Menü öffnen

Die Meinung
09. April 2020

Vom Virus in die Sonne

Es ist überraschend, wie schnell sich unsere Gesellschaft in der Corona-Krise anpasst und den Ausnahmezustand als Alltag akzeptiert. Umso verblüffender ist daher die kollektive Unfähigkeit, sich der fossilen Energien zu entledigen – sitzen sie uns doch ebenso viral aber chronisch im kollektiven Pelz. Kann uns jetzt der Corona-Impuls zur befreienden Ära der Regeneration führen?

Prof. Peter Droege, Präsident EUROSOLAR e.V.

Prof. Peter Droege, Präsident EUROSOLAR e.V.
Foto: © EUROSOLAR

09.04.2020 – Sanfte und späte Auswirkungen der Ölkrisen der 70er Jahre waren sie, die endlich erfolgreichen Bemühungen Europas, die Sommerzeit und Zeitverschiebung einzuführen, gefußt auf einem Jahrhundert diverser Anläufe in Kriegs- wie in Friedensjahren.

Am 6. April 1980 war es soweit: Die meisten europäischen Länder, Deutschland voraus, verstellten ihre Uhren, um die Arbeitszeit etwas synchroner mit dem Sommer-Tageslicht zu gestalten. Die erste gemeinsame Sommerzeit währte vom 6. April 1980, 1400 (MEZ) bis zum 28. September 1980, 15:00 (MESZ). Heute gibt es neue Diskussionen und Bemühungen, dies rückgängig zu machen oder zu ändern, obschon sicher zumindest die Photovoltaik-Eigennutzer ein wenig davon profitieren. Frau Merkel neigte unlängst dazu, der ganzjährigen Sommerzeit den Vorrang zu geben, eine Idee, die auch manche Vertreter der erneuerbaren Energieindustrie teilen.

Eigentlich ist dies eine Position EUROSOLARs wert – eine Mitteilung oder Position zur Zelebration der Sonne, durch eine zweimal jährliche kollektive Verbeugung über dem europäischen Handgelenk, die Uhren verstellend. Wir möchten es aus aktuellem Anlass jedoch hierbei belassen, und auf ein Problem verweisen, das diese Idee der kooperativen Solarsynchronisierung illustriert: Solche wichtig winzigen und langsamen Gesten des gemeinsamen Handelns reichen schon lange nicht mehr.

Die Geschwindigkeit des neuen Corona-Virus, 2019er Modell, überraschte viele. Plötzlich löste sich alles öffentliche, kulturelle, Geselligkeit genießende soziale Leben auf: zombiehaft schein-erloschen oder virtualisiert mutiert. Dennoch hätte es niemanden überraschen sollen. Denn Pandemien und Virusplagen sind seit Hunderten von Jahren, Jahrtausenden gar, unsere Begleiter. Sogar die Verschwörungstheoretiker unter uns wissen um die seit mindestens zehn Jahren immer häufigeren Warnungen vor präzise so einem pandemischen Ausbruch.

Überraschend war eher, wie schnell unsere Gesellschaft sich anpasste, den Ausnahmezustand als Alltag akzeptierte und sich in die Kammer kuschte. Unsere Systeme klickten förmlich zusammen, als hätten sie nur darauf gewartet: Wir entdeckten uns als eine instinktive Schwarmintelligenz, die beinahe natürlich-angstbegeistert darauf reagierte. Weltweit zuckte die Menschheit zusammen und rückte auseinander, griff nach Maske, Klopapier und Seife – manche besser und routiniert wie Taiwan und Südkorea, manche dezentral-föderal-effizient und effektiv wie Deutschland, und manche überrumpelt, stolpernd und kriegerisch, wie die Vereinigten Staaten, oder Kenia, oder die Philippinen.

Umso verblüffender ist daher die kollektive Unfähigkeit, sich der fossilen Energien zu entledigen, sitzen sie uns doch ebenso viral aber chronisch im kollektiven Pelz. Nun ruft der UNO-Generalsekretär zum universellen Waffenstillstand gegen Covid-19 aus. Das ist gut so – aber nicht so gut ist, dass dies so spät kommt, und auf den Virusbefall beschränkt bleibt. Ein Waffenstillstand und Fokus auf den gemeinsamen Feind: die fossile Klimabedrohung ist eine unvergleichlich größere, ebenso unmittelbare, ja lange überfällige Gefahr. Rufer in der Wüste gibt es hierzu einige, z.B. www.climateforpeace.org.

