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Unnötige EmissionenDas Coronavirus sorgt in Europa für Flüge ohne Passagiere

Ein startendes Flugzeug der British Airways.
Bis vor kurzem waren die Flüge der British Airways noch voll besetzt. Inzwischen heben zum Teil sogenannte Geisterflüge ab. (Bild: Rafael Luiz Canossa / flickr.com, CC BY-SA 2.0)

Immer weniger Menschen wollen fliegen. Für die Klimakrise eigentlich ein positives Signal. Doch zugleich heben Flüge ohne Passagiere ab, damit Luftfahrunternehmen nicht ihre Startberechtigungen verlieren. Die EU-Kommission nimmt sich der Sache an.

13.03.2020 – Die größte deutsche Fluggesellschaft Lufthansa reagiert bereits auf den dramatischen Einbruch an Fluggästen. Sie will in den kommenden Wochen ihre Kapazität um bis zu 50 Prozent reduzieren, um negative Folgen des Nachfragerückgangs aufzufangen. Bereits bis Ende März werden bei den Fluglinien der Lufthansa Gruppe – Lufthansa, Eurowings, Swiss und Austrian Airlines – 7.100 Flüge gestrichen. Was für die Fluggesellschaft und ihre Mitarbeiter erhebliche finanzielle Einbußen bedeutet, ist für den Klimaschutz eine gute Nachricht. Weniger Flüge bedeuten weniger Treibhausgasemissionen. Weltweit werden internationale Konferenzen und Veranstaltungen abgesagt, zu denen die Leute nicht mehr mit dem Flugzeug anreisen.

Umso fataler ist diese Nachricht aus Großbritannien: die Fluggesellschaften British Airlines und Virgin Atlantic erklären, dass sie einige Flüge ohne Passagiere starten lassen, wie unter anderem die britische Times und ntv berichten. Hintergrund ist eine europäische Regelung zu Start- und Landerechten. Denn an großen europäischen Flughäfen gilt die sogenannte 80/20-Regel. Fluggesellschaften müssen demnach 80 Prozent ihrer Starts und Landungen für Flugzeuge nutzen, da sie diese Slots ansonsten an Mitbewerber verlieren könnten. Um bei einer wieder steigenden Nachfrage nach Flügen nicht hinten an stehen zu müssen, führen die Luftfahrtunternehmen aktuell lieber Geisterflüge durch.

Die EU-Kommission will sich dem Problem annehmen

Der britische Verkehrsminister Grant Shapps mahnte gegenüber der EU an: „Solch ein Szenario ist nicht akzeptabel. Es ist weder im Interesse der Industrie noch der Passagiere, noch der Umwelt und muss vermieden werden.“ Neben Shapps forderte auch Virgin-Atlantic-Geschäftsführer Shai Weiss die EU-Kommission auf, "die Regelungen für den ganzen Sommer dringend zu lockern". Für Flüge von und nach China hat die EU-Kommission die Regelungen bereits gelockert und erklärt, dass die Fluggesellschaften zurzeit nicht genutzte Slots für Starts und Landungen in Zukunft behalten könne.

Wir wollen es den Fluggesellschaften leichter machen, ihre Flughafenzeitnischen zu behalten.

Und auch auf die neuerliche Kritik reagierte die EU-Kommission diese Woche. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte mit: „Wir wollen es den Fluggesellschaften leichter machen, ihre Flughafenzeitnischen zu behalten, auch wenn sie wegen des rückläufigen Verkehrs keine Flüge in diesen Zeitnischen durchführen.“ Diese vorübergehende Maßnahme helfe sowohl der Industrie als auch der Umwelt. Die zuständige Verkehrskommissarin Adina Vălean fügte hinzu, dass die Kommission aufgrund der Dringlichkeit der Lage möglichst schnell einen Legislativvorschlag vorlegen werde, der dann gemeinsam mit europäischem Parlament und Rat verabschiedet werden muss.

Nur langfristige Verhaltensänderungen hätten echten Nutzen

Klimaschützer hoffen indes, dass die Abkehr der Menschen von Flugreisen nicht nur vorübergehend ist. Und das unabhängig vom Coronavirus. Rob Jackson vom Global Carbon Project etwa erklärt, dass der aktuelle Einbruch an Flügen nur dann einen echten Nutzen hat, wenn dies zu langfristigen Verhaltensänderungen führe. „Wenn dies unser Reiseverhalten ändert, könnte es in Zukunft zum Beispiel zu mehr virtuellen Konferenzen kommen“, sagte Jackson gegenüber dem Guardian.

Andernfalls sehe er keine positiven Effekte des Coronavirus. „Wenn Treibhausgasemissionen kurzfristig fallen, super! Aber Langfristig wird es keine bedeutsamen Veränderungen bringen, außer der Coronavirus führt zu einer globalen Rezession“, so Jackson weiter. Doch niemand wollte dies 2008 bei der globalen Finanzkrise und keiner wolle dies heute, meint Jackson. mf


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