Partei, vergebens sei. Wir hören oft den Vorwurf, wer eine kleine Partei wählt, der schadet den Grünen, da ihnen dann genau diese Stimmen fehlen.

Stimmt das so? Ernsthafte Veränderungen werden nicht dadurch erzielt, dass man die wählt, die bereits in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie zu wenig tun. Dazu genügt ein Blick nach Baden-Württemberg. Dass dies so ist, liegt auch daran, dass die Automobilindustrie hier sehr erfolgreich Lobbyarbeit betreibt, was sicherlich zum legitimen, demokratischen Prozess gehört, aber eben zu Lasten eines konsequenten Klimaschutzes geht. Ist also nicht in Wahrheit hier die Stimmabgabe für Klimaschutz „vergebens“?

Wir stehen vor schweren Zeiten, die einen ernsthaften Wandel erfordern – ein ‚weiter-so‘ wird nicht helfen. Wir müssen uns die Frage gefallen lassen, ob wir tatsächlich unseren Planeten retten können, ohne dass wir unsere Konsumgewohnheiten überdenken.

Die kleineren Parteien können die konsequente Umsetzung von dem, was notwendig ist, stärker einfordern! So wie einst auch die Grünen mit ihrem Einzug in den Bundestag die „Politik“ aufgewühlt haben, können nun auch andere, neue Spielerinnen konsequente Klimapolitik im Bundestag auf die Agenda setzen und die Regierung bei diesem Zukunftsthema vorantreiben!

Geht wählen! Ihr seid mehr, als Ihr denkt!

Geht wählen! Macht den ersten Schritt und besucht die Wahlplattformen, wie z.B. den Wahl-O-Mat und schaut, welche Partei man euch vorschlägt. Und nach der ersten Überraschung, schaut euch auch deren Programme genauer an! Sicher ist, dass jede nicht abgegebene Stimme garantiert eine Stimme für ein ‚weiter-so‘ ist. Würden aber all die Wahlberechtigten, die bei der letzten Bundestagswahl nicht wählen gegangen sind, immerhin rund ein Viertel, ihre Stimme einer sonstigen Partei geben, wäre diese momentan die stärkste Partei im Bundestag!

Gebt den „Kleinen“ eine Chance!




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