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VerbrennerBiokraftstoffe verursachen mehr Emissionen als fossile

Ein Zuckerrübenfeld mit jungen, grünen Pflanzen, die in Reihen wachsen. Zwischen den Pflanzen verläuft ein mit Wasser gefüllter Bewässerungsgraben im dunklen Ackerboden. Im Hintergrund ist das Feld bis zum Horizont zu sehen.
Zuckerrübenfeld in Deutschland: Sieht grün aus, ist aber beim Einsatz als Biokraftstoff gar nicht so gut für Klima und Umwelt (Bild: AnRo0002, Wikimedia, Public Domain)

Biokraftstoffe bestehen weiterhin fast vollständig aus Nahrungsmittelpflanzen. Das steht in starker Konkurrenz zur menschlichen Ernährung und verursacht am Ende sogar mehr Emissionen als fossile Kraftstoffe, wie eine neue Studie zeigt.

13.10.2025 – Schon seit Jahren wird Benzin Bioethanol beigemischt, um den fossilen Kraftstoff aus Öl vermeintlich sauberer zu machen. Und ebenso lange ist dieser Biokraftstoff mit der Tank oder Teller-Debatte in der Kritik. Denn das Ethanol wird aus Pflanzen wie Getreide und Zuckerrüben gewonnen, auf Ackerflächen, die ebenso gut für die Nahrungsmittelproduktion herhalten könnten.

Dem entgegen heute Verfechter der Biokraftstoffe, dass diese zunehmend aus Abfall und Reststoffen stammen. Ein Gutachten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung kam für 2023 auf Einsparungen von rund 12 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente durch den Einsatz von Biodiesel und HVO – einem erst seit kurzem auf dem Markt befindlichen reinen Biodieselkraftstoff. Dabei seien 60 Prozent der Ausgangsstoffe Abfälle und Reststoffe gewesen, während 40 Prozent aus angebauter Biomasse (z. B. Raps, Mais) stammten. Das Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) kam jedoch in einer eigenen Analyse zu dem Schluss, dass massenhafte Betrugsfälle importierten Biokraftstoffs, der nicht aus Abfällen, sondern direkt aus Palmöl stammte, diese Einsparversprechen nicht halten.

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Weniger Nahrung, mehr Emissionen

Weltweit kommt das Analysunternehmen Cerulogy, im Auftrag der europäischen NGO Transport & Environment (T&E), in einer neuen Studie zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der weltweiten Biokraftstoffproduktion nach wie vor auf Nahrungsmittelpflanzen basieren. 2023 verbrauchte die Biokraftstoffindustrie demnach rund 150 Millionen Tonnen Mais und 120 Millionen Tonnen Zuckerrohr und Zuckerrüben. Insgesamt würden umgerechnet täglich 100 Millionen Flaschen Pflanzenöl in Autos verbrannt. Die Energie all dieser Rohstoffe könnte den Mindestkalorienbedarf von bis zu 1,3 Milliarden Menschen decken.

Besonders eklatant: Aufgrund der indirekten Auswirkungen von Landwirtschaft und Entwaldung verursachen Biokraftstoffe, der Studie zufolge, heute weltweit 16 Prozent mehr CO₂-Emissionen als die fossilen Brennstoffe, die sie ersetzen. Bis 2030 werden Biokraftstoffe voraussichtlich 70 Megatonnen CO₂ Äquivalente mehr emittieren als die fossilen Brennstoffe, die sie ersetzen. Dies entspreche den jährlichen Emissionen von fast 30 Millionen Dieselfahrzeugen.

Denn die Produktion soll kräftig hochgefahren werden. Heute werden 32 Millionen Hektar Land für den Anbau von Pflanzen für Biokraftstoff genutzt. Das entspricht etwa der Größe Italiens. Bis 2030 soll diese Fläche um 60 Prozent auf 52 Millionen Hektar anwachsen – das entspricht der Größe Frankreichs. Brasilien, Gastgeber der kommenden Weltklimakonferenz, hat kürzlich beschlossen, sein Soja-Moratorium auszusetzen, das den Amazonas vor der Abholzung für den Sojaanbau schützt. Mit dem Mercosur-Freihandelsabkommen, trägt auch Europa seinen Teil dazu bei.

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Marte van der Graaf, Referentin bei T&E Deutschland, kritisiert: „Es ist besorgniserregend, dass Brasilien sein Soja-Moratorium aufgehoben hat. Als Gastgeber des diesjährigen Weltklimagipfels wird sich Brasilien für mehr erneuerbare Kraftstoffe einsetzen. Biokraftstoffe dürfen nicht Teil der Diskussion sein. Andernfalls riskieren wir mehr Schaden als Nutzen.“ Es sei jedoch zu befürchten, dass die weltweite Nachfrage sich massiv steigern wird, da neben der Automobilindustrie, auch Schifffahrts- und Luftfahrtsektor nach Alternativen zu fossilen Brennstoffen suchen.

Beim Automobilsektor zeigt T&E anhand von Zahlen auf welche immensen Vorteile der Fokus auf die Elektromobilität hätte. Der Anbau von Biokraftstoffpflanzen erfordere erhebliche Mengen an Wasser. Um mit einem Auto 100 Kilometer mit Biokraftstoffen der ersten Generation zu fahren, wären durchschnittlich fast 3.000 Liter Wasser erforderlich. Für den Betrieb eines Elektroautos mit Solarstrom seien nur 20 Liter nötig. Und: Nur drei Prozent der Anbauflächen, die aktuell für Biokraftstoffe draufgehen, würden ausreichen, um mit Solarzellen die gleiche Energiemenge zu produzieren. Diese drei Prozent Solarenergie würden ausreichen, um fast ein Drittel der kompletten weltweiten Fahrzeugflotte mit Strom zu betreiben.

Ein weiterer Beleg dafür, dass sich Europa mit einer Abkehr vom Verbrenner-Aus in ihren Bemühungen für Klima- und Umweltschutz schaden würde. Alternativen zum klassischen Verbrenner sind teuer – wie E-Fuels – oder weisen eben eine noch schlechtere Klimabilanz auf. Trotzdem will sich Bundeskanzler Friedrich Merz auf europäischer Ebene für eine Abkehr vom Verbrenner-Aus 2035 einsetzen. Für die klimafreundliche Elektromobilität sind das unsichere Zeichen. mg

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