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E-Mobilität: Utrecht zeigt Zukunft

„We Drive Solar“: Bidirektionale solare E-Ladestation in Utrecht im Stadtviertel Lombok. Einer der Partner ist Renault. (Foto: H.C.Neidlein)
„We Drive Solar“: Bidirektionale solare E-Ladestation in Utrecht im Stadtviertel Lombok. Einer der Partner ist Renault. (Foto: H.C.Neidlein)

Die viertgrößte Stadt der Niederlande macht vor, was jetzt schon in punkto Elektromobilität, Klimaschutz und nachhaltige Stadtentwicklung möglich ist: Bidirektionales solares Laden, E-Carsharing, E-Busse, das weltweit größte Fahrradparkhaus und vieles mehr. Und die weiteren Pläne sind ehrgeizig.

28.12.2017 – Neben Norwegen sind die Niederlande Spitzenreiter in Europa in punkto Elektromobilität. 25.000 öffentlich zugängliche Ladestationen sind bei unserem Nachbarn derzeit schon installiert, 21.000 weitere sollen bis 2020 errichtet werden. 125.000 Elektroautos sind schon in den Niederlanden zugelassen, davon rund 18.000 rein batterieelektrisch, der Rest Hybridantriebe. Eine Million Elektroautos sollen bis 2025 auf den Straßen rollen. Jüngst beschloss die neue Regierung das Aus für Autos mit Verbrennungsmotoren. Ab 2030 sollen keine neuen Fahrzeuge mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr zugelassen werden.

"Electric vehicle capitals of the world”

Kommunen wie Amsterdam und Utrecht treiben diese Entwicklung voran und machen vor, was jetzt schon in punkto E-Mobilität, Klimaschutz und nachhaltige Stadtentwicklung möglich ist. Beide Städte sind vom International Council on Clean Transportation (ICCT) unter den 20 „Electric vehicle capitals of the world” gelistet.

Das 344.000 Einwohner zählende Utrecht hat sich ehrgeizige für Ziele für E-Mobilität, Klimaschutz und nachhaltige Stadtentwicklung gesetzt 1.000 öffentlich zugängliche Ladestationen, die vor allem per Solarstrom gespeist werden und 1.000 E-Carsharing-Autos mit 100.000 Nutzern bis 2020. Dazu ein emissionsfreier öffentlicher Nahverkehr und City Logistik bis 2025, eine C02-neutrale Energieversorgung bis 2030, mehr Radfahrer Fußgänger und C02-freie neue Quartiere bis 2020. Erste beeindruckende Schritte hat die am schnellsten wachsende niederländische Kommune in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen und örtlichen Initiativen schon gemacht.

Fahrradparkhaus mit 12.500 Stellplätzen

So wurde unter dem Hauptbahnhof im August der erste Abschnitt des weltweit größten Fahrradparkhauses mit 6.000 Stellplätzen eröffnet, das bis Ende kommenden Jahres auf 12.500 Abstellplätze erweitert werden soll. Der Anteil des Radverkehrs in Stadt liegt jetzt schon bei 39 Prozent. Zwei Buslinien mit insgesamt 13 Fahrzeugen fahren derzeit schon elektrisch und werden bidirektional geladen, das heißt sie können den gespeicherten Strom auch wieder ins Netz zurückspeisen und dieses so stabilisieren. Geladen werden sie hauptsächlich über Nacht. „Die Linien arbeiten schon weitgehend wirtschaftlich. Zwar haben wir etwas höhere Anschaffungskosten, doch dies wird durch die eingesparten Dieselkosten und weniger Reparaturen kompensiert“, sagt der städtische Projektmanager Aart Meijles. Derzeit entsteht ein neuer E-Busbetriebshof und die Flotte wird weiter ausgebaut.

Klimaneutrale Quartiere

Um die E-Mobilität und das E-Carsharing voranzubringen setzt die Stadtverwaltung auch stark auf die Zusammenarbeit mit Wohnungsbaugesellschaften und Quartiersentwicklern, wie Lot van Hooydonk, Stadtrat für Mobilität unterstreicht. „Unser Ziel ist es die Einrichtung von Ladestationen auch in Mehrfamilienhäusern als Standard zu etablieren und klimaneutrale Quartiere mit Elektromobilität zu verknüpfen“, sagt sie. Dies soll nun im großen Stil in einem neuen innerstädtischen Entwicklungsprojekt im Quartier Overvecht mit 8.000 Wohneinheiten umgesetzt werden. Ziel ist es auch, die Photovoltaik in der Stadt weiter voranzubringen, um die E-Autos möglichst flächendeckend solar tanken zu können. Bis 2020 sollen mindestens zehn Prozent der Dächer in der Stadt mit Solarstromanlagen bestückt sein, derzeit sind es etwas über fünf Prozent.

„We drive solar“

Bidirektionales solares Laden von E-Carsharing-Autos ist auch schon im 2.500 Einwohner zählenden Stadtviertel Lombok Realität. Das örtliche Unternehmen Lombo XNet realisierte in enger Zusammenarbeit mit dem örtlichen Netzbetreiber ein eigenes Mikrogrid und installierte im Juni 2015 die weltweit erste bidirektionale öffentliche E-Ladestation (AC, 44 kW), die mit Solarstrom gespeist wird. 25 davon sind mittlerweile in dem Viertel montiert Unter dem Slogan „We Drive Solar“ sind über 30 Renault Zoe als Car-Sharing-Fahrzeuge im Einsatz, die per PV-Dachanlagen geladen werden und wieder zurückspeisen können. „Ziel ist das Quartier möglichst weitgehend selbst mit Solarstrom zu versorgen und alle Dächer mit Photovoltaikanlagen auszurüsten“, so Lombo XNet Geschäftsführer Robin Berg. Für realistisch hält er eine energetische Eigenversorgung des Stadtviertels von 60 Prozent, wenn dort alle verfügbaren Hausdachflächen genutzt werden.

„Wir arbeiten eng mit den Netzbetreibern zusammen und möchten über das bidirektionale und intelligente solare Laden zur Netzstabilität beitragen“, unterstreicht Berg. Partner im Ladesäulenmanagement ist der Dienstleister Elaad NL.

Flexible Tarife für netzstabilisierendes Laden

Unterstützt wird die Initiative von Renault. Das Unternehmen setzt nun auf sogenanntes Smart Charging so Electric Vehicle Program Direktor Eric Feunteun. In einem Pilotprojekt bietet Jedlix Kunden bereits flexible Tarife für netzstabilisierendes Laden ein. Renault ist zu 25 Prozent an dem Start-up beteiligt. Das Fahrzeug wird, wenn es zu Hause steht, nicht zur Stoßzeit am frühen Abend geladen, sondern zeitversetzt, wenn die Stromnachfrage geringer ist. Die beteiligten E-Autos werden von Jedlix virtuell gepoolt. „Wir arbeiten hierbei in den Niederlanden schon mit zwei lokalen Netzbetreibern zusammen“, sagt Jedlix-Chef Ruben Benders. Derzeit würden Gespräche mit Vattenfall und Engie geführt, um dies künftig auch in Deutschland und Frankreich anbieten zu können. Über die flexiblen Tarife können die Kunden pro Monat rund fünf Euro an Stromladekosten einsparen, so Benders.

„Second Life“ Batterien als Heimspeicher

Ein weiterer Schritt in die Zukunft ist die Nutzung von „Second Life“ Batterien der E-Autos für stationäre Speicheranwendungen. Hierzu arbeitet Renault mit dem britischen Start-up Unternehmen Powervault zusammen. Bei einem Ladestand von 75 Prozent werden die geleasten Speicherbatterien des Zoe auf Kundenwunsch ausgetauscht, aufgearbeitet und geprüft. Powervault vertreibt die Heimspeicher in Kombination mit Photovoltaik-Dachanlagen. Im Angebot sind derzeit Speichersysteme mit einer Leistung von vier bis acht Kilowattstunden, die dann ebenfalls wieder für das Laden von E-Autos verwendet werden können. Fünf Jahre Garantie gibt es für die Gebraucht-Speicher und damit nur die Hälfte der Zeit wie für neue Systeme. „Doch dafür können wir sie um gut 30 Prozent günstiger anbieten“, sagt Powervault-Chef Joe Warren. Bisher wurden rund 50 Second-Life-Speicher verkauft, die Zielmarke für 2020 liegt bei 50.000. Hans-Christoph Neidlein


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