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Die Meinung
16. Dezember 2019

Berlin braucht ein Solargesetz!

Berlin könnte ¼ seiner Energieversorgung mit Solarenergie abdecken. Derzeit wird aber nur ein Bruchteil dieses Potenziales genutzt. Daher fordert die Linksfraktion zügig ein Solargesetz, welches Solaranlagen zur Pflicht auf Neubauten und bei Sanierungen macht. Die positiven Effekte für Wirtschaft und Klimaschutz wären enorm.

Dr. Michael Efler, Sprecher für Energie- und Klimapolitik, Fraktion DIE LINKE im Abgeordnetenhaus von Berlin 

Dr. Michael Efler, Sprecher für Energie- und Klimapolitik, Fraktion DIE LINKE im Abgeordnetenhaus von Berlin 
Foto: © Ben Gross Photography/ Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus

16.12.2019 – Die Klimakrise ist in aller Munde. Über 1,4 Millionen Menschen sind am 20.9. in ganz Deutschland auf die Straße gegangen und verlangen konsequente und ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen. Für den Stadtstaat  Berlin sind dabei die Möglichkeiten, erneuerbare Energien zu nutzen, deutlich begrenzter als in den Flächenländern. Für Windenergie fehlen in der wachsenden Stadt die Flächen, Biomasse ist nur begrenzt vorhanden und auch der Nutzung der Geothermie sind aus geologischen Gründen sowie aufgrund des Trinkwasserschutzes deutliche Grenzen gesetzt.

Es gibt aber eine Form der Erneuerbaren Energie, die einen relevanten Teil der Energieversorgung abdecken kann – die Solarenergie. Sie kann nach mehreren Studien mindestens ein Viertel der Strom- und Wärmeversorgung abdecken, wobei hierfür lediglich die Dachflächen betrachtet wurden und keine Fassaden- und Freiflächen. Bislang wird aber in Berlin lediglich 1,7% des technischen Potenziales der Photovoltaik zur Stromerzeugung genutzt. Insgesamt haben Erneuerbare Energien mit 4% den niedrigsten Anteil am Primärenergieverbrauch im Vergleich aller Bundesländer. 

Zwar hat der Senat seit 2017 die Bemühungen zum Ausbau der Solarenergie vor allem durch den Ausbau der Berliner Stadtwerke intensiviert, aber die Zuwachszahlen bleiben immer noch bei weitem hinter dem Notwendigen zurück. All zu häufig scheitert der Ausbau der Solaranlagen an bürokratischen bundesrechtlichen Vorgaben, an tatsächlicher oder vermeintlicher fehlender Wirtschaftlichkeit, an mangelnder Bereitschaft von Verwaltungen, Gewerbetreibenden oder Privathaushalten etc.

Von daher fordert die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus die Einführung einer gesetzlichen Solarpflicht. Mindestens bei Neubauten muss nach unseren Vorschlägen entweder eine Photovoltaik- oder Solarthermieanlage installiert werden. Dabei sollte die verfügbare Dachfläche zu einem möglichst großen Anteil genutzt werden. Diese Pflicht sollte entweder durch den Hauseigentümer selbst oder von Dritten im Wege des Contracting  erfüllt werden.

Neubauten stellen aber im Vergleich zu Bestandsgebäuden nur einen kleinen Anteil dar. Daher würde ein erhebliches Potenzial bei einer Beschränkung auf Neubauten verschenkt. Allerdings sind Vorgaben für Bestandsgebäude juristisch deutlich schwieriger, da hier der Eingriff in Eigentumsrechte von Hauseigentümern schwerwiegender ist. Hier muss eine möglichst rechtssichere Lösung gefunden werden.  Daher dürfte eine Regelung für Bestandsgebäude wohl nur möglich sein, wenn ohnehin Investitionen in das Haus getätigt werden z.B. bei einer Dachsanierung. Es muss zudem geprüft werden, ob und in welchem Umfang entsprechende Kosten für Hauseigentümer auf die Mieter*innen umgelegt werden können. Evtl. müsste hier mit Bereichsausnahmen bzw. mit reduzierten Pflichten operiert werden. Eine weitere Möglichkeit wäre, bei Bestandsgebäuden nur eine Pflicht zum Contracting vorzusehen. In diesem Fall wäre eine Umlagefähigkeit ausgeschlossen.

Natürlich wird es klar eingegrenzte Ausnahmen geben müssen und selbstverständlich muss eine Installation statisch machbar sein. Wirtschaftliche Härten müssen über Härtefallregelungen ausgeglichen werden. Eine wirtschaftliche Härte darf aber nicht bereits dann gegeben sein, wenn eine bestimmte gewünschte Rendite nicht erreicht werden kann oder der Amortisationszeitraum nicht den Vorstellungen des Gebäudeeigentümers entspricht.

Natürlich darf die Solarpflicht zu keiner unwirtschaftlichen Investition führen. Das Land Berlin hat ohnehin ein Förderprogramm für PV-Anlagen inclusive Speicher aufgelegt, das evtl. erweitert werden müsste. Wenn eine PV-Anlage überwiegend zur Eigenstromversorgung eingesetzt wird, sollte die Wirtschaftlichkeit allerdings kein Problem sein, da der selbst erzeugte Strom den teuren aus dem Netz bezogenen Strom substituiert.

Außerdem wäre es natürlich hilfreich, wenn auf Bundesebene die zahlreichen bremsenden gesetzlichen Regelungen geändert werden könnten. So könnte z.B. der 52 GW-Deckel bereits 2020 erreicht sein, was für zahlreiche PV-Projekte das wirtschaftliche Aus bedeuten würde. Immerhin dies ist im Klimapaket der Bundesregierung enthalten. Weitere wichtige Verbesserungen wären beim Mieterstrom sowie beim EEG sinnvoll.

Noch gibt es eine gesetzliche Solarpflicht in keinem einzigen Bundesland. Dies dürfte sich aber bald ändern, da sowohl Hamburg (für den Neubau und ab 2025 auch für Bestandsgebäude) als auch Baden-Württemberg entsprechende Gesetzesvorhaben bereits eingebracht bzw. geplant haben. Eine Regelung  könnte ein Durchbruch sein, der auf andere Bundesländer und vielleicht auch auf den Bund ausstrahlen könnte.

Eine Solarpflicht wird auch volkswirtschaftlich positive Effekte haben. Sie wird ein Förderprogramm für das Handwerk und Fachfirmen sein, die die Planung, Montage und  Wartung der Solaranlagen übernehmen. Und vielleicht trägt sie, wenn sie auch in anderen Bundesländern eingeführt wird, dazu bei, dass in Deutschland auch wieder Solarmodule produziert werden.

Die Klimakrise zwingt uns dazu, mutige Entscheidungen zu treffen. Gut ausgestaltete, rechtsstaatliche ordnungsrechtliche Maßnahmen sind unverzichtbar, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen.




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