Erneuerbar zu leben und zu wirtschaften, auf gerechte Weise Ressourcen (ver)teilend, Sonnen- Wind- und Wasserkraft nutzend: Das ist unsere einzige Chance und große Herausforderung. Sogar das Virus, wie die fossilen Energien, scheut sich vor der Sonne. Und da trifft es sich eher als Chance, dass die für 2020 geplante Weltklimakonferenz der UN auf 2021 verschoben wurde – das ist die große Gelegenheit, sich der Zwangsjacke dieses rituellen Formats, in dem die Verneiner und Saboteure ebenso viele Stimme haben wie die immer verzweifelteren Opfer des Fossilregimes, zu befreien – zumindest heuer in 2020, und den Fokus darauf zu lenken, dass die große Aktionsfähigkeit, die Umsteigehaltestelle jetzt und hier, in 2020, angekommen ist.

Die anstehenden Feiertage geben Anlass zu noch mehr Besinnung und Hoffnung auf eine kollektive Wiedergeburt als Nation und als Menschheit, wie sie die gegenwärtige Virenkrise bereits so stark fordert. Was ist essenziell? Was an Ordinärem, Qualvollem, Dummem, Streit- und hasserfülltem in unserem bisherigen Dasein hat die Gelegenheit, sich in Regeneration, friedliche Zusammenarbeit, Licht und Erfüllung aufzulösen?

So wie die kommenden Tage des Pesach, Pascha, Pasqua, Ostern an die Möglichkeit einer Neuentstehung erinnern, so bietet unser gegenwärtiger Befall die große Chance eines Sich-Entledigens der fossilen Ketten, der nuklearen Rute und der oligarchisch-ideologischen Dornenkrone des zwangsfossilen Konsumerismus. Die Energiewende kennt keine Quarantäne – und EUROSOLAR beginnt die Kampagne zum völligen Umstieg, hier und jetzt, auf Erneuerbare – als Grundvoraussetzung und zentrales Element in einer breiten Bewegung zur Klimastabilität – falls noch möglich – und Rettung aller anderer Arten, die völlig unschuldig ins Fadenkreuz unserer naturausschlachtenden, fossil befeuerten Wirtschaftsideologie geraten sind.

Dass eine große gesellschaftliche Wende möglich ist, beweist das schlagartige Umlenken vor dem großen Feind, dem kleinen neuen Virus, das in Windeseile um den Globus gehuscht ist. Die Regenerative-Energien-Dekade des Umstiegs ist angebrochen. Die virale Mobilmachung stellt ein letztes Signal für die Menschheit dar!

Mit Dank an Claus P. Baumeister, Mitglied des Kuratoriums, für die Anregung.




Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

sonnenseite.com 13.04.2020, 11:06:21

Für alle, die noch glauben die erneuerbaren Energien wären zu teuer:

"In Deutschland wurden zwischen 1970 und 2010 Kohlestrom mit 421 Millarden Euro und Atomstrom mit 219 Milliarden Euro staatlich subventioniert. Die erneuerbaren mit 102 Millarden"

 

"Wir bezahlen im Jahr 90 Millarden für fossile Brennstoffe. Auf 30 Jahre gerechnet sind das 2700 Milliarden Euro"

 

Die Zahlen stammen von Frau Prof. Dr. Claudia Kemfert aus den Büchern:

- Kampf um Strom

- Das fossile Imperium schlägt zurück

Denkender Bürger 13.04.2020, 21:17:10

+56 Gut

Erergie kann man nicht erneuern, sondern immer nur von einer Energieform in eien andere umwandeln.

Das habe ich sowohl in der Schule als auch im Studium so gelernt.

Oder gibt es neuerdings ein Verfahren, mit dem man Energie erneuern kann?

Das wäre ja prima - dann wäre nämlich das Energieproblem ein für alle mal gelöst!

Jürgen Kauschitz 16.04.2020, 14:31:40

+64 Gut

@Denkender Bürger: Was Sie offensichtlich weder in der Schule noch in Ihrem Studium gelernt haben: Es gibt gar kein Umwandlungsproblem, es gibt nicht mals ein Energieproblem- es gibt nur Menschen, denen alles wurschtegal ist, Hauptsache sie können Profit machen. So wenig wie sich Profit erwirtschaftende Krankenhäuser und Covid-19 Pandemie vertragen, so wenig vertragen sich privatwirtschaftlich geführte Energiekonzerne und gesellschaftlich benötigter Energiebedarf.


Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft