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Nachgefragt
07. Mai 2015

„Das Glas ist mehr halb voll und nicht halb leer“

Der Ruf von Aktien der Erneuerbaren Energien hat im letzten Jahr mitunter Zweifel geweckt. Wie steht es aktuell um sogenannte nachhaltige Anlagen? Wir sprachen mit dem Gründer der ethisch-ökologischen Vermögensberatung Ökoworld AG und Alexander Mozer der das Fondsmanagement in Luxemburg leitet.

Links Alfred Platow, Gründer der ethisch-ökologischen Vermögensberatung Ökoworld AG und rechts Alexander Mozer, der das Fondsmanagement in Luxemburg leitet. (Foto: © Ökoworld AG)
Im Gespräch mit Alfred Platow, Gründer der ethisch-ökologischen Vermögensberatung Ökoworld AG (links) und Alexander Mozer, der das Fondsmanagement in Luxemburg leitet. (Foto: © Ökoworld AG)

07.05.2015 – Herr Platow, Herr Mozer, in was wird derzeit vornehmlich investiert bzw. was wird nachgefragt?

Alexander Mozer: Eine Renaissance erlebten in den letzten Jahren ganz klar die Unternehmen aus dem Sektor der Erneuerbaren Energien. Aber es ist richtig: Viele Investoren erinnern sich noch schmerzhaft an den Niedergang der heimischen Solarindustrie. Überkapazitäten durch den Eintritt neuer Marktteilnehmer, vor allem aus Fernost, führten neben deutlichen Subventionskürzungen seitens der südeuropäischen Sonnenstaaten zu einem Verfall der Branche. Teils verzeichneten die Unternehmen deutliche Verluste und mussten vereinzelt sogar den Geschäftsbetrieb einstellen. In der Zwischenzeit hat sich einiges geändert. Neben neuen „Wachstumsmärkten“ wie den USA, Japan und China machten die Unternehmen ihre Hausaufgaben und entwickelten sich weiter entlang ihrer Wertschöpfungskette – also vom reinen Zellhersteller hin zum Projektierer.

Zunehmende Ordereingänge, Ausweitung der Bruttomargen und Rückkehr in die Gewinnzone prägen heute das Bild namhafter Unternehmen wie Canadian Solar, Vestas und Nordex. Die Erneuerbare Energie wird zunehmend konkurrenzfähig. Hauptsächlich verantwortlich hierfür sind effizientere Produktionsprozesse und niedrigere Eingangskosten. Eine Netzparität, also eine Herstellung von Strom aus Erneuerbaren zu gleichen Kosten wie bei der herkömmlichen Energieerzeugung, ist in einigen Ländern und Regionen mittlerweile Realität. Zudem findet die grüne Technologie zunehmend Einsatz in die staatlichen Maßnahmenkataloge, wie beispielsweise die chinesischen 5-Jahrespläne.

Die weitere Großwetterlage für Unternehmen aus dem ethisch, ökologischen und sozialen Sektor scheint auf dem ersten Blick nicht allzu rosig zu sein, könnte man nach oberflächlicher Betrachtung meinen. Die enttäuschenden und teils ergebnislosen Verhandlungen zwischen den großen CO2-Emittenten auf den Klimakonferenzen, das Gezerre um die richtigen Standards bei Bio-Lebensmitteln sowie die hierzulande ewige Achterbahnfahrt wenn es darum geht, Erneuerbare Energien in das Stromnetz einzuspeisen, um diese vom Erzeugungs- zum Nachfrageort zu transportieren. Ein zweiter Blick in die Welt der Unternehmen und die dahinter liegenden nahezu eigenständigen Treiber versprüht mehr Zuversicht für die Aktieninvestoren. Innovation gepaart mit technischem Fortschritt, Verbesserung der Lebensqualität der Menschen, mehr Bildungsangebote sowie ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein sind als Beispiele zu nennen.

Können Sie uns noch weitere Erlebniswelten öffnen bitte.

Alexander Mozer: Natürlich. Nehmen wir die Automobilindustrie und einen umweltfreundlicheren Individualverkehr. Der Visionär und CEO von Tesla, Elon Musk, revolutioniert mit seiner Fahrzeugflotte derzeit die Straßen. Es wurden in München sogar schon Tesla-Taxis gesichtet. Purer Fahrspaß ohne den Einsatz fossiler Energie, dazu noch Schnellladestationen, die als kostenlose „Tankstelle“ fungieren und in Deutschland eine Reise vom Norden in die Alpenländer ohne „Blackout“ ermöglichen. Und der positive Effekt daran ist, dass die etablierten Automobilhersteller peu à peu ebenfalls innovative Antriebstechnologien vorstellen – die Elektromobilität scheint nun auf dem besten Wege, den lange ersehnten Durchbruch zu schaffen.

Das bisherige und kostspielige Nadelöhr, die Batterie, scheint mit der Umsetzung einer Gigafabrik nun in Angriff genommen zu werden. Wie gut Elektromobilität funktioniert, stellen uns die rasanten „Zulassungen“ in Form von Verkaufszahlen für Elektrofahrräder dar – rüstige und kaufkräftige Pensionäre sind eine begehrte Zielgruppe. Der „Wirtschaftsmotor Alter“ bestätigt den Trend des Downagings. Natürlich fungieren mit Autos überfüllte Straßen in den Großstädten als weitere Nachfragetreiber für die umweltfreundliche Mobilität. Ein Blick in die Produktneuheiten der Industrie zeigt, dass die zunehmende Vernetzung mit großen Schritten voranschreitet – Schlagworte wie Industrie 4.0 oder „connection to the grid“ finden Eingang in die öffentliche Diskussion. Diese sind per se ethisch-ökologische Investitionsthemen mit dem Schwerpunkt des Cloud Computing inklusive Energieeffizienz und Datensicherheit.

Wagen wir auch einen Blick in die weitere Welt! Kennen Sie „Danica May Camacho“ oder „Yusuf Efe Özkan“? Vor nahezu genau drei Jahren begrüßten Botschafter der UN stellvertretend in Asien und der Türkei unseren sieben Milliardsten Erdenbürger. Regionen, in denen eine wachsende Population vorherrscht. Im Gegensatz hierzu begegnet uns in den westlichen Industrienationen eine zunehmende Vergreisung. Ironischerweise wurden 2012 in Japan zum ersten Mal mehr Windeln an Erwachsene verkauft als an Kleinkinder – ein beidseitiger Wachstumstrend also? Diese Frage kann sicherlich mit ja beantwortet werden. Mit einem Blick auf das nachhaltige Investieren ist die Gesundheitsbranche einer der Profiteure dieser Entwicklung.

In den aufstrebenden Nationen, den Emerging Markets, findet man weit mehr als nur Bevölkerungswachstum. Auch das verfügbare Einkommen nimmt in vielen Ländern sukzessive zu. Erstmalig gehören so mehr Menschen der Mittelschicht an als der armen Schicht. Dies wiederum führt zu einer Veränderung der Bedürfnisstruktur. Wünsche wie etwa eine eigene Wohnung mit fließendem Wasser und Strom, lesen lernen, Fliesen anstatt Lehmboden, ein Online-Anschluss, ein neues Hüftgelenk, ein Kindergarten und die Schule um die Ecke. Ganz zu schweigen von Einrichtungen des öffentlichen Lebens, wie Krankenhäuser und ein öffentliches Transportsystem.

