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Die Meinung
11. Februar 2019

Klimagesetz: Mehr Steuerung zum Wohle unseres Klimas

Trotz neuer Verordnungen und Kabinettsbeschlüsse zum Thema Klimaschutz – Deutschland verfehlt sein selbstgestecktes Klimaziel. Ein Klimaschutzgesetz soll es jetzt richten und verspricht rechtliche Verbindlichkeit. Sanktionen und Gerichte lösen die Klimakrise aber nicht – das Problem liegt vielmehr in der mangelnden Steuerung und Koordination der Bundesregierung.

Simon Schäfer-Stradowsky, Geschäftsführer des IKEM – Insitut für Klimaschutz, Energie und Mobilität

Simon Schäfer-Stradowsky, Geschäftsführer des IKEM – Insitut für Klimaschutz, Energie und Mobilität
Foto: IKEM

11.02.2019 – Die Bundesregierung versucht hartnäckig, die klimaschädlichen CO2-Emissionen zu senken: Energiewende, ein „Maßnahmenpaket Elektromobilität“, die milliardenschwere Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung und zuletzt der Kohleausstieg. Unzählige Gesetze, Verordnungen und Kabinettsbeschlüsse haben vor allem ein Ziel: endlich Vorankommen beim Klimaschutz. Denn trotz aller Maßnahmen verfehlt Deutschland sein selbstgestecktes Klimaziel für das Jahr 2020 deutlich. Da hilft auch eine gesetzliche Festlegung genau dieser Ziele nicht. Vielmehr tragen mangelnde Steuerung und Koordinierung sowie uneinheitliches Monitoring zum Politikversagen bei.

„Gutes-Klimaschutz-Steuerungsgesetz“

Nachdem es Mode geworden ist, Gesetzen griffige Namen zu geben – man denke an das „Gute-Kita­Gesetz“ oder „Starke-Familien-Gesetz“ – soll es jetzt ein vergleichsweise schlichtes Klimaschutzgesetz richten. Daran arbeitet die Bundesregierung dieser Tage. Im Koalitionsvertrag verspricht sie die Verabschiedung des Gesetzes noch im Frühjahr 2019. Derzeit sieht es so aus, als plane die zuständige Bundesumweltministerin, Svenja Schulze, das Erreichen der Klimaziele verbindlich an ihre Ressortkollegen zu delegieren. Im Zweifel soll das Umweltministerium das Verfehlen von Zielen sogar sanktionieren können. Auch Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe könnten dann beispielsweise gegen das Landwirtschaftsministerium zu Gericht ziehen.

Sanktionen und Gerichte lösen die Klimakrise jedoch nicht. Ein funktionierendes Klimaschutzgesetz muss zu allererst die fehlende Steuerung und das mangelnde Monitoring adressieren. Beide Instrumente müssen ressort- und länderübergreifend funktionieren. Das Klimaschutzgesetz kann die Ressortabstimmung verbessern. Ein Staatsvertrag könnte zudem die Grundlage für eine zukunftsfähige Bund-Länder-Koordination legen.

Steuerung und Monitoring aus einer Hand

Das Klimaschutzgesetz sollte ein unabhängiges Gremium schaffen, das sich dem Monitoring und der Steuerung widmet. Basierend auf dem Monitoring der Klimaschutzmaßnahmen einzelner Ministerien, Länder und Kommunen erarbeitet das Gremium die zu erwartenden Klimaauswirkungen. Auf Grundlage dieser Projektionen empfehlen die Experten dann entsprechende Klimamaßnahmen.

Bislang ist das alles Aufgabe der unterschiedlichen Ministerien: Verschiedene Akteure übernehmen sowohl Überwachung, Projektion, Koordination als auch Evaluierung der Klimaschutzpolitik. Ein unabhängiges Gremium führt die vielen Klimamaßnahmen zusammen. Dank verbesserter Datenlage gibt das Gremium fundiertere Politikempfehlungen.

Droht ein Verfehlen der Ziele, kann dank des verbesserten Monitorings frühzeitig gegengesteuert werden. Ein weiterer Vorteil: Die Stelle betrachtet einzelne Sektoren nicht getrennt voneinander, sondern denkt über die klassischen Sektorengrenzen hinaus. Das verspricht, der Sektorenkopplung einen ganz neuen Schub zu versetzen. Denn Strom ist künftig nicht nur Teil des Energiesektors, sondern auch für Mobilität und Wärme von großer Bedeutung. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schlägt daher ebenfalls die Schaffung einer sektorenübergreifenden Kontrollinstanz vor.

Auch international kennen wir solche übergeordneten Klima-Kontrollgremien schon lange. Untersuchungen belegen, dass diese die Klimapolitik effizienter machen. Der Bundesrechnungshof hat daher einen ähnlichen Vorschlag für die politische Steuerung der Energiewende eingebracht.

Klima-Staatsvertrag: Fehlende Bund-Länder-Koordination angehen

Unabhängig von bestehenden Steuerungsmaßnahmen sollte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ein weiteres Problem angegangen werden: Bislang fehlt eine übergeordnete Bund-Länder-Koordination der Klimapolitik. Dabei müssen nationale Klimaziele in den Ländern und vor Ort in den Kommunen umgesetzt werden. Kommunen und ihre Unternehmen sowie Landesministerien sind wichtige Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel. Doch auch hier fehlt Steuerung. Auf unterschiedlichen Ebenen gibt es Klimaschutzgesetze und -Absichtserklärungen. Baden-Württemberg, Berlin und Nordrhein-Westfalen haben beispielsweise eigene Klimagesetze. Viele Städte setzen sich ebenfalls eigene Ziele.

Vorbild für eine zentrale Steuerung des Klimaschutzes ist die Europäischen Union. Diese gibt die politischen Ziele an die Mitgliedsstaaten weiter. Es ist Aufgabe der nationalen Gesetzgebung, die Ziele umzusetzen. Momentan werden die Klimaziele jedoch nicht auf Landes- oder gar Kommunalebene heruntergebrochen. Ein großes Manko. Ein neuer Staatsvertrag zum Klimaschutz zwischen Bund und Ländern könnte die Koordination regeln. Diesen umzusetzen ist Aufgabe für die kommenden Jahre.

Das neue Monitoring- und Steuerungsgremium sollte alle Ebenen einbeziehen: Bund, Länder und Kommunen. Ehrlicherweise gelingt dies nur, wenn bestehende Barrieren überwunden werden. Nimmt man Klimaschutz ernst, steht uns wohl eine neue Föderalismusdebatte ins Haus.




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