Menü öffnen

Nachgefragt
10. Januar 2018

17 Millionen Wärmepumpen bis zum Jahr 2050

Wärmepumpen als Heizsystem in Wohngebäuden liegen zwar im Trend, dennoch sehen Fachexperten Verbesserungsbedarf – bei der Optimierung der Technik sowie der Planungs- und Installationsarbeiten. Daran werde gearbeitet, berichtet uns der Geschäftsführer Bundesverband Wärmepumpe Martin Sabel im Gespräch.

Dr. Martin Sabel (rechts), Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP) e.V., im Gespräch mit Wilhelm Wilming. (Foto: © Wilming)
Dr. Martin Sabel (rechts), Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP) e.V., im Gespräch mit Wilhelm Wilming. (Foto: © Wilming)

10.01.2018 – Fast jedes dritte Heizsystem, das derzeit in neue Wohngebäude installiert wird, ist eine Wärmepumpe. Das war eine der erfreulichen Nachrichten, über die sich die Teilnehmer des „15. Forums Wärmepumpe“, veranstaltet vom Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V., im November des gerade vergangenen Jahres freuen konnten. Den zahlreichen Tagungsbeiträgen ließ sich aber auch entnehmen, dass noch einige Probleme aus dem Wege zu räumen sind, bevor die Wärmepumpe den erhofften Spitzenplatz in der Heizungstechnik einnehmen könnte. So hemmt nach Meinung der Branche unter anderem der hohe Strompreis ihren weiteren Erfolgsweg, die Akzeptanz lässt wegen mangelnder Kenntnis der relativ neuen Technologie zu wünschen übrig und auch die Qualität der Planungs- und Installationsarbeiten war in der Vergangenheit nicht immer zufriedenstellend. An die Beseitigung dieser Beschränkungen sowie der Optimierung der Technik und der Ausweitung von Marketingmaßnehmen werde aber mit aller Kraft gearbeitet, so BPW-Geschäftsführer Martin Sabel.

Herr Dr. Sabel, nach Angaben des Bundesverbandes Wärmepumpe, dessen Geschäftsführer Sie sind, hat die Wärmepumpenbranche im Jahr 2017 mehr als 70.000 Wärmepumpen abgesetzt. Im Vorjahr waren es 62.000. Worauf führen Sie den Anstieg zurück?

Der Anstieg in den beiden vergangenen Jahren ist vor allem auf die Änderung der EnEv, der Energieeinsparverordnung, zurückzuführen, die der Wärmepumpe insbesondere im Neubaubereich starke Vorteile verschafft. Zudem helfen ihr sicher auch die derzeitig guten Förderbedingungen.

Reagiert die Politik mittlerweile auf die von Ihrer Seite häufig vorgetragene Kritik am Strompreis? Der enthält bekanntlich Bestandteile, die mit der Wärmepumpe nichts zu tun haben, wie die Offshore-Abgabe, um nur ein Beispiel zu nennen.Damit gerät die strombetriebene Wärmepumpe im Wettbewerb mit anderen Energieträgern ins Hintertreffen.

Das ist richtig. Der Energiepreismarkt ist nach unserer Meinung nicht im Sinne des Klimaschutzes, da fossile Energieträger weniger mit Abgaben belastet sind als der zumindest derzeit zum Teil aus Erneuerbaren Energien stammende Strom, und deswegen wesentlich günstiger sind. Die Politik hat das Thema mittlerweile aufgegriffen und ist dazu übergegangen, verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren.

Wie könnten solche Lösungen aussehen?

Wichtig ist aus unserer Sicht eine wie auch immer geartete Ausrichtung des Energiepreissystems auf CO2-Emissionen. Da gibt es natürlich verschiedene Modelle, die uns vorschweben. Was den Strompreis angeht, könnte man beim Wärmepumpenstrom auf die Stromsteuer verzichten, oder man finanziert die Kosten für Ausnahmeregelungen nicht mehr aus der EEG-Umlage, sondern aus dem öffentlichen Haushalt. Schließlich geht es bei den Ausnahmeregelungen vor allem darum, Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft auszugleichen. Und das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und hat weniger mit dem Energieeinsparrecht zu tun.

Aus einem Beitrag auf der heutigen Tagung wurde deutlich, dass Teile der Bevölkerung die Wärmepumpe immer noch kritisch sehen. Was kann Ihr Verband dagegen tun?