Alles Zukunftsthemen, die auch ethisch-ökologische Kriterien beinhalten. Wir haben einige Aktien in unserem Schwellenländerfonds, die sich hervorragend entwickeln. Speziell Indien und Südafrika bereiten sehr viel Freude. Für uns waren die ersten Wochen des Jahres 2015 auch ein wenig „proof of concept“, da unsere brasilianischen Bildungsaktien stark korrigiert haben. Die brasilianische Regierung hatte angekündigt, zukünftig Stipendien strikter handhaben zu wollen. Um Staatsausgaben zu reduzieren, da auch Brasilien unter dem sinkenden Ölpreis leidet. Im Portfoliokontext ist dies – und so soll es idealerweise im Sinne des Anlegers auch sein – nicht aufgefallen.

Finanzielle Rendite oder soziale Rendite – was spielt bei Anlegern eine größere Rolle, ist das überhaupt vereinbar? Wollen Anleger von „nachhaltigen und grünen“ Anlagen ganz genau wissen, was mit ihrem Geld gemacht wird?

Alfred Platow: Nicht nur die Rendite ist das Entscheidungskriterium für den aufgeklärten Kunden von heute. Auch die Antwort auf die Frage, womit die Rendite erzielt wird, gewinnt immer mehr und kontinuierlich an Gewicht. Denn Gewissen und Werteorientierung spielen eine wachsende Rolle, bevor der Zeichnungsschein unterschrieben über den Verkaufstresen geht. Und das nicht nur bei den LOHAS und Kunden der GLS Bank. Immer mehr Menschen machen sich Gedanken, welche Branchen sie mit ihren Investments mitfinanzieren. Rendite ja. Aber nicht um jeden Preis!

Es lässt sich natürlich nicht von der Hand weisen, dass ethisch-ökologische Investments noch nicht an allen Bankschaltern angekommen sind. Wir arbeiten bei Ökoworld aber mit großem Engagement daran, dass neben unserem eigenen Privatkundenvertrieb auch Banken wie die Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken z.B. unseren Ökoworld Ökovision Classic, der bereits vor rund 19 Jahren aufgelegt wurde, in ihr Programm im Sinne des Kunden aufzunehmen. Aus unserer jahrzehntelangen Erfahrung als Anbieter ethisch-ökologischer Investments ist die Gewichtung in Kopf und Bauch der Anleger zwischen Inhalt der Anlage und Performance eine 60/40 Entscheidung. Zu 60 Prozent muss sicher sein, dass nicht Branchen und Unternehmen mitfinanziert werden, die dem Anleger widerstreben, und zu 40 Prozent muss selbstverständlich gewährleistet sein, dass der Fonds eine gute Rendite erwirtschaftet.

Wie kann ein Anleger langfristig nachprüfen, wie ökologisch, sozial und ethisch vorbildlich das Unternehmen ist, in das er investiert hat?

Alfred Platow: Das ist bei uns sehr einfach anhand der Fondsfactsheets und sehr detailliert in den Jahresberichten für den Anleger nachvollziehbar. Dort finden sich über mehrere Seiten die Anlagerichtlinien und auch Kurzprofile zu den Unternehmen, die unter den Aspekten Ethik, Ökologie und Soziales in das sogenannte Anlageuniversum aufgenommen wurden. Das Ökoworld-Prinzip sieht eine vollständige Trennung von Nachhaltigkeitsresearch und Fondsmanagement vor. Das heißt: Die Fondsmanager dürfen ausschließlich in Titel investieren, die aufgrund der Überprüfung von vorab definierten sozialen, ethischen und ökologischen Kriterien in das Anlageuniversum aufgenommen wurden.

Ist echte Transparenz überhaupt möglich? Wer stellt nach welchen Maßstäben den Kriterienkatalog zusammen?

Alfred Platow: Das Nachhaltigkeitsresearch der Ökoworld bildet das Herzstück. Nehmen wir den Ökovision-Investmentprozess. Für Investments in Frage kommende Unternehmen werden vom Team nach einem transparenten Stufenmodell Schritt für Schritt bewertet und gefiltert. Dabei werden die unterschiedlichsten Quellen wie z. B. sorgfältig ausgewählte Tageszeitungen und Websites, Informationsdienste, eine Vielzahl von Fachpublikationen, Studien und Reports genutzt. Extern unterstützt uns darüber hinaus die unabhängige und renommierte Ratingagentur oekom Research bei der Überprüfung. Für Ökovision werden in der Nachhaltigkeitsanalyse stufenweise über die speziellen Filter die Analysen für den elfköpfigen, unabhängigen Anlageausschuss erstellt, der für die Ökovision-Fonds über die Aufnahme von Unternehmen in das Anlageuniversum befindet. In den Anlagebedingungen versprechen wir unseren Anlegern einen über positive und negative Anlagekriterien definierten Umgang mit ihrem Geld. Ohne Hintertüren wie z. B. Umsatzgrenzen und auch den Best-in-Class-Ansatz gibt es bei uns nicht. Das hat in logischer Konsequenz zur Folge, dass wir auch wesentlich genauer hinschauen und unsere Filter sehr engmaschig sein müssen. Das betrifft nicht nur die Unternehmen an und für sich, sondern selbstverständlich auch die Zulieferkette oder Tochtergesellschaften.

Was ist für Sie ein nachhaltiger Mehrwert?

Alfred Platow: Klarer ethisch-ökologisch und sozialer Mehrwert ist es, Branchen wie Chlorchemie, Atomkraft, Erdöl, Militär, Diskriminierung, Zwangsarbeit und offene Gentechnik auszuschließen. Um nur einige zu nennen. Wasserversorgung, ökologische Nahrungsmittel, soziale Kommunikation, Bildung, regenerative Energien und Energieeffizienz, Gesundheit und Medizin, umweltfreundliche Mobilität, Recycling und Wiederverwertung sind der zukunftsfähige Mehrwert, in den wir für unsere Anleger im Sinne einer lebenswerten Zukunft investieren.

Die Maßstäbe, die Anbieter bei ihrem „ethisch-ökologischen“ Produktportfolio ansetzen, sind unterschiedlich. Wäre es sinnvoll, eine Definition für Nachhaltigkeit gesetzlich zu verankern und einen einheitlichen Kriterienkatalog festzulegen?

Alfred Platow: Das ist aus unserer Sicht zwar grundsätzlich mehr als wünschenswert für alle Anleger, aber praktisch schwer umsetzbar. Es beginnt schon mit dem Gummiwort und Marketingbegriff „Nachhaltigkeit“, der nicht geschützt und nicht definiert ist. Ein Beispiel: Der eine definiert, dass ein Erdölförderunternehmen nachhaltig ist, weil es gut zu den Mitarbeitern ist und auch noch nebenher in Erneuerbare Energien engagiert ist. Für andere – wie Ökoworld – ist das Unternehmen per se draußen, da Erdöl komplett umweltunverträglich und damit ausgeschossen ist.

Sie sehen, dass man da sehr schnell an Grenzen stößt. Wie auch immer: Für uns wäre das kein Problem, da wir eben mit diesen strengen Positiv-, Negativ- und Ausschlusskriterien arbeiten. Aber wir sind David und nicht Goliath. Es ist ja bekannt, dass in angeblichen Nachhaltigkeitsfonds auch eifrig in Atomkraft investiert wurde. Das war und ist bei uns natürlich auch komplett ausgeschlossen.

Fast 400 nachhaltige Publikumsfonds gibt es nach Angaben des Sustainable Business Instituts inzwischen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Nimmt damit auch die Qualität der Produkte zu – oder muss man, ganz im Gegenteil, bei dieser wachsenden Auswahl noch genauer hinschauen?

