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Die Meinung
06. Oktober 2014

Was das EMoG bringt – und was ihm fehlt

Zuerst überwog die Freude, als uns das Bundesverkehrsministerium im Juli 2014 den Entwurf eines Elektromobilitätsgesetzes (EMoG) zusandte und den BSM als Deutschlands ältesten Verband für nachhaltige Mobilität um eine Stellungnahme bat. Doch das Gesetz wird gerade im Bereich Umweltschutz nicht einmal den eigenen Vorgaben gerecht und begünstigt riesige Plug-in-Hybride mit winzigen Batterien.

Thomic Ruschmeyer, Vorstandsvorsitzender Bundesverband Solare Mobilität e.V.

Thomic Ruschmeyer, Vorstandsvorsitzender Bundesverband Solare Mobilität e.V.
Thomic Ruschmeyer ist Vorstandsvorsitzender des BSM, dem ältesten deutschen Verband für nachhaltige Mobilität. (Foto: BSM)
Thomic Ruschmeyer ist Vorstandsvorsitzender des BSM, dem ältesten deutschen Verband für nachhaltige Mobilität. (Foto: BSM)

06.10.2014 – Viele Forderungen, die der Bundesverband Solare Mobilität e.V. (BSM), Deutsch­lands ältester Verband für nach­haltige Mobilität, jahrelang zur Unterstützung der Elektromobilität erhoben hat, wurden berücksichtigt. Die Nachricht von der Verabschiedung des EMoG durch das Bundeskabinett ohne jede Änderung traf uns umso härter. In der allgemeinen Begründung des EmoG werden zwar die positiven Effekte der Elektromobilität auf die Umwelt betont. Darüber hinaus sollen beginnend mit dem EMoG „nachhaltige Mobilitätskonzepte“ insgesamt gefördert werden. Der Verzicht auf fossile Kraftstoffe sei dabei nur einer von mehreren Aspekten.

Auch diesen Erwägungen könnte der BSM zustimmen, aber leider finden sie sich im eigentlichen Gesetz nicht wieder. Das Primat des motorisierten Individualverkehrs wird im EMoG nicht ernsthaft in Frage gestellt, „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“ gehen im Zweifel „zwingend vor“. Die Hinweise des BSM und anderer im Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) organisierter Umweltverbände wurden nicht berücksichtigt, der Text enthält noch alle kritisierten Regelungen. Damit verpasst der Gesetzgeber die Gelegenheit, über Verkaufsargumente á la „eingebaute Vorfahrt“ hinaus die Vorrausetzungen für zukunftsfähige Mobilitätskonzepte zu liefern.

Ob elektrische Fahrzeuge einen Beitrag zur Energiewende leisten können, wie sich die gewünschten Privilegierungen in multimodale Systeme integrieren lassen oder welche Möglichkeiten IT-gestützte Programme bieten – Fehlanzeige. Ohne Multimodalität, ohne Energiewende, ohne Smart Mobility bleibt die Elektromobilität auf die bloße technologische Konversion, den Austausch des Antriebs beschränkt.

Dabei hätte das Gesetz an verschiedenen Stellen Impulse auch aus den Modellregionen und Schaufenster-Projekten aufnehmen können. Der Umstand, dass der elektrische Antrieb nur sinnvoll ist bei Verwendung von grünem Strom, ist sogar schon bei der Industrie angekommen. Jeder Käufer eines BMW i3 erhält das Angebot Naturstromkunde zu werden. Entsprechendes gilt auch für eGolf-Kunden. Die geplanten Bevorrechtigungen hätten diesen Zusammenhang wiedergeben können, in dem Parkprivilegien nur an denjenigen Ladestationen gelten, die nachweislich aus erneuerbaren Quellen gespeist werden. Zur Förderung intermodaler Konzepte könnte eine Privilegierung auch an den Anschluss anderer emissionsarmer Verkehrsmittel gebunden werden.