Zunächst einmal müssen wir informieren und aufklären. Der Markt wird zurzeit noch von Öl- und Gasheizungen dominiert. Mit Feuer zu heizen, ist dem Verbraucher vertraut; er hat gelernt, dass das funktioniert. Eine Wärmepumpe hingegen ist ein erklärungsbedürftiges Produkt; nicht jeder begreift, wie diese Technik funktioniert. Eine gute Möglichkeit, dem Kunden eine Wärmepumpe nahe zu bringen, ist die Präsentation einer bereits installierten Anlage. Dabei wird er zu sehen bekommen, dass diese neuartige Heiztechnik sehr wohl funktioniert und viele Vorteile bringt. Der Bundesverband Wärmepumpe nutzt diese Art der Information, indem er regelmäßig Medien zu Besichtigungen von kleineren und auch größeren Wärmepumpenobjekten einlädt. Außerdem engagiert sich der Verband in der Qualitätssicherung sowie in der Aus- und Weiterbildung im Handwerk, das sich verstärkt diesem Thema zuwenden muss.

Wie sieht es bei Herstellern und Installateuren mit qualifiziertem Fachpersonal aus? Man hört von Kunden, die den Heizungsinstallateur voller Erwartung um Informationen zu Wärmepumpen bitten und schwer enttäuscht wieder gehen müssen, weil der Angesprochene keine qualifizierte Antwort geben kann.

Zunächst ist einmal festzustellen, dass das SHK-Handwerk mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen hat, und dass es sich bis heute zum größten Teil mit Gas- und Ölheizungen beschäftigt. Viele Betriebsinhaber und Verkäufer müssen sich jetzt mit einer für sie völlig neuen Technologie beschäftigen. Und sie tun das nur in dem Maße, wie der Markt es verlangt. Es kommt also zu einem Teufelskreis: Wenn wir mit dem Absatz nicht vorankommen, wird sich das Handwerk um das Thema nicht weiter kümmern, und umgekehrt. Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, dass ein Betrieb, der sich für diese innovative Technologie interessiert, auch Möglichkeiten zur Information und Fortbildung finden kann. Übrigens: Einige Hersteller versuchen, den Handwerker mit vereinfachten Systemen, ähnlich „Plug&Play“-Geräten, bei der Installation so weit wie möglich zu unterstützen und ihm so zu helfen, Fehler zu vermeiden. Ein solches Vorgehen ist aber nur eingeschränkt möglich.

Ein Schwerpunkt des 15. Forums Wärmepumpe ist die Digitalisierung. Was bedeutet dieses Thema für die Branche? Muss sie dafür überhaupt noch etwas tun? Ist nach der Aktion SG-ready nicht bereits das Meiste erledigt?

Die Kennzeichnung einer Wärmepumpe mit einer „SG-ready“-Plakette war ja nur ein erster Schritt, mit dem Hersteller ihren Kunden signalisieren konnten, dass ihre Produkte mit einer Schnittstelle zur digitalen Ansteuerung weiterer Anlagen, zum Beispiel einer PV-Anlage, ausgerüstet sind. Der Schritt, der jetzt folgen müsste, wäre die Einführung flexibler Strompreise, die den Betrieb von Wärmepumpen für den Kunden erst richtig rentabel machen würden. Beispielsweise sollte die Wärmepumpenheizung nur dann laufen, wenn der Strom günstig ist. Solange es dieses Preissignal nicht gibt, wird dieses System nicht wirklich zum Leben kommen, weil ein möglicher wirtschaftlicher Nutzen für den Verbraucher nicht zustande kommt. Aber die Digitalisierung bedeutet natürlich noch mehr: So ließen sich zum Beispiel Wartungen aus der Ferne durchführen, der Verbraucher könnte seine Wärmepumpe aus der Ferne überwachen und steuern. Damit wären die Möglichkeiten sicher noch nicht ausgeschöpft, das Thema ist vielfältig und wird uns noch viele Jahre begleiten.

Wie beurteilen Sie die Zukunftschancen der Wärmepumpenbranche?

Die Branche bereitet sich auf eine große Zukunft vor. Hier auf der Tagung war die Rede von 17 Millionen Wärmepumpen bis zum Jahr 2050. Die Industrie wird das ohne Probleme schaffen, für das Heizungshandwerk wird die kommende Entwicklung allerdings zu einer großen Herausforderung werden. Es braucht so schnell wie möglich gute qualifizierte Fachleute, die Wärmepumpenanlagen verkaufen und fehlerfrei installieren können.

Herr Dr. Sabel, vielen Dank für dieses Gespräch.

Das Gespräch führte Wilhelm Wilming.


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft