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Elektrisch fliegen für vier Personen

Soll ab Sommer 2016 Wirklichkeit werden: Die HY4 über dem Flughafen Stuttgart. (Bildquelle: DLR)
Soll ab Sommer 2016 Wirklichkeit werden: Die HY4 über dem Flughafen Stuttgart. (Bildquelle: DLR)

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) macht Dampf in punkto Elektromobilität beim Fliegen. Im kommenden Sommer soll der Jungfernflug des weltweit ersten viersitzigen Flugzeugs mit Brennstoffzellenantrieb ab Stuttgart stattfinden. Die HY4 soll bis zu 1.500 Kilometer weit fliegen können.

22.10.2015 – Elektrisch emissionsfrei fliegen: Die Idee ist nicht ganz neu. Im Sommer überquerten Eric und Irena Raymond mit ihrem zweisitzigen Solarflugzeug Sunseeker Duo den Zentralkamm der Alpen. Auf Flügel und Leitwerk laden mehr als 1500 Solarzellen die Akkus für den Elektroantrieb im Heck, der im Dauerbetrieb 20 Kilowatt leistet. Mehr als 17.000 Solarzellen auf den Tragflächen treiben die vier Elektromotoren von Solar Impulse an. Der Schweizer Sonnenflieger legte im Juli einen Rekordflug von Japan nach Hawai hin. Allerdings muss er nun aufgrund der nötigen Reparatur des Batteriesystems noch bis April eine Zwangspause einlegen.

Reibungslos verlief dagegen der Flug des batteriebetriebenen Elektroflugzeugs e-Genius der Universität Stuttgart diesen Sommer. In gut zwei Stunden legte es die 320 Kilometer lange Strecke von der Schwabenmetropole über die Alpen bis nach Norditalien zurück.

Höchstgeschwindigkeit 200

Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) will nun erstmals ein viersitziges Flugzeug mit einem Brennstoffzellenantrieb ausrüsten, weshalb es HY4 heißt. Im kommenden Sommer soll es am Flughafen Stuttgart für den Testbetrieb starten. Dies kündigte Josef Kallo, Koordinator Elektrisches Fliegen am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) jüngst bei der Fachmesse World of Energy Solutions an. „Mit der HY4 wollen wir Elektromobilität in die Luft bringen, die Machbarkeit dieser Technologie demonstrieren und konkrete Anwendungsfelder im Passagiertransport aufzeigen“, sagt Kallo. Die Niedertemperatur-Brennstoffzelle wandelt den im Tank mitgeführten Wasserstoff und Luftsauerstoff in Wasser und Strom für den 80 Kilowatt starken Elektromotor um.

Wenn diese bordeigene Energiequelle, etwa beim Start und bei Steiflügen nicht ausreicht, soll zusätzlicher Strom aus einer Lithiumionen-Hochleistungsbatterie kommen. Der Flieger soll eine Höchstgeschwindigkeit von rund 200 Stundenkilometer erreichen – wobei eine Reisegeschwindigkeit von 145 Stundenkilometern anvisiert wird. Das Maximalgewicht der HY4 liegt bei 1,5 Tonnen. Das Flugzeug hat zwei Rümpfe mit je zwei Sitzen. Hierdurch soll eine optimale Verteilung der Antriebskomponenten und insgesamt eine höhere Zuladung ermöglicht werden.

Die Flughöhe liegt nach jetzigem Stand der Technik bei 3.000 Metern, wobei sich Kallo optimistisch zeigt, künftig durch optimierte Brennstoffzellen mit einem höheren Wirkungsgrad eine Flughöhe von 8.000 Metern zu erreichen. Entsprechende Laborversuche seien schon erfolgreich verlaufen. Abhängig von Geschwindigkeit, Flughöhe und Zuladung soll die Reichweite des Fliegers zwischen 750 und 1.500 Kilometern liegen. “Unser Hauptfokus liegt derzeit auf der Erhöhung der Reichweite“, unterstreicht er. Erst danach wolle man daran arbeiten, die Geschwindigkeit des Fliegers weiter zu erhöhen. Zwar sei der elektrische Hybridantrieb der HY4 etwa 1,5-mal so teuer wie konventionell, doch seien die Kosten nicht das Hauptproblem, der DLR-Forscher.

Bis zu 50 Sitzplätze

Nach dem Jungfernflug im kommenden Sommer sollen längere Testflüge zu verschiedenen europäischen Zielen führen. „Wir zielen ab jetzt auf den Passagierflugzeugmarkt“, sagt Kallo. Einsatzmöglichkeiten für den neuen Flieger sieht der DLR-Koordinator vor allem im deutschen und europäischen Regionalverkehr. „Unser Ziel ist es, Flugzeuge wie die HY4 als Electric Air Taxi einzusetzen, um Ziele flexibler anzubinden und schnellere Alternativen zu bestehenden Transportwegen und –mitteln zu bieten“, skizziert Kallo ein Anwendungsszenario.

Dies sei auch Teil einer Strategie „Synergieeffekte zwischen Elektromobilität auf der Straße und in der Luft zu erschließen“. Gerade für kürzere Strecken seien elektrische Antriebe sehr gut geeignet, weil sie lärm- und emissionsarm sind und aufgrund ihres höheren Drehmoments auch auf kurzen Bahnen starten und landen können. Ab 2017 hält der DLR-Forscher Brennstoffzellen betriebene Flugzeuge mit bis zu 50 Sitzplätzen für realistisch. Auch der Strommix für die Erzeugung des Wasserstoffs soll optimiert werden „Wir setzen künftig auf 100 Prozent regenerativen Wasserstoff“, betont Kallo. Derzeit werde dieser noch in einem Mix aus konventionellem und erneuerbarem Strom gewonnen.

H2FLY betreut die Zulassung

Beteiligt an dem Projekt sind der Brennstoffzellenhersteller Hydrogenics, der slowenische Flugzeugbauer Pipistrel, die Universität Ulm und der Flughafen Stuttgart. Die Federführung hat das DRL-Institut für Technische Thermodynamik. Die Stuttgarter Forscher können dabei auf eine lange Erfahrung mit anderen Flugzeugen zurückgreifen, die bereits mit Wasserstoff geflogen sind. Bereits im September 2008 stellten sie den Prototypen des weltweit ersten pilotengesteuerten Flugzeugs mit Brennstoffzellenantrieb, einem umgebauten Motorsegler vor. Nun wird die DLR-Ausgründung H2FLY die HYY4 betreiben und den Zulassungsprozess betreuen. Hans-Christoph Neidlein


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