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Nachgefragt
26. Februar 2018

„Die Energiewende braucht Großbatteriespeicher“

Mit zunehmendem Anteil von Wind- und Solarstrom stehen Netzbetreiber vor einer neuen Herausforderung: Sie müssen die Stromnetze stabil halten und suchen nach Lösungen. Wir haben mit Hans Urban vom Speicher­spezialisten SmartPower über Netzstabilität und Großbatterie­speicher für Regelenergie gesprochen.

Hans Urban, SmartPower GmbH

Hans Urban, SmartPower GmbH
Innenraum eines Speicher-Containers mit Lithium-Ionen-Batterien. (Foto: SmartPower)
(Foto: SmartPower)

26.02.2018 – Um die notwendige Stabilität ihrer Netze gewährleisten zu können, benötigen Netzbetreiber unter anderem sogenannte Regelleistung, die in der Vergangenheit größtenteils Betreiber konventioneller Kraftwerke bereitstellten. Das hat sich geändert: Immer häufiger beziehen Netzbetreiber die benötigte Regelenergie auch aus Großbatteriespeichern, zum Beispiel aus einer Anlage mit einer Lade- und Entladeleistung von mehr als 1 MW, die Mitte des Jahres 2017 im oberbayerischen Garching bei München in Betrieb gegangen ist. Einer der Projektpartner ist die SmartPower GmbH & Co. KG, die für Planung, Bau und Installation des Batteriespeichers verantwortlich war.

Wir haben mit Hans Urban von SmartPower über Netzstabilität und Regelenergie gesprochen.

Herr Urban, können Sie unseren Lesern erklären, wozu Batteriespeicher notwendig sind?

Das lässt sich nicht in einem Satz erklären, dazu muss ich etwas weiter ausholen. Physikalische Gesetzmäßigkeiten bringen es mit sich, dass die ins Stromnetz eingespeiste Menge Energie exakt der entnommenen Menge entsprechen muss, wenn Frequenz und Spannung, wie vom Verbraucher gefordert, immer den gleichen Wert haben sollen. Verschiedene Normen und andere Regelwerke lassen da nur kleine Toleranzen zu. Da die entnommene Energie, der Verbrauch also, ständig schwankt, ist ein permanentes Nachregeln mithilfe geeigneter Technologie erforderlich.

Wie wirkt sich das auf die Erzeugung von Strom aus?

In der Struktur der Stromerzeugung hat sich eine gewisse Hierarchie herausgebildet. Da gibt’s Grundlast-, Mittellast- und Spitzenlastkraftwerke. Zu den Grundlastkraftwerken zählen in der alten Energiewelt beispielsweise mit Braunkohle befeuerte oder mit nuklearem Brennstoff betriebene Anlagen. Sie arbeiten in der Regel den ganz Tag über auf einem konstanten Leistungsniveau, haben aber den Nachteil, dass sie nach einer – zum Beispiel notfallbedingten – Abschaltung erst nach Stunden wieder betriebsbereit sind. Für die Mittellast sind bisher Öl- und Steinkohlekraftwerke zuständig, die schon etwas schneller einsatzbereit und in gewissem Maße regelbar sind. Zu den Kraftwerken, die eine auftretende Spitzenlast abdecken können, zählen Gasturbinenkraftwerke. Sie reagieren in einer Zeitspanne von etwa zehn Minuten.

Das ist doch nicht schnell genug, wenn das stimmt, was Sie oben gesagt haben, dass ein eine Zustand permanenten Gleichgewichts zwischen Energieeinspeisung und -verbrauch herrschen muss. Wie kann man das erklären?

Thermische und nukleare Kraftwerke haben den Vorteil, dass ihre Turbinen und die Rotoren ihrer Generatoren große Schwungmassen darstellen, die sich für die Regelung im großflächigen Netz nutzen lassen. Sie schieben ihren Schwung als kinetische Energie ins Netz, wenn der Stromverbrauch einmal plötzlich ansteigen sollte, und kompensieren so den verzögerten Nachschub aus der Verbrennung oder der nuklearen Reaktion. Mithilfe einer zusätzlichen Feinjustierung lassen sich so Spannung und Frequenz stabil halten.

Das erklärt ja noch nicht, warum man solche Technologien gerade jetzt im Rahmen der Energiewende einsetzen muss.

Bei steigendem Einsatz erneuerbarer Energien werden immer weniger thermische Kraftwerke am Netz hängen. Sie waren es ja in der Vergangenheit, die Netzschwankungen ausgeglichen und dafür so genannte Regelenergie geliefert haben. Jetzt brauchen wir also andere Lösungen. Dabei unterscheiden wir primäre (schnelle) und sekundäre (weniger schnelle) Regelleistung sowie die Minutenreserve, die erst nach 15 Minuten einspringen muss. Batteriespeicheranlagen, nach deren Notwendigkeit Sie eingangs gefragt haben, lassen sich innerhalb von Sekunden aktivieren und sofort auf volle Leistung bringen.

Wie werden sie denn aktiviert?

Dazu braucht man keine komplizierte Regelungstechnik, das regelt sich aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten quasi von selbst. Wenn sich zu viel Energie im Netz befindet, die Last also gesunken ist, steigt die Frequenz. Im umgekehrten Fall sinkt sie, also dann, wenn die Last beziehungsweise der Verbrauch steigt. In beiden Fällen ist also die Frequenz der Indikator. Die bringt den Batteriespeicher dazu, dem Stromnetz Energie zu entnehmen und zu speichern, oder den Speicher zu entleeren und dabei Energie ins Netz einzuspeisen.

Wagen Sie doch mal eine Aussage zu den Marktchancen von Großbatteriespeichern.

Nach meiner festen Überzeugung braucht die Energiewende Großbatteriespeicher. Sie können helfen, bei einem steigenden Energiebedarf, einer wetterabhängigen Einspeisung und einer wachsenden Anzahl fluktuierender Energieerzeuger die erforderliche hohe Versorgungssicherheit und -qualität dauerhaft sicherstellen. Dass wir Batteriespeicher brauchen, bedeutet aber noch nicht, dass sie auch jemand baut. Dazu müssen Anreize da sein, die Investition muss sich rentieren. An diesem Marktdesign wird man sicher noch arbeiten müssen.

Das Gespräch führte Wilhelm Wilming.


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