Alfred Platow: Es empfiehlt sich immer bei einem wachsenden Angebot sehr genau hinzuschauen! Es sind natürlich auch Anbieter als Trittbrettfahrer unterwegs, die es mit dem ethisch-ökologischen Angebot nicht so ernst meinem und gerne den „grünen Marketingzug“ auch für ihre Produkte nutzen. Etikettenschwindel gibt es auch hier. Für Anleger empfiehlt sich, dass sie auf transparente und vor allem nachprüfbare Anlagegrundsätze achten und sich diese schriftlich aushändigen lassen. Auch ist es gut im Blick zu haben, ob der Anbieter ein konventionelles und nachhaltiges Segment zum Kauf anbietet, oder wirklich ein ausschließlich nachhaltiges Sortiment. Da der Begriff der Nachhaltigkeit immer mehr zum Modewort verkommt, ist auch unter dem grünen Siegel der Nachhaltigkeit angebotene Ware kritisch zu begutachten.

Können umgeleitete Geldströme tatsächlich Veränderungen bewirken?

Alfred Platow: Jeder kann seinen Beitrag leisten die Ökologisierung der Wirtschaft mit zu gestalten. Auch wenn dies in manchen Bereichen sehr schleppend voran geht. Zukunft mitgestalten bedeutet nicht, dass alles auf einmal gelingt. Politische Rückschritte und wirtschaftliche Negativschlagzeilen sind die eine Seite. Auf der anderen Seite sind unsere Themen erfolgreich angekommen und wir nehmen schrittweise Einfluss auf die Ökologisierung der Wirtschaft. Man muss nicht Idealist sein, um zu erkennen, dass sich hier in Sachen „Gewinn mit Sinn“ einiges getan hat. Ein Beispiel: das „historische Abkommen“ zwischen den USA und China zur Reduzierung der Treibhausgase ist zwar eine Klimafarce. Dennoch tragen unsere Investments zu einem besseren Klima bei. Der ökologische Supergau mit der Atomkatastrophe von Fukushima in Japan forderte zu einem Umdenken in der japanischen Energieversorgung. Das Glas ist mehr halb voll und nicht halb leer.

Alexander Mozer: Nach Fukushima entpuppte sich der japanische Markt für Solaranlagen zu einem echten Wachstumsmotor für die jeweiligen Firmen – abzulesen ist dies in positiven Ordereingängen und wichtigen Kennzahlen wie zunehmende Ausweitung der Bruttomargen. Auch auf der anderen Seite der Welt, in den USA, sorgten attraktive Steuer- und Leasingmodelle für eine Renaissance der dortigen unternehmen. Unsere Investoren konnten in vollen Umfang davon profitieren. Die Niederlage gegen die Republikaner schwächt Präsident Obama zwar in seinen ambitionierten Plänen zur Energie- und Klimapolitik. Wir beeinflussen mit unseren Investments weiterhin positiv die Klimaentwicklung und unsere Anleger verdienen eine gute Rendite damit.

Ein weiteres Beispiel ist Wasser. Eine wachsende Weltbevölkerung, anhaltende Urbanisierung, Wirtschaftswachstum und sich ändernde Konsumgewohnheiten führen zu einem weiter ansteigenden globalen Wasserbedarf. die Risiken als auch die Chancen in Verbindung mit Wasser werden sich immer stärker auswirken, auch auf den Kapitalmärkten. Nachhaltige Wasser-Investoren profitieren doppelt. Einerseits investieren sie nicht in Wasserverschwender oder -verschmutzer, sondern in Unternehmen, die verantwortungsvoll mit der kostbaren Ressource Wasser umgehen. Wassereffizienz, geschlossene Wasserkreisläufe, Wasseraufbereitung und Wasserreinigung sind hier die Themen genauso wie Wasserversorgung. andererseits investieren überlegte Wasseranleger auch in die unternehmen, die Lösungen für die dringenden Wasserprobleme entwickeln.

Wie wird der Markt für die Erneuerbaren Energien weitergehen, Ihre Prognose für die nächsten fünf Jahre?

Alexander Mozer: Viele Investoren haben teilweise das Vertrauen verloren in die erneuerbaren Hoffnungsträger, die den gesundheitsgefährdeten Atom- oder Kohlestrom ablösen können. Doch wie sieht es in den Büchern der Unternehmen aus den Erneuerbaren Energien aus – betrachtet aus den Tiefen der Finanzanalyse? Wir sehen Konsolidierung und zunehmende Aktivität. Nach einer kompletten Meidung des Sektors bei unseren Anlegerfonds im Jahr 2011 erkannten wir bereits Ende 2012 erste Anzeichen einer Konsolidierung und zunehmender Aktivität bei den Unternehmen. Aktivität bedeutet, zunehmende Projektaufträge, die zu Ordereingängen und somit zu Umsatzerlösen führten.

Allerdings spielte die Musik nicht im großen deutschen Markt, wie die Jahre zuvor, sondern andere „Wachstumsmärkte“ traten aus ihrem Schatten heraus. Ich spiele an auf das Wachstum in Japan und den USA. Wie eben besprochen führte die Atomkatastrophe von Fukushima in Japan zu einem Umdenken in der japanischen Energieversorgung. Auch auf der anderen Seite der Welt, in den USA, sorgten attraktive Steuer- und Leasingmodelle für eine Renaissance der dortigen Unternehmen. Zudem mauserten sich die Unternehmen vom reinen Hersteller für Solarmodule zu einem Projektierungsunternehmen, indem sie ganze Solarparks errichten und anschließend veräußern. Dies geht einher mit einer deutlichen Verbreiterung ihrer Wertschöpfungskette. Der prominente Investor Warren Buffet investierte erstmals Anfang 2013 über eine seiner Tochtergesellschaften in einen fertig gestellten Solarpark von Sunpower.

Ein weiterer Wachstumsmarkt für Erneuerbare Energien ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, die Volksrepublik China. Bilder, wie etwa von Smog umhüllte Städte, forcieren ein Umdenken in der Energieerzeugung und -verwendung. So entwickelt sich der Solarmarkt in China zum Marktführer im Sinne installierter Kapazitäten; das Unternehmen wird vom Exporteur von Solarmodulen zum großen Binnennachfrager nach Solarenergie. Im November 2013 hat die kommunistische Partei Chinas umfassende Reformen zu insgesamt 16 Bereichen verabschiedet. Ökologische Reformen mit dem Ziel, ein „beautiful China“ zu schaffen, sind ein wichtiger Teil davon. Der chinesische Fünf-Jahres-Plan ist teils mit sehr grüner Tinte geschrieben.

Über den Visionär Elon Musk mit seinen Firmen Tesla und Solarcity haben wir eingangs bereits gesprochen. In sogenannten „Schnellladestationen“ kann das Elektroauto quasi während einer Kaffeepause wieder kostenlos betankt werden – gespeist durch Sonnenenergie und in den USA mit Lösungen von Solarcity. Das nächste Vorhaben, eine „Gigafabrik“ für die Batterien zu entwickeln – wir erinnern uns, die Batterie eines Elektroautos ist das Herzstück und bislang der kostenintensivste Part –, könnte zu einem Durchbruch verhelfen, die Sonnenenergie endlich zu Hause kostengünstig zu speichern und zu verbrauchen, wenn die Sonne nicht mehr scheint. Sei es die Gartenbeleuchtung abends oder der Geschirrspüler und die Waschmaschine an Regentagen.

Die Zukunft wird uns noch viele Innovationen hin zu einer sauberen Energieentwicklung bringen Daher stehen die Ampeln weiterhin für die nächsten 5 Jahre sicher auf Grün. Die Erneuerbaren Energien sind ein Trend, der in logischer Konsequenz nicht mehr zu stoppen ist. Auch wenn diese Erkenntnis gerade in der Politik noch nicht zur zufriedenstellenden flächendeckenden Umsetzung gereift ist.

Herr Platow, Herr Mozer, herzlichen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Nicole Allé.

Mehr Infos zur Ökoworld AG hier

Das Interview in Kurzform finden Sie auch als pdf in der neuen Printausgabe der energiezukunft, Heft 18_Sommer 2015


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