Die Parkplatz-Regelungen des EMoG erscheinen insgesamt wenig durchdacht. Während die Kommunen den Parksuchverkehr eindämmen wollen, sollen für E-Fahrzeuge nun die besten Plätze reserviert bleiben – und die anderen müssen eben länger umherkurven. Ebenfalls zweifelhaft sind die maximalen Parkzeiten, die die nachgeordnete 'Verwaltungsverordnung zu § 46 StVO' in Randnr. 150 vorsieht. Die ursprüngliche Begrenzung nachts auf acht Stunden wurde immerhin aufgegeben – die einzige substantielle Änderung gegenüber dem Entwurf vom Juli. Tagsüber höchstens vier Stunden Parken ist eine willkürlich gewählte Obergrenze, deren Ausgestaltung den Kommunen verbleibt. Hier gilt es Regelungen zu finden, die den jeweiligen Zwecken gerecht werden.

Die Chancen, die in der Integration elektrischer Fahrzeuge in das Versorgungssystem liegen, hat das EMoG dagegen völlig außen vor gelassen. Die Differenzierung der privilegierten Fahrzeuge hätte statt Teilverbrennern die Ladetechnik berücksichtigen können. Ein beweglicher Speicher mit der Möglichkeit zur Rückspeisung von Energie wäre ein Gegenstand, für dessen Erwerb Anreize geschaffen werden sollten.

Das EMoG bedient demgegenüber vor allem Interessen der Automobilindustrie. Die Definition von 'elektrisch' etwa ist nach Ansicht nicht nur des BSM missraten. Das 'E' sollen auch Hybrid-Fahrzeuge mit einer elektrischen Mindestreichweite von 30 km erhalten. Die im NEFZ-Verfahren festgestellten Reichweiten halten sogar BMW, Renault oder Volkswagen für unrealistisch und geben zusätzlich eigene, niedrigere Reichweiten an. Es ist demnach schon fraglich, ob ein hybrider Porsche Panamera, der laut Hersteller bis 15 Liter Super Benzin auf 100 km verbraucht (und dabei 25 kg CO2 auf 100 km), die angegebenen 36 km nach NEFZ tatsächlich elektrisch zurücklegen kann – auf der Busspur unterwegs zu einem Gratis-Parkplatz. Das Kennzeichen 'E' wird auf diese Weise nicht als Gütesiegel verstanden. Ein positiver Effekt ist damit weder für die Umwelt noch für die Elektromobilität zu erwarten.

Ein Elektromobilitätsgesetz war längst überfällig. Immer mehr Fahrzeuge sind mit einem umweltfreundlichen und effizienten elektrischen Antrieb unterwegs. Eine Ermächtigungsgrundlage für Kommunen, diesen Verkehrsteilnehmern z.B. Privilegien beim Parken einzuräumen, fehlte bisher. Auch das Abschleppen im Falle zugeparkter Ladestationen wird rechtssicher.

Das EMoG bleibt aber vieles von dem schuldig, das sich BSM und andere Umweltverbände erhofft hatten. In einigen Details dürfte es sogar das Gegenteil dessen bewirken, was mit ihm beabsichtigt war. Der BSM hofft daher nicht nur auf Korrekturen im laufenden Verfahren, sondern auch auf wichtige Ergänzungen im erst für 2016 geplanten 2. Teil, der u.a. Regelungen zur Infrastruktur enthalten soll, die schon jetzt dringend erwartet werden.

Wenn Deutschland eine führende Rolle in der Elektromobilität übernehmen will, müssen die in diesem Bereich erlassenen Gesetze diesem Anspruch genügen. Nach Ansicht des BSM fehlen dem EMoG eine entsprechende Ausstrahlung und die notwendigen Perspektiven, als Grundlage für zukunftsfähige Mobilität, moderne Verkehrskonzepte und innovative Dienstleistungen zu dienen.

Der Bundesverband Solare Mobilität setzt sich seit 25 Jahren für umweltverträgliche Verkehrssysteme und die Nutzung solarer Energien zu Lande, im Wasser und in der Luft ein. Er transportiert Erkenntnisse aus der elektromobilen Praxis in politische Gremien und bietet seinen Mitgliedern eine Basis zum Austausch ihrer Erfahrungen